Bleibelastung im BodenWarum ist Lohmar schneller als Mechernich?

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Baugebiet Mechernich nord

Mit den Baugebieten lebte die Bleidiskussion in Mechernich wieder auf. In dieser Frage ist die Stadt gespalten.

  • Wie auch Lohmar hat die Stadt Mechernich Gutachten beauftragt, nachdem Blei im Boden gefunden wurde.
  • In Lohmar rollen schon bald die Bagger, um eine 35 Zentimeter dicke Schicht Erde abzutragen.
  • In Mechernich dauert das alles länger. „Warum?“, fragen sich die Bürger.

Mechernich/Lohmar – Es ging alles relativ schnell. Nachdem feststand, dass der Boden einer Grundschul-Baustelle mit Blei belastet ist, sollen schon bald die Bagger anrollen, um eine 35 Zentimeter dicke Schicht Erde abzutragen. Die Flächen, so der Plan, werden anschließend mit neuem Erdreich verfüllt. Die Rede ist hier nicht von Mechernich, sondern von Lohmar.

Doch in Mechernich beobachten die Kritiker des Umgangs von Stadt- und Kreisverwaltung mit der Bleibelastung genau, wie in der Stadt im Rhein-Sieg-Kreis mit dem Problem im Boden umgegangen wird – und sie fragen: Was kann Lohmar, was Mechernich nicht kann?

Seit mehr als 200 Jahren

In Lohmar, so votierten die Mitglieder des dortigen Schulausschusses in der vergangenen Woche, soll bereits ab den Herbstferien belastete Erde abgetragen werden. Das Schwermetall schlummert vermutlich bereits seit mehr als 200 Jahren im Grund an der Grundschule in Wahlscheid. Im Überschwemmungsgebiet der Agger gab es einstmals Erzbergbau, das Blei wurde vermutlich aus den Gruben und Halden ausgeschwemmt.

Eine akute Gesundheitsgefährdung bestehe nicht, stellte das beauftragte Gutachterbüro fest. Gleichwohl liegt der Bleigehalt an 9 von 14 beprobten Stellen über dem Prüfwert für Kinderspielflächen von 200 Milligramm pro Kilo (mg/kg). An fünf weiteren Stellen wurde der Grenzwert für Wohnflächen von 400 mg/kg überschritten.

Erste Arbeiten in den Herbstferien

Untersucht wurde nicht nur das Schulareal, sondern auch das benachbarte Kita-Grundstück, Spielplätze sowie private Gärten in den Wohngebieten Neuhonrath und Honsbach.

Die ersten Arbeiten an der Baustelle, auf dem Spielplatz und im Schulgarten sind für die Herbstferien terminiert. In den Sommerferien im kommenden Jahr folgt der Rest, hieß es jüngst im Schulausschuss und im Jugendhilfeausschuss.

Kosten trägt voraussichtlich die Stadt

Die Kosten fürs Auskoffern der öffentlichen Flächen muss voraussichtlich die Stadt tragen. Genaue Zahlen liegen laut der Lohmarer Verwaltung noch nicht vor. Eine Schätzung, wie teuer das Ganze werden könnte, wollte der Beigeordnete Peter Madel zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeben.

Mediziner für Milchzahn-Untersuchung

Es seien nur knapp mehr als 30 Kinder von ihren Eltern zu der freiwilligen Blutuntersuchung in Mechernich gebracht worden, stellte Dr. Jörg Schriever kürzlich im Gespräch mit dieser Zeitung fest.

Bei der besonders gefährdeten Gruppe von Vorschulkindern und Erstklässlern sollte es zusätzlich eine Bleibestimmung im Milchzahn geben, fordert der frühere Chefarzt am Mechernicher Kreiskrankenhaus. So lasse sich im Zahnknochen die gesamte Bleibelastung bestimmen.

Es ließen sich dabei positive oder negative Veränderungen frühzeitig erkennen und es könne entsprechend gehandelt werden. Zudem , so der Mediziner, ließe sich mit einer Aktion „Spende einen Zahn der Zahnfee“ gleichzeitig ein vorausschauendes Gefahrenbewusstsein bei den Kindern schulen.

Und Mechernich? „Wie auch die Stadt Lohmar hat die Stadt Mechernich ein Gutachten beauftragt, welches Bodenuntersuchungen, Resorptionsuntersuchungen und die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zu erhöhten Bleibelastungen umfasst“, teilte Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick auf Anfrage dieser Zeitung mit: „Aufgrund des weitaus größeren Untersuchungsumfangs und der zur Verfügung stehenden Kapazitäten des beauftragten Labors und Gutachterbüros liegen die Ergebnisse noch nicht vor.“

Besondere Schutzmaßnahmen an Spielplätzen

Sobald die der Stadt Mechernich zur Verfügung stünden und eine Abstimmung mit den übergeordneten Behörden erfolgt sei, würden die Analysen und gutachterlich erarbeiteten Handlungsempfehlungen in einer Bürgerversammlung vorgestellt.

Schick weist auch daraufhin, dass die Stadt seit den 1980er-Jahren an Spielplätzen besondere Schutzmaßnahmen vornimmt: etwa mit Grabsperren, Matten, Betonplatten, dichter Grassaat und der Platzierung von Spielgeräten.

Nur etwa 40 Personen bei Infoabenden

Die Schwermetall-Belastung in Lohmar beunruhigt übrigens die Anwohner und die Eltern der rund 500 Schulkinder offenbar nicht sonderlich: Der Einladung der Stadt Lohmar zu zwei Bürgerinformationsabenden waren nur etwa 40 Personen gefolgt.

In Mechernich ist das Interesse an der Bleibelastung um einiges größer – wobei aber nach Ansicht vieler Bürger das Thema von den Kritikern zu sehr aufgebauscht werde. Das wurde in der jüngsten Bürgerinformation zu den Ergebnissen des Blutscreenings, die laut dessen Leiter Professor Thomas Kraus keine bedenklichen Werte aufgewiesen hatte, deutlich.

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So wurde der frühere Chefarzt am Mechernicher Krankenhaus, Dr. Jörg Schriever, aus dem Publikum scharf kritisiert, als er Teile der Untersuchung in Zweifel zog. Das hält Schriever aber nicht von einer weiterhin kritischen Betrachtung ab (siehe „Mediziner für Milchzahn-Untersuchung“).

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