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Kinderschutzbund MechernichWie Tanzkurse Kindern neue Chancen bieten

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Freuen sich über das Angebot des Kinderschutzbundes: Brayan (2.v.l.) und die anderen Kinder zeigen beim Tanzkurs in der Mechernicher K.O.T den Schulterstand.

Freuen sich über das Angebot des Kinderschutzbundes: Brayan (2.v.l.) und die anderen Kinder zeigen beim Tanzkurs in der Mechernicher K.O.T den Schulterstand.

Mechernich – Das Dröhnen der Hip-Hop-Musik ist schon im Hausflur zu hören. Die Treppe rauf, ein Stockwerk höher übt Brayan zu den Bass-Klängen Schulterstand. Er stützt sich auf einen Ellbogen und hebt beide Beine angewinkelt in die Luft. „Farbe Blau“, ruft Tanztrainerin Vera Heine. Brayan und die anderen Kinder wechseln sofort die Position.

Heine ist ausgebildete Tanzlehrerin und hat eine eigene Tanzschule in Schwerfen. Seit einem guten halben Jahr ist sie zudem jeden Mittwochnachmittag in der Kleinen Offenen Tür (K.O.T.) in Mechernich und unterrichtet Kinder, die sonst eher nicht zu Tanzkursen kommen.

Schutzbund unterstützt Kinder der Region

Das Ganze ist ein Projekt des Kinderschutzbundes Mechernich. „Musikalische Projekte sind in unseren Augen sehr wichtig“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Berit Ulrich. Und: „Es ist ja in aller Munde, wie groß die Bewegungsarmut unter Kindern und Jugendlichen ist.“ Deshalb sei das Tanzprojekt ein guter Ansatz.

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100 Blockflöten verteilt

Nicht alle Projekte des Kinderschutzbundes sind neu. Ein paar altbewährte hat der neue Vorstand fortgeführt. So etwa das traditionelle Kindertheater im Herbst für alle Grund-und Vorschulkinder in Mechernich. An dieser Veranstaltung hat der neue Vorstand allerdings etwas geändert. Wurden bislang hauptsächlich Märchen aufgeführt, will der Kinderschutzbund nun auf pädagogisches Theater mit Alltagsbezug setzen.

Auch die Aktion „Jedem Kind ein Instrument“ hat der neue Vorstand des Kinderschutzbundes beibehalten. Seit zehn Jahren verteilt der Kinderschutzbund nun schon Blockflöten an die Kinder der Katholischen Grundschule in Mechernich. Das tat er auch in diesem Jahr. Nach einem kleinen Blockflöten-Konzert der Drittklässler konnten sich alle Zweitklässer über eine eigne neue Flöte freuen. Insgesamt 100 Stück verteilte der Kinderschutzbund. (jre)

Ulrich ist Teil des neuen Vorstandes des Kinderschutzbundes. Mit von der Partie sind noch Anke Rudolph, Annette Vossel, Silke Attendorf, Ingrid Abramovski, Lydia Reif, Silke Scheer, Simone Raths und Jennifer Stühl. Seit einem knappen Jahr haben sie die Geschäfte übernommen. Nicht alle sind neu dabei, aber die meisten. Ihr Ziel: Mit neuen Projekten, möglichst viele Kinder erreichen. Wichtig sei dabei, dass die Angebote niederschwellig und offen für alle seien, sagt Ulrich. So wie das Tanzprojekt in der K.O.T. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, wer kommt der kommt. „Es muss hier kein Kind etwas zahlen“, meint Annette Vossel, Kassierin beim Kinderschutzbund. „Das hat toll hier eingeschlagen“, berichtet Tanzlehrerin Heine. Was für sie besonders erstaunlich ist, dass die Mehrheit der regelmäßigen Teilnehmer Jungen sind. So wie Brayan. Breakdance, Shuffeln, Kicken – Heine versucht, in ihrem Unterricht immer am Puls der Zeit zu bleiben. Sie will mit den Kindern das machen, was die selbst in Sozialen Medien oder im Fernsehen gesehen haben.

Rundum-Betreuung außerhalb des Zuhauses

Brayan mag vor allem die akrobatischen Elemente wie den Schulterstand. Heine meint, dass sie inzwischen zwei Kurse anbieten könnte. Einen für mehr Akrobatik und einen eher tänzerischen. Genug Interesse sei allemal da: „Die Resonanz ist riesig.“ Einigen Kindern gefalle das Tanzen so gut, dass sie an anderen Tagen nach einer Matte zum Üben fragen würden, erzählt Gunnar Simon.

Er leitet die K.O.T., den Treffpunkt für Kinder und Jugendliche ab acht Jahren. Hier können sie spielen, Fernsehgucken, kickern oder eben tanzen. Der Kinderschutzbund hat die K.O.T. für das Projekt ausgewählt, „weil hier eben Kinder hinkommen, die nicht so die Rundum-Betreuung zu Hause haben“, so Vorsitzende Anke Rudolph. Das sei das Ziel des Vereins, sagt Ulrich: Kinder aus gesellschaftlichen Randgruppen animieren. Kinder, die Angebote wie einen Tanzkurs sonst nicht wahrnehmen könnten. Weil die Eltern es sich nicht leisten können, weil keiner die Kinder bringen kann oder weil die Eltern keine Zeit haben.

Neben dem Tanzkurs haben Rudolph und ihre Mitstreiterinnen in dem einen Jahr noch einige andere Projekt auf den Weg gebracht: Ein Skate-Projekt, ein Musikschul-Projekt mit dem Kindergarten, ein Gewaltpräventions-Projekt an der Grundschule. Rudolph, Ulrich und Vossel bereuen es überhaupt nicht, im Vorstand des Kinderschutzbundes zu wirken . „Es fühlt sich so an, als ob wir etwas bewegen“, sagt Rudolph. „Man hat wirklich das Gefühl, dass man auch die Zukunft der Kinder beeinflusst“, fügt Ulrich hinzu.

Ehrenamtliche Unterstützung der Kinder

Das Trio macht das ehrenamtlich, so wie alle anderen im Kinderschutzbund. Die Projekte finanzieren sie durch Spenden und Mitgliedsbeiträge. Und genau da hapere es noch, erzählen sie. Der Kinderschutzbund habe jetzt etwa 50 Mitglieder. Ungefähr genauso viele wie noch vor einem Jahr. In den Augen des Vorstands ist das zu wenig. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 25 Euro im Jahr. Wer wolle, könne aber mehr geben, so Ulrich. Die Drei betonen, dass damit keinerlei Pflichten einhergingen. Wer wolle, könne auch nur den Beitrag zahlen, ohne sich an Projekten oder Treffen zu beteiligen.

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Neben der Suche nach neuen Mitgliedern ist es ihnen ein Anliegen, den Kinderschutzbund wieder mehr in die Öffentlichkeit zu bringen. Sie habe schon das Gefühl, dass der Verein in den vergangenen Jahren ein bisschen in Vergessenheit geraten sei, sagt Ulrich. Deshalb hat der Kinderschutzbund in diesem Herbst auch ein großes Benefizkonzert in Mechernich veranstaltet. „Das werden wir sicher wiederholen“, sagt Vossel: „Das kam so gut an.“

So wie der Tanzkurs bei Brayan und den anderen Kindern. Rudolph, Ulrich und Vossel schauen ihnen beim Tanzen zu. „Das ist doch toll, wenn man dieses Strahlen in den Gesichtern sieht“, schwärmt Ulrich. Zum Abschluss des Kurses dreht Heine die Musik noch einmal richtig laut auf. Die Kinder dürfen nun machen was sie wollen. Der Bass dröhnt. Alle wirbeln durcheinander, üben Schrittfolgen und improvisieren zur Musik. Brayan übt den Schulterstand.

www.kinderschutzbund-mechernich.de

www.jo4you.de

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