Um auf Vorfahrt zu bestehenRentner fährt Kind an und will Führerschein zurückhaben

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Rollerfahrer

Rollerfahrer (Symbolbild)

Bonn/Mechernich – „Ich hatte doch Vorfahrt!“ Der alte Mann mit dem grünen Cord-Hut und dem Gehstock versteht nicht, warum er im Unrecht sein soll. Dann schlägt er vor Wut mit der Faust auf die Anklagebank des Bonner Landgerichts. „Die Kinder hatten da nichts auf der Straße zu suchen.“ Doch mit seiner Sicht des Verlaufs eines Verkehrsunfalls kam der 80-Jährige auch in Bonn nicht durch.

Am 22. Mai 2019 war der Senior auf der Poststraße in Mechernich mit seiner Vespa auf einen sechsjährigen Jungen losgefahren, der mit seinem Fahrrad von rechts gerade eine Fußgänger-Querung befuhr. Obwohl der Angeklagte das Kind und seine zwei Freunde gesehen hatte, hatte er das Tempo von 30 Stundenkilometern nicht reduziert und war mit dem Kind kollidiert.

Nach Unfall weitergefahren

Der Junge stürzte vom Fahrrad, erlitt eine Platzwunde am Kinn und Prellungen am Bauch. Hinzu kommt, dass dem Sechsjährigen der Unfall psychisch schwer zu schaffen macht. Er leidet seitdem unter Angstzuständen und Alpträumen.

Das Amtsgericht Euskirchen hatte den rücksichtslosen Rentner wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 300 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze à zehn Euro) verurteilt. Darüber hinaus musste er den Führerschein abgeben. Erschwerend hinzu kam bei der Strafbemessung des Amtsrichters, dass der 80-Jährige nach dem Unfall zunächst einfach weitergefahren war.

Zwar verfolgte ihn ein Unfallzeuge und brachte ihn zur Umkehr. Doch anstatt sich nun um das verletzte Kind zu kümmern, fuhr er ein zweites Mal an diesem vorbei. Was habe er damit zu tun, soll er nach Zeugenaussagen geschimpft haben.

Skrupellos Vorfahrt erzwungen

Gegen das seiner Meinung nach ungerechte Urteil ist der Angeklagte vor dem Landgericht Bonn in Berufung gegangen. Vor allem deshalb, weil er seinen Führerschein zurückhaben wollte.

Doch bei der 8. Strafkammer des Landgerichts stieß er auf keinerlei Verständnis. Zum Führen eines Kraftfahrzeugs, so der Kammervorsitzende, sei er charakterlich gänzlich ungeeignet. Immerhin habe er skrupellos und ohne Not sein Vorfahrtsrecht gegenüber einem sechsjährigen Kind durchgesetzt. Dieser Unfall wäre fraglos vermeidbar gewesen. Am Urteil des Euskirchener Amtsgerichts, so die Bonner Kammer, sei alles richtig.

Resigniert zog der 80-Jährige schließlich die Berufung zurück. Nun darf er erst nach Ablauf von sechs Monaten einen neuen Führerschein machen.

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