Notstands-Antrag abgelehntEuskirchener Grünen-Chef stimmt nach Klimadebatte falsch ab

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Wahlzettel

Symbolbild

Kreis Euskirchen – Da staunten die CDU-Vertreter im Kreisausschuss. Selbst Grünen-Fraktionschef Jörg Grutke stimmte ihrem Antrag zum Klimaschutz zu. Hatte er nicht soeben den CDU-Vorschlag kritisiert? Hatte er. Und die Freude der Christdemokraten über das einstimmige Ergebnis dürfte höchstens bis zur Kreistagssitzung am 9. Oktober halten. „Es war ein Missgeschick“, erklärte Grutke am Morgen danach. Er sei bei der Abstimmung abgelenkt gewesen. Im Kreistag werde er gegen den Antrag der CDU stimmen. Kann ja mal passieren.

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Von dem Vorschlag, für den Kreis Euskirchen den Klimanotstand auszurufen, konnten die Grünen auch im Kreisausschuss die anderen Fraktionen – bis auf die Linke – nicht überzeugen. So sehr sich Grutke auch bemühte. „Wir steuern auf die Drei-Grad-Erderwärmung zu“, begann er seinen Redebeitrag. Weil es global aber nur bedingt gelinge, dem entgegenzuwirken, müssten die notwendigen Schritte möglichst breit lokal vorgenommen werden. Den Kreis-Grünen gehe es darum, dem Klimaschutz bei allen politischen Entscheidungen eine Priorisierung einzuräumen.

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Lenken-Sprecher Bell sieht keinen Widerspruch

Das, so Grutke, stehe im CDU-Antrag so nicht. Das sei aber genauso gewollt, entgegnete der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Günter Weber. Alle Kreistagsmitglieder wollten das Klima schützen, doch dem Anliegen der Grünen, dem Klimaschutz erste Priorität einzuräumen, könne er nicht folgen, so Weber.

Er wolle auch weiterhin das Recht haben, etwa bei Entscheidungen zwischen dem Erhalt beziehungsweise der Schaffung von Arbeitsplätzen und den Belangen des Klimaschutzes abzuwägen. Auch SPD-Fraktionschef Andreas Schulte möchte den Klimaschutz bei aller Wichtigkeit nicht zum „Nonplusultra“ erklären. „Sorry, ich halte das nicht für angemessen“, so Schulte in Richtung Grutke.

Was schon getan wird

Dass im Kreis schon Einiges für den Klimaschutz getan wird, erkennen alle Fraktionen an. In einer Liste hat die Kreisverwaltung nun 46 solcher Projekte aufgezählt. Sie enthält unter anderem die Sanierungen an den kreiseigenen Schulen (Dächer, Heizungen, Wärmeschutz).

„Seit 2013 werden alle Liegenschaften des Kreises mit ,grünem’ Strom versorgt, den der Kreis selbst aus dem Verrottungsgas des im Abfallwirtschaftszentrum Mechernich-Strempt deponierten Abfalls erzeugt“, heißt es in dem Papier.

Büros, Foyer, Flurbereiche sowie Außenbereiche des Euskirchener Kreishauses werden laut Verwaltung energieeffizient beleuchtet, Treppenhaus und Trakt C sollen noch folgen. Hinzu kommen Beratungsangebote für Firmen, Kampagnen sowie die Förderung der Fahrradnutzung im Alltag, etwa durch die Errichtung von Fahrradstationen . (sch)

Auch FDP und UWV stimmten gegen den Grünen- und für den CDU-Antrag: Klimaschutz auf Kreisebene sei natürlich ein „Klein-Klein“, so Hans Reiff (FDP): „Wir alleine können das Weltklima nicht retten, aber wir müssen unseren Beitrag leisten.“ Franz Troschke (UWV) kritisierte die „ideologische Verbohrtheit“, die er bei den Grünen ausmache, wenn es beispielsweise um Ortsumgehungen gehe.

Eine Ja-Stimme Grutkes für den CDU-Antrag wäre in der Tat gar nicht so verwunderlich gewesen. Da die Ausrufung des Notstands zuvor von einer großen Mehrheit abgelehnt worden war, wäre der Antrag der CDU für den Grünen besser als gar nichts gewesen.

Einen nennenswerten Widerspruch zwischen den Anträgen von Grünen und CDU vermochte Linken-Sprecher Thomas Bell auch gar nicht zu erkennen: Beide wollten doch dem Klimaschutz dienen: „Ich stimme beiden Anträgen zu.“ Das tat dann außer ihm nur noch Grutke – aber, wie gesagt, aus Versehen.

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