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Öl macht es unbewohnbarHaus in Schweinheim wird sechs Monate nach Flut abgerissen

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Das Kranunternehmen Kurth aus Blankenheim sicherte auch so manchen Öl-Tank nach der Flut.

Das Kranunternehmen Kurth aus Blankenheim sicherte auch so manchen Öl-Tank nach der Flut.

Kreis Euskirchen – Für Andrea Blinkert und ihren Mann beginnt sechs Monate nach der Flut der schlimmste Teil der Katastrophe: ihr Haus in Schweinheim wird abgerissen. Nein, es muss abgerissen werden. Der Grund: Öl hat das Eigenheim aus dem Jahr 2001 unbewohnbar gemacht. „Der Gutachter hat uns vor allem aus gesundheitlichen Gründen davon abgeraten. Eine Sanierung ist aber auch nicht wirtschaftlich“, sagt die Schweinheimerin.

Wie groß das Problem mit dem Öl nach der Flut war und immer noch ist, weiß Frank Wroblewski aus eigener Erfahrung. „Es gab so viele Keller zu reinigen – viel mehr, als alle Anbieter hier in der Gegend schaffen konnten“, sagt der Projektleiter des Zülpicher Reinigungstechnikunternehmens Eures: „Es waren auch viele Leute betroffen, die gar keine Öltanks hatten. Das Zeug wurde mit dem Wasser angeschwemmt.“

Ob sich die fünftägige Evakuierung Schweinheims negativ auf die Bausubstanz ausgewirkt habe, vermag die Schweinheimerin nicht zu beurteilen. Aber, so Blinkert: „Von dem einen oder anderen Aktenordner waren nur noch die Metallbügel da. Der Rest hatte sich mehr oder weniger aufgelöst.“ Es sei auch der eine oder Kanister mit einem Totenkopf-Piktogramm (steht für die mögliche Gefahr einer Vergiftung, die Red.) durch den Ort geschwommen, berichtet die Schweinheimerin.

Die Eures-Mitarbeiter rückten in den Wochen und Monaten nach der Flut fast täglich mit dem Saugwagen aus und arbeiteten in zwei Schichten. Die Arbeit sei mittlerweile weniger, sagt Wroblewski. Aber getan ist sie nicht: „Es gibt noch immer viele Keller, in denen der Schlamm steht.“ Und gerade in diesem habe sich das Heizöl abgesetzt.

Öl und Wasser vermischen sich nicht

Heizöl und Wasser vermischen sich nicht. Stattdessen bildet sich ein dünner Ölfilm auf dem Wasser. Selbst kleinste Mengen Heizöl können so große Flächen verunreinigen. Die Feuerwehr geht davon aus, dass ein Liter Öl bis zu einer Million Liter Wasser verseuchen kann. Für Hausbesitzer könne es aber auch ein Vorteil sein, dass sich Öl und Wasser nicht vermischen, berichtet Wroblewski im Gespräch mit der Zeitung. Das Heizöl sei während der Flut oft schnell aufgeschwommen, erläutert der Experte: „Keller sind deshalb eher weniger befallen. Außerdem kann das Öl nicht in die nassen Wände einlaufen.“ Anders sehe es oft in den höheren Stockwerken aus.

Geruch setzt sich in den Mauern fest

„Meistens merken wir schon am Geruch, dass Öl in der Wohnung ist. Ansonsten greifen wir zu Proben, die uns sagen, wie hoch der Gehalt an Kohlenwasserstoffen in der Bausubstanz ist“, sagt der Eures-Projektleiter. Das größte Problem am Geruch sei, dass er sich in den Mauern und im Putz festsetze. „Ist das der Fall, muss der Putz natürlich weg.“ Mit EM-Bakterien lässt sich der Geruch übertünchen. Wroblewski weiß aber: Auf Dauer ist das keine Lösung. Denn über den Ölgehalt in Wänden und Boden sagt der Geruch nichts aus.

Oft werde das ganze Öl vom Estrich aufgenommen, der besonders saugfähig sei. Gefährlich werde es auch für Bausubstanz, die Bitumen enthalte. Denn das Kohlenwasserstoffgemisch wird von Heizöl aufgelöst. Alle mit Heizöl verunreinigten Baustoffe müssen von einem Fachunternehmen entsorgt werden.

Abbruch genau sechs Monate nach der Flut

Mit dem Abbruch des Hauses der Blinkerts ist genau sechs Monate nach der Flut begonnen worden. Zunächst wurde das Dach abgedeckt. Die Ziegel gehören zu den wenigen Dingen, die die Flut unbeschadet überstanden haben. Dann wird das Haus entkernt und schließlich dem Erdboden gleichgemacht. „Anschauen werde ich mir das nicht unbedingt“, sagt Andrea Blinkert im Gespräch mit dieser Zeitung: „Wir hatten gerade das Gefühl, dass wir angekommen, endlich mit den vielen kleinen Baustellen fertig sind. Und dann kam das Wasser.“

Noch in diesem Jahr wollen die Blinkerts zurück sein. „Das ist schon optimistisch, aber das Ziel haben wir“, sagt die Schweinheimerin, die mit ihrem Mann aktuell in Meckenheim untergekommen ist. Nicht in ihren Heimatort zurückzukehren, das habe nie zur Debatte gestanden. „Mein Mann hatte mal ein kurzes Tief, aber auch das war schnell überwunden“, sagt sie. Als das Tief überwunden war, machten sich die Blinkerts sofort an die Planung für das neue Haus an alter Stelle. Der Neubau soll um vier Meter weiter in den Hang gebaut werden. Dann liegt das Haus über der Hochwasserlinie vom 14. Juli. Die Stadt habe grünes Licht dafür gegeben.

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Auch sonst wolle man in den Hochwasserschutz investieren, beispielsweise mit entsprechenden Fenstern. Und wird das neue Haus wieder eine Ölheizung haben? „Nein“, sagt Andrea Blinkert. Für welche Heiztechnik man sich entscheiden werde, stehe aber noch nicht fest. Nur Öl werde es definitiv nicht.

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