„Mofi“ an der alten Tankstelle140 Besucher bei Astronom Bardenhagen in Vogelsang

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Gebannt richteten die Besucher in Vogelsang den Blick in den Himmel, um das Schauspiel des roten Mondes zu verfolgen.

Gebannt richteten die Besucher in Vogelsang den Blick in den Himmel, um das Schauspiel des roten Mondes zu verfolgen.

Schleiden-Vogelsang – Als „Jahrhundertereignis“ war die Mondfinsternis angekündigt worden, entsprechend groß war das Interesse am „Blutmond“. So wird der Zeitpunkt genannt, wenn der Erdschatten den Trabanten abdeckt und er nur von den durch die Atmosphäre gebrochenen, roten Strahlen beleuchtet wird. Überall wurden die guten Beobachtungsmöglichkeiten durch den meist wolkenlosen Himmel genutzt. An den Straßenrändern und auf den Parkplätzen positionierten sich die Neugierigen, um das besondere Schauspiel zu genießen.

Besonders beliebt war Vogelsang, das sich durch die Sternwarte des Kölner Astronomen Harald Bardenhagen einen guten Ruf in der Szene erworben hat. Er hatte eine Sternenwanderung angesetzt und mit seinen Teleskopen einen Blick in die Tiefen des Universums angeboten.

Wenn Bardenhagen auf den „Blutmond“ angesprochen wurde, bekam sein Gesicht einen gütigen Ausdruck – als erkläre ihm ein Kind, der Häwelmann sei gerade mit dem Großen Wagen zum Mond unterwegs. „Das haben die Medien sehr in die Breite getreten“, so Bardenhagen mit geduldigem, aber leicht genervtem Lächeln. Selbstverständlich sei diese Mondfinsternis etwas Besonderes: „Doch Sie können in jeder Nacht am Himmel etwas Außergewöhnliches sehen.“

Für ihn war dieser Tag auch ohne Blick in die Sterne besonders: Auf den Tag genau vor einem Jahr hatte er einen Unfall, an dessen Folgen er lange laborierte. Die Mondfinsternis war die erste Veranstaltung, an der er sich wieder abendfüllend den Fragen der Himmelgucker widmen konnte.

Leitern für die Kinder

Zu sehen gab es auch abseits des Mondes so einiges: Der Mars, der Erde aktuell so nah wie selten, sollte sich knapp über dem Horizont zeigen, Jupiter mit den vier hellsten seiner Monde zu sehen sein und der Saturn mit seinen Ringen.

Rund 140 Besucher waren auf das Areal an der alten Tankstelle in Vogelsang gekommen, wo Bardenhagen mit seinen Teleskopen stand. Um sie alle betreuen zu können, wurde er von Bernward Jost und Shahab Noorani unterstützt. Zehn Teleskope und Ferngläser hatten sie aufgebaut – und ausreichend Leitern, um auch den Kindern einen Blick ins Okular zu ermöglichen.

Viele Besucher hatten auch ihre eigenen Teleskope aufgebaut und starrten nach Südosten, wo der Mond aufgehen sollte. „Ich habe mir vor etwa fünf Wochen das Teleskop neu gekauft und probiere es heute zum ersten Mal im Freien aus“, sagte Tim Trendelbernd aus Düren. Bei Problemen erhoffte er sich fachmännische Hilfe.

Zwischen all den Teleskopen und Fotoapparaten warteten einige ganz entspannt auf den Beginn der Mondfinsternis. Eine Frau nutzte die Gelegenheit zu einer kleinen Meditation, während wenige Meter weiter Bardenhagen einem Jungen die Distanz zwischen Mond und Erde am Modell demonstrierte: „Geh’ mal neun große Schritte, so weit ist das.“ Der Junge tat wie geheißen und lief in einer Kurve eine Einsteinsche Raumkrümmung mit.

Aus Ehrenfeld waren Sara Haas und Simon Marqua gekommen. Während ihr sieben Monate alter Sohn, vom Babyfon überwacht, im Bulli schlief, bauten sie ihr Teleskop auf. „In Ehrenfeld geht unser Balkon nach Osten, und da steht der hell erleuchtete Dom“, so Marqua. Vor zwei Jahren sei er bereits hier gewesen und habe von Bardenhagen tolle Tipps bekommen. Und: „Die Eifel ist einfach wunderschön, nicht nur nachts.“

Als es dunkler wurde, hatte der verdunkelte Mond Schwierigkeiten, sich durch den Dunst am Horizont zu arbeiten. Gegen 22 Uhr gab es die ersten Sichtungen. „Zartrosa“ sei er, aufgeregt wurde die Richtung gezeigt. Farbenblinde mussten noch länger warten, bis die rote Scheibe aus dem Wolkenband stieg. Währenddessen hatten sich Schlangen an den Teleskopen gebildet, um einen Blick auf Jupiter oder Mars zu werfen. Von allen Seiten wurde Bardenhagen gelöchert. „Das ist toll, den Menschen den Zugang zur Astronomie zeigen zu können“, sagte er und eilte weiter, um ein Teleskop neu einzustellen.

Rufe hallten über den Platz: Die Raumstation ISS segelte als heller Lichtpunkt über Vogelsang. Vor dem Transit, dem Gästehaus des DRK, leuchteten Handys auf und störten die Langzeitbelichtungen der Fotografen, die den Blutmond festhalten wollten. „Hört auf zu blitzen“, rief einer verzweifelt hinunter. Kurz nach 23 Uhr begann der Mond den Erdschatten zu verlassen und in seiner üblichen Farbe zu erstrahlen. Die ersten Gäste wanderten ab, doch für Bardenhagen und sein Team war längst nicht Schluss: Der klare Nachthimmel über Vogelsang bot noch so viele Möglichkeiten, einen Blick auf die Sterne und Planeten zu erhaschen.

Auf den Mond gewartet

Auch auf dem Billiger Berg oberhalb der Euskirchener Heide verfolgten zahlreiche Blutmond-Fans das Spektakel am Himmel – es entwickelte sich jedoch zu einer Geduldsprobe. Ein Großteil der Himmelsgucker war mit dem Auto bis zur Funkstation der Bundeswehr gefahren. Einige hatten den kleinen Berg mit dem Rad oder per pedes bezwungen, um sich dann auf einer Decke oder einem Handtuch ganz dem Erdtrabanten zu widmen. Doch der ließ auch über der Kreisstadt auf sich warten.

Manch einer hätte den Mond sogar beinahe verpasst. Dazu gehörten Hans-Georg Petersen und Franziska Strick. Sie hatten ihre Augen in Richtung Köln und nicht in Richtung Stotzheim gerichtet. Erst der Hinweis eines weiteren Mond-Fans brachte sie auf die richtige Fährte. Der freundliche Euskirchener verfolgte die Mondfinsternis nämlich minutiös auf seiner Smartphone-App und wusste daher, dass der Mond spätestens um 22.14 Uhr über den Bäumen des Billiger Waldes zu sehen sein würde – eben über Stotzheim. Zu diesem Zeitpunkt war ein Paar schon wieder auf dem Heimweg. Auch sie hatten rund 20 Minuten in Richtung Köln geguckt, keinen Mond gesehen und waren enttäuscht ins Auto gestiegen. „Es scheint zu bewölkt zu sein“, sagte der Mann während er die Fahrertür schloss. Wer ausharrte und die warme Sommernacht genoss, wurde indes entschädigt.

Zunächst blass, später ein wenig kräftiger tauchte der Vollmond in Euskirchen auf. Gut zu beobachten war er nicht nur vom Billiger Berg, sondern auch vom obersten Parkdeck des Parkhauses am Veybach-Center. Allerdings waren dorthin nur zwei Euskirchener gekommen. Sie verfolgten die Mondfinsternis ungestört.

Eine Familie aus den Niederlanden schaute derweil auf dem Parkplatz des LVR-Industriemuseums Kuchenheim gebannt in den Himmel. Als sie an der Mottenburg vorfuhren, war die totale Mondfinsternis vorbei. Dennoch blieben sie einige Minuten stehen, bevor sie sich auf ihre Mondscheinwanderung begaben – das ging bei leuchtendem Vollmond prima. (tom)

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