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Großalarm ausgelöstFeuerwehr löscht Brand an Schleidener Flüchtlingsunterkunft

Lesezeit 5 Minuten
Feuer in Flüchtlingsuntekunft Schleiden

Die Feuerwehr im Einsatz an der Flüchtlingsunterkunft in Schleiden-Vogelsang.

Schleiden – Meterhoch schlugen die Flammen in den Himmel, als gegen 5 Uhr am Freitagmorgen die ersten Einsatzkräfte der Schleidener Feuerwehr an der Flüchtlingsunterkunft Schelde auf dem Vogelsang-Gelände eintrafen. Das Haus Nummer 21 der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) brannte lichterloh. Nach Angaben der Polizei und der Bezirksregierung Köln ist die Brandursache zwar noch unklar. Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund gebe es jedoch nicht.

182 Menschen sind aktuell nach Angaben der Bezirksregierung in der Einrichtung untergebracht, zwölf in dem vom Feuer betroffenen Gebäude. Durch die Brandmeldeanlage waren die Bewohner aus dem Schlaf gerissen worden – zum dritten Mal in dieser Nacht (siehe „Ermittlungen“). Die Bewohner, auch die der angrenzenden Häuser, konnten sich in Sicherheit bringen. Wie Feuerwehr-Einsatzleiter Wolfgang Fuchs berichtete, erlitten sechs Menschen leichtere Verletzungen, eine Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes wurde vorsorglich ins Krankenhaus gebracht.

Die Unterkunft Schelde

Das rund fünf Hektar große Gelände der Schelde liegt, von der Einfahrt zum Vogelsang-Gelände in Richtung Malakoff-Toreinfahrt kommend, auf der linken Seite direkt an der Zufahrtsstraße K17. Die Belgier bauten die Anlage in den 1950er und 60er Jahren zur Erweiterung der Unterkunftsräume. Zunächst waren die Schelde-Gebäude aus Holz. In den 70er und 80er Jahren wurden sie mit verzinktem Blech verkleidet, um die Langlebigkeit sicherzustellen. 600 bis 800 Soldaten waren dort untergebracht.

Nach dem Abzug der Militärs vom Truppenübungsplatz Vogelsang 2005 blieben die Schelde-Gebäude zunächst über Jahre ungenutzt. Im Oktober 2015 wurde beschlossen, sie als Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete zu nutzen. Zunächst standen dort Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten an. Insgesamt 40 Gebäude zählen zu dem Komplex. Neben den Unterkunftsgebäuden stehen auch Häuser mit den Sanitär-Einrichtungen, für die Verwaltung und Sozialeinrichtungen zur Verfügung. Anfang 2017 nahm die Einrichtung ihren Betrieb auf. Grundsätzlich ist in Vogelsang Platz für 300 Menschen vorgesehen. Eine Reserve wird vorgehalten, so dass maximal 200 weitere Menschen untergebracht werden können.

In den Unterkunftshäusern sind die Zimmer mit Doppelstockbetten ausgestattet und können mit vier Menschen belegt werden. In Corona-Zeiten bemüht man sich nach Angaben von Rolf Klöcker (DRK) jedoch, für diejenigen, die nicht im Familienverbund ankommen, Einzelzimmer zu ermöglichen. (rha)

Die Rettungsleitstelle des Kreises löste Vollalarm für die Feuerwehr der Stadt Schleiden aus, die mit 70 Kräften vor Ort war. Dazu wurden weitere 30 Kräfte im Rahmen der überörtlichen Hilfe nach Vogelsang beordert. Aus Bleibuir, Hergarten und Simmerath-Eicherscheid wurden vor allem die Löschfahrzeuge mit großen Wassertanks benötigt, um im Pendelverkehr von Morsbach aus die Wasserversorgung an der Einsatzstelle sicherzustellen. Die Hellenthaler Feuerwehr stand bereit, um im Fall eines weiteren Einsatz im Stadtgebiet Schleiden diesen zu übernehmen.

Zudem rückten die Besatzung des Atemschutz-Containers aus dem Brandschutzzentrum Schleiden, die IuK-Einheit (Information und Kommunikation) des Kreises aus Euskirchen und Kall sowie der Verpflegungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes aus Kall aus. Auch der Rettungsdienst des Kreises Euskirchen und aus der Städteregion Aachen war mit zahlreichen Kräften vor Ort. Aufgrund des besonderen Einsatzobjektes und des hohen Koordinierungsbedarfs kam auch der stellvertretende Kreisbrandmeister Johannes Gebertz zur Unterstützung der Einsatzleitung nach Vogelsang. Vor Ort machten sich Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings und Landrat Markus Ramers ein Bild von der Lage. Beide dankten im Anschluss den Einsatzkräften, durch deren professionellen Einsatz Schlimmeres habe verhindert werden können.

Angrenzende Gebäude geschützt

Gegen 6 Uhr hatten die Feuerwehrleute den Brand unter Kontrolle, die Nachlöscharbeiten zogen sich noch über mehrere Stunden bis etwa 12 Uhr hin. Dank des schnellen Einsatzes der Feuerwehr gelang es, die angrenzenden Gebäude zu schützen. Während das Haus Nummer 21 komplett niederbrannte, sind an den an drei Seiten angrenzenden Häusern laut Fuchs nur Schäden an Fassaden und Fenstern entstanden.

Ermittlungen

Mehrere Vorfälle hat es in der Nacht zum Freitag in der Unterkunft gegeben. Um 2.25 Uhr schrillte die Brandmeldeanlage laut Bezirksregierungs-Sprecherin Vanessa Nolte zum ersten Mal: Ein Handdruckmelder im Gebäude 21 war willkürlich und grundlos gedrückt worden. Im Haus 20 war es um 4.05 Uhr ein „kokelnder Mülleimer“, der vom Sicherheitsdienst gelöscht wurde, bevor es gegen 5 Uhr zum Großbrand kam.

Die Mordkommission der Bonner Polizei, in der auch die Brandermittler aktiv sind, hat die Ermittlungen übernommen. Wie Pressesprecher Robert Scholten sagte, seien mehrere Teams vor Ort. Aufgrund der hohen Gefahr in einer Einrichtung mit so vielen Bewohnern nutze man das „große Besteck“. (rha)

Für Rolf Klöcker, Geschäftsführer des Roten Kreuzes im Kreis, das die Einrichtung betreibt, stand im Vordergrund, dass bei solch einem Brand niemand ernsthaft zu Schaden gekommen sei. Seine Gedanken sind bei den durch den Brand betroffenen Bewohnern: „Das Bisschen, was sie nur hatten, haben sie durch den Brand verloren.“ In der Kleiderkammer konnten sich die Menschen, die ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, mit dem Nötigsten eindecken.

Während die Bewohner aus den insgesamt sechs während des Brandes evakuierten Gebäuden zunächst in der Kantine betreut wurden, wurde später eine Verlegung beschlossen, da einige Gebäude derzeit nicht nutzbar sind – unter anderem, weil laut Klöcker der Strom teilweise abgestellt wurde. 94 Bewohner wurden am frühen Freitagnachmittag mit zwei gecharterten Bussen in die ZUE nach Euskirchen gebracht – nachdem sich sich zuvor nach Angaben von Rolf Klöcker einem Corona-Schnelltest hatten unterziehen müssen. Ausreichend Platz steht dort zur Verfügung.

Die Bewohner haben den Schrecken der Brandnacht laut Klöcker auf den ersten Blick recht gut weggesteckt. Dennoch werden sie durch die DRK-Mitarbeiter auch in den kommenden Tagen intensiv betreut.

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