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Herkunft unklarIn der Nähe von Scheuren haben sich Mufflons angesiedelt

Lesezeit 4 Minuten
Runde, kräftige Hörner sind das auffallendste Merkmal der Muffelwidder. In der Umgebung von Scheuren haben sich einige Tiere angesiedelt.

Runde, kräftige Hörner sind das auffallendste Merkmal der Muffelwidder. In der Umgebung von Scheuren haben sich einige Tiere angesiedelt.

Schleiden-Scheuren – Wer in der Dämmerung häufiger den Scheurener Berg hochfährt, dem sind sie vermutlich schon einmal begegnet. Etwa 70 Zentimeter hoch, braunes Fell, Stummelschwanz – die Rede ist von Mufflons.

Vor etwa drei Jahren sei die Herde erstmals in der Gegend aufgetaucht, berichtet Förster Markus Wunsch. Und seitdem seien die Tiere sehr heimattreu. „Das ist schon eine äußerst seltene Sache“, sagt er. Wunsch vermutet, dass die Tiere aus dem Nationalpark stammen. Dort habe es immer mal wieder Mufflonherden gegeben. Doch weil der Park so groß sei, bekomme man sie oft über Jahre nicht zu Gesicht.

Untypisches Verhalten zu beobachten

Florian Krumpen sieht das etwas anders. Er ist zuständig für Biotop- und Wildtiermanagement beim Nationalparkforstamt. Mufflons seien normalerweise sehr standorttreu. Größere Straßen oder Wasserläufe überquerten sie nur selten. Das müssten sie aber getan haben, sollte es sich bei den Mufflons in Scheuren um Nationalpark-Tiere handeln. Ein anderer Aspekt, der ihn an der Herkunft der Tiere zweifeln lasse, sei der Bericht eines Schäfers. Im vergangenen Herbst soll sich demnach ein Muffelwidder wochenlang zu einer Schafsherde auf der Dreiborner Hochfläche gesellt haben und sogar mit ihr umgezogen sein. Das sei absolut atypisches Verhalten, sagt Krumpen.

Förster Wunsch ist allerdings sicher, es mit wilden Tieren zu tun zu haben. „Die sind daran gewöhnt, allein für sich selbst zu sorgen.“ Deshalb mahnt Wunsch die Bevölkerung zur Rücksichtnahme. Er könne zwar verstehen, dass Neugierige die Tiere aus der Nähe betrachten wollten, aber Mufflons reagierten sehr empfindlich auf Beunruhigung. Fühle sich die Herde bedroht, sprinte der Widder oft auf die Schaulustigen zu, mache dann abrupt Halt und baue sich regelrecht vor ihnen auf. Da die Tiere relativ klein seien, führe das bei Menschen oft eher zu Belustigung, sagt Wunsch. Es sei aber ein klares Warnzeichen. Danach nehme die Herde Reißaus.

Förster wollen die Tiere weiter beobachten

Krumpen ist dieses Verhalten bei Muffelwiddern hingegen nicht bekannt. Das verstärke nur seinen Eindruck, dass es sich bei der Scheurener Herde nicht um wilde Tiere handle, sagt er. Diese liefen normalerweise sofort weg, wenn sie Menschen sehen.

Die Scheurener Mufflons zeigten durchaus Fluchtverhalten, sagt Wunsch. Deshalb sei es ihm wichtig, dass die Tiere in Ruhe gelassen werden. Fühle sich die Herde zu oft gestört, könne sie ganz abwandern. Ihm sei es lieber, er wisse, wo sich die Tiere aufhalten: Dann könne er beobachten, ob sie sich in das Ökosystem einfügen, so der Förster. Die Herde habe nämlich eine Art Aktionsraum – ein Areal von etwa 15 Hektar, auf dem sich die Tiere die meiste Zeit aufhalten. In diesem Frühjahr habe es auch Nachwuchs gegeben. Wie viele Tiere es genau sind, kann Wunsch nicht sagen. Er wisse sicher von mindestens vier Alt- und zwei Jungtieren.

Muffelwidder in der Olef ertrunken

Mufflons stammen laut dem Naturschutzbund ursprünglich aus Sardinien, Korsika und Zypern. Um 1900 wurde das Tier aus jagdlichen Gründen auch in Deutschland angesiedelt, so auch in der Eifel. Heimisch sind die Tiere hier demnach nicht.

Vor knapp zehn Jahren hielten einige Mufflons die Schleidener Polizei auf Trab. Im Sommer 2012 tauchten immer wieder vereinzelt Tiere in Gemünd, Olef und Herhahn auf. Weil die Tiere als Gefahr für den Straßenverkehr eingeschätzt wurden, wurden vier Stück eingefangen und in den Hochwildpark Rheinland nach Kommern gebracht. Ein Muffelwidder, der ebenfalls gefangen werden sollte, floh nach dem Schuss aus dem Betäubungsgewehr und ertrank später in der Olef. (jre)

Als die Tiere zum ersten Mal auftauchten, habe er sich mit dem Jagdpächter besprochen. Die Frage sei gewesen, ob man die Mufflons schießen soll oder nicht. Sie haben sich zunächst dagegen entschieden, sagt Wunsch: „Man muss jetzt gucken, ob die sich in die Ökologie des Waldes einfügen.“ Bisher gebe es noch keine Probleme, aber das bleibe abzuwarten. Es gehe nicht in erster Linie darum, die Tiere unbedingt ansiedeln zu wollen, sondern sie zu schützen. Es handele sich schließlich um Wildtiere.

Im Nationalpark sind die Tiere zur Jagd freigegeben

Anders sieht es im Nationalpark aus. Hier gab es bereits 2006 denn Beschluss, die Mufflons aus dem Park abzuschießen. Damals lebten dort rund 200 Tiere. An dem Abschuss-Plan habe sich bis heute nichts geändert, sagt Krumpen. Der Grund: „Es ist eine eingebürgerte, fremde Art, die nicht ins Ökosystem gehört.“ Die Philosophie und das Ziel des Nationalparks seien, ein möglichst ursprüngliches Ökosystem wieder herzustellen. „Da gehört das Mufflon nicht rein, genausowenig wie die Douglasie“, sagt Krumpen. Da die Tiere allerdings nicht ganz so leicht zu bejagen seien, gebe es nach wie vor Mufflons im Park. Auf kurz oder lang werde sich der Bestand aber auflösen, auch durch natürliche Fressfeinde wie den Wolf, sagt Krumpen.

Grundsätzlich habe der Nationalpark deshalb kein Interesse daran, dass sich eine Mufflonpopulation am Rande des Parks bilde. Er wolle sich daher bald selbst ein Bild von den Mufflons bei Scheuren machen. „Wir fragen uns natürlich: Wo kommen da Mufflons her, wo vorher keine waren?“, berichtet er.

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