Kein einziges Buch mehrFreiwillige helfen in Schleidener Schulen beim Aufräumen

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Die Schuttberge wie der vor der Gemünder Grundschule müssen noch entsorgt werden.

Die Schuttberge wie der vor der Gemünder Grundschule müssen noch entsorgt werden.

Schleiden – Eigentlich stammt das Zitat aus dem Film „Das Boot“, doch wenn Jürgen Henz es benutzt, wird es nicht weniger wahr: „Das Wasser muss raus.“ Während der für das Gebäudemanagement zuständige Mitarbeiter der Stadt Schleiden die Worte immer wieder sagt, steht er in Gummistiefeln in der trübbraunen Brühe, die noch immer durch den Keller des Schulzentrums schwappt.

Auch wenn rundherum keine Wasserbomben explodieren und die Gänge im Untergeschoss der Förderschule ungleich geräumiger sind als die Schotten eines U-Bootes, ist es ähnlich dunkel und bedrückend.

Vollgelaufene Keller und eingebrochene Wände

Das Wasser muss raus, das ist klar, doch ist das einfacher gesagt als getan. Bis zur Wasserhöhe von 15 Zentimetern haben die Großpumpen bereits ganze Arbeit geleistet, jetzt ist Feinarbeit angesagt. Mit Tauchpumpen geht die Feuerwehr nun ans Werk, um das Wasser aus dem Gebäude zu bekommen. Wenn es Pumpensümpfe geben sollte, dann weiß keiner, wo die sind. Immer wieder blockieren kleine Treppen den Fluss des Brackwassers zu den laufenden Pumpen.

„Alle Türen sind verquollen oder die Schlösser voller Sand und mussten aufgebrochen werden“, sagt Henz, während er von Raum zu Raum geht und sich ein Bild macht. In einem großen Raum im Untergeschoss ist die Decke heruntergekommen. „Ich weiß gar nicht, wie ich die rauskriegen soll“, sagt Henz und blickt kopfschüttelnd auf das riesige Trümmerstück vor ihm. Wenn das Gebäude erst einmal leer ist, muss es wieder neu aufgeräumt werden, eine Mammutaufgabe, eine von vielen, die es jetzt überall zu bewältigen gilt.

Vorsichtig bahnt er sich einen Weg durch das Labyrinth unter der Förderschule hindurch. Teilweise sind Wände eingebrochen, das Chaos ist unglaublich. Zwei Schulen sind im Schulzentrum am Mühlenberg untergebracht: Die Grundschule und die Astrid-Lindgren-Förderschule, die neben ihrem ursprünglichen Standort auch die ehemalige Hauptschule nutzt. Dazu gibt es noch eine Turnhalle.

100 Helfer am Wochenende, 30 kommen in den nächsten Tagen aus Leipzig

Das Erdgeschoss sei bereits ausgeräumt, der Müll weggefahren worden. Die 50 Helfer, die hier malocht haben, wurden wieder nach Hause oder an die Arbeit geschickt. Nun kommen die nächsten, aus Köln werden frische Kräfte erwartet. „Am Dienstag kommen 30 Leute aus Leipzig mit VW-Bussen, die wollen in ihren Fahrzeugen übernachten und die Woche über bleiben“, erzählt Henz.

Der Schulhof der Katholischen Grundschule in Gemünd ist zum Wertstoffhof umfunktioniert worden. Schulbücher, Mobiliar, Stühle, Tische, Bänke liegen durcheinander auf einem riesigen Berg. „Metallmöbel haben wir aussortiert, die werden gereinigt und wiederverwendet. Doch alles, was aus Holz ist, muss weg“, erläutert Rolf Jöbges von der Stadt Schleiden. Dann zeigt er auf einen Kreissägentisch. „Das sind doch Werte, da gucken wir, ob wir die noch ans Laufen bekommen“, erzählt er.

„Am Sonntag hatten wir 100 Helfer hier“, berichtet Brigitte Wilhelms, Schulleiterin der Grundschule. In kurzen Hosen, Gummistiefeln und dreckverschmiert steht sie vor dem Gebäude. Die Hilfsbereitschaft sei unglaublich. So habe das Erdgeschoss weitgehend ausgeräumt werden können. Nur im Keller sei noch etwas Wasser. Auch am Montag sind Helfer aus Köln gekommen. „Ich war mit dem DRK hier, aber da hatten wir nicht viel zu tun“, erzählt einer. Das sei ihm zu wenig gewesen, deshalb habe er sich Urlaub genommen und sei zurückgekommen.

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Auch der Blick in die Zukunft darf nicht fehlen, denn die Ferien werden nicht mehr lange dauern. „Wir haben ein Konzept“, kündigt die Rektorin an. Schließlich sei im Obergeschoss „heile Welt“. Wenn die Treppenhäuser begehbar seien, könnten die Schüler dort unterrichtet werden. „Wir können alle unsere Kinder beschulen – aber womit?“, fragt sie. Die Schule habe kein einziges Buch mehr.

Doch selbst, wenn diese Probleme gelöst seien, sei noch längst nicht sicher, welche Kinder in die Schule kommen. „Viele, die in Gemünd leben, haben nichts mehr oder sind irgendwo untergebracht“, sagt sie.

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