Nach Hausbrand alles verlorenEhepaar aus Schleiden erhält überwältigende Hilfe

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Der kleine Leuchtturm ist für die Paulsons ein Symbol, dass man auch in schweren Zeiten nicht die Orientierung verlieren sollte.

Der kleine Leuchtturm ist für die Paulsons ein Symbol, dass man auch in schweren Zeiten nicht die Orientierung verlieren sollte.

Schleiden-Oberhausen – Die Nacht zum 1. April 2019 werden Rudolf und Marianne Paulson aus Oberhausen wohl nie vergessen. Sie stand im Nachthemd, er in Unterhose und T-Shirt auf der Straße. Sie mussten zusehen, wie ihr Haus an der Straße „An der Ley“ bis auf die Grundmauern abbrannte. Das Ehepaar hatte sich zuvor mit Sprüngen aus dem Fenster im ersten Stock vor den Flammen retten können.

Doch so niederschmetternd das Erlebnis war, so überwältigend war anschließend die Hilfe, die der Familie zuteil wurde. „Nachbarn, Freunde, Verwandte und Bekannte, Kollegen, viele Oberhausener und Vereine aus dem Dorf sowie Unternehmen und die Stadt Schleiden haben uns toll unterstützt. Das war einfach genial“, bedankt sich Rudolf Paulson auch im Namen seiner Frau und der vier Söhne, die vorher aus dem Elternhaus ausgezogen waren. Weil der Neubau an alter Stelle nun fast fertig ist, laden die Paulsons einige Gäste am 1. Juli zu einer kleinen Eröffnungsfeier ein. „Wir hätten zum Einzug gerne ein großes Fest veranstaltet. Das ist aber wegen Corona leider nicht möglich“, bedauert Rudolf Paulson.

Sperrmüll in Brand gesetzt

Das Feuer war 2019 von einem Jugendlichen gelegt worden (siehe „Serie von Brandstiftungen“). Er hatte den für den Abtransport am nächsten Tag im Carport bereitstehenden Sperrmüll in Brand gesetzt. Die Flammen hatten auf das Fachwerkhaus aus dem 19. Jahrhundert übergegriffen. „Nur ein paar Unterlagen und Bilder konnten wir rausholen und trocknen. Unsere Ausweise und Karten waren alle weg“, erzählt der Familienvater. „Deshalb kann ich nur raten, die wichtigsten Dokumente in einem Stahlschrank zu schützen“, ergänzt seine Frau. Auch beide Autos waren zerstört.

Und trotzdem sagt Marianne Paulson heute: „Wir mussten auch lernen, zu verzeihen. Man muss wieder nach vorne schauen. Aber die Erlebnisse holen einen halt immer wieder mal ein.“ Nach den Geschehnissen hat für das Paar ein kleiner Leuchtturm, den es geschenkt bekommen hat, eine besondere Bedeutung. „Er ist ein Symbol dafür, dass man auch in stürmischen Zeiten nicht die Richtung verlieren soll“, betont Rudolf Paulson. Deshalb wird ein solcher Turm auch auf zwei Wänden des neuen Hauses zu sehen sein. Eine weitere Erfahrung, die das Paar machte: „Man stellt schnell fest, welche Dinge man wirklich braucht und welche Luxus sind.“

Riesige Hilfsbereitschaft

Die riesige Hilfsbereitschaft begann schon in der Unglücksnacht. Während Rudolf Paulson sofort Kleidung erhielt und bei einem Nachbarn übernachten konnte, schenkte eine Krankenschwester seiner Frau Anziehsachen. Marianne Paulson war noch in der Nacht ins Krankenhaus gebracht worden, weil sie sich die Hand gebrochen hatte. Bürgermeister Ingo Pfennings, so das Paar, habe noch während der Löscharbeiten unbürokratische Hilfe zugesagt und sein Versprechen auch gehalten. Die Paulsons schliefen zwei Wochen bei einem Nachbarn, ehe sie nicht weit entfernt ein Haus am Zöllerplatz beziehen konnten. Nach rund einem Jahr konnten sie dann eine Wohnung in einem Haus mieten, das ihrer Baustelle gegenüberliegt. Dort leben sie nun seit Juli 2020.

Infobox: Serie von Brandstiftungen

Von November 2018 bis Mai 2019 hat ein Brandstifter das Schleidener Tal in Atem gehalten. Die Serie der Brandstiftungen begann am 15. November mit einem kleinen Feuer im Schleidener Sturmius-Gymnasium, das zunächst gar nicht als Brandstiftung wahrgenommen worden war. Es folgten der verheerende Großbrand und ein weiteres Feuer im Gymnasium. Im Februar brannte es im alten Pfarrhaus und der evangelischen Kirche in Hellenthal. Anfang April brannten das Einfamilienhaus in Oberhausen und ein Schuppen in Blumenthal.

Nach einem weiteren Feuer Anfang Mai in Oberhausen wurde ein 15-Jähriger aus der Gemeinde Hellenthal festgenommen. Er gestand, insgesamt sieben Brände gelegt zu haben. Ende November wurde er vor der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Aachen wegen versuchten Mordes in zwei Fällen in Tateinheit mit den sieben Brandstiftungen zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. (rha)

„Das ganze Dorf hat uns toll unterstützt. Junge Männer halfen beim Streichen und Möbel schleppen. Andere brachten Kleidung vorbei. Eine Bekannte hatte 15 Lampen gesammelt“, erinnert sich Rudolf Paulson. Die Maigesellschaft sammelte beim Maifest 3000 Euro für das Paar. Die Feuerwehr half ebenso wie die VR-Bank Nordeifel, die Firmen Hilgers und Partner, Installateur Marc Lorenz und Elektriker Marco Schütze.

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Trotzdem dauerten die Bauarbeiten nach dem Abriss der Ruine im Juli 2019 länger als erhofft. „Das Grundstück musste vermessen, die Statik erstellt und der Neubau geplant werden. Alle Schritte wurden durch die Corona-Pandemie behindert“, erklärt Rudolf Paulson. So konnte erst vor Weihnachten die Bodenplatte gegossen werden. Nun müssen noch die Bäder gefliest, Waschbecken, Duschen und Toiletten installiert, die Elektrik komplettiert werden. Auch die Treppe fehlt noch. Paulson rät dazu, die Hausratversicherung regelmäßig anzupassen: „Wenn man alles neu kaufen muss, wird es teuer.“

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