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Schulen im Kreis EuskirchenWechselunterricht und Testpflicht bestimmen den Alltag

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Kopf in den Nacken, Stäbchen in die Nase: Die Schüler in der Mechernicher Gesamtschule führen ihre Corona-Selbsttests durch. Von Montag bis Donnerstag werden in der Schule die Tests angeboten.

Kopf in den Nacken, Stäbchen in die Nase: Die Schüler in der Mechernicher Gesamtschule führen ihre Corona-Selbsttests durch. Von Montag bis Donnerstag werden in der Schule die Tests angeboten.

Kreis Euskirchen – Aktuell sind nur die Abschlussjahrgänge in den weiterführenden Schulen, in den Grundschulen findet eine Notbetreuung statt. Alltag herrscht also nicht. Das liegt wohl auch an den Corona-Schnelltests. Doch nicht überall sind genügend Testkits vorhanden, sollten ab Montag alle Schüler in die Schulen zurückkehren. Und die neuen Testkits in 20er-Packs mit größeren Ampullen an Testflüssigkeit geben Anlass zu Kritik.

Die Praxis

Ungewohnte Gerüche in der Mensa der Gesamtschule Mechernich: Statt nach Mittagessen duftet es nach Desinfektionsmittel. Im Zehn-Minuten-Rhythmus kommen die Schüler klassenweise, um die vorgeschriebenen Schnelltests zu absolvieren. „Kopf in den Nacken, Stäbchen in die Nase, bis ihr Widerstand spürt, eins, zwei, drei, vier“, gibt Angelika Schür die einzelnen Schritte vor. Die Schüler testen sich selbst, erste Erfahrungen haben sie bereits in der Woche vor den Osterferien sammeln können.

Organisiert hat das schuleigene Testzentrum Birgit Born-Bentfeld, Vorsitzende der Elternpflegschaft. Mit einigen anderen Müttern, unter anderem Angelika Schür, wird sie in der nächsten Woche den Testbetrieb in der großen und gut durchlüfteten Mensa durchführen. Knapp 950 Schüler werden zweimal pro Woche getestet, dazu Lehrer und anderes Personal. Zwölf Stunden würden benötigt für einen Durchgang, so Born-Bentfeld. „Mehr als 2000 Tests pro Woche, das geht nicht im Unterricht“, so Schulleiterin Dagmar Wertenbruch.

Eine Zumutung sei das – und ohne die Eltern nicht möglich. Doch eine Dauerlösung ist das Verfahren nicht. Vier Tage werden die Mütter ehrenamtlich Tests durchführen. „Auf Dauer kann das keiner regelmäßig machen“, so Born-Bentfeld.

Die Grundschulen

Bisher sind nur wenige Kinder in der Chlodwigschule in Zülpich. Darüber ist Schulleiterin Brigitte Zeller eigentlich ganz froh. Durch die Notbetreuung können die beiden wöchentlichen Corona-Tests in kleinen Gruppen geübt werden. „Der erste Test hat gut funktioniert“, sagt Zeller.

Dem stimmt ihre Kollegin Monika Tilk von der Gemeinschaftsgrundschule Nordstadt in Euskirchen zu: „In den Kleingruppen hat das hervorragend geklappt.“ Die Eltern sollten mit den Kindern im Vorfeld mit normalen Wattestäbchen zu Hause üben, so Tilk. Die Lehrer achten darauf, dass die Kinder den Test richtig anwenden, dürfen aber nicht eingreifen und helfen.

Das sei aber nicht so schlimm, sagt Torsten Wannasek, Rektor der Herman-Josef-Schule in Euskirchen: „Die Kinder gehen professionell und verantwortungsvoll mit den Tests um.“ Da es schon ausreiche, wenn die Watte in der Nase ist und das Stäbchen nicht unbedingt zwei Zentimeter tief eingeführt werden muss, sei das für die Kinder gut machbar.

Die Eltern hätten teilweise Sorgen, sagt Wannasek. Besonders, dass Kinder bei einem positiven Test bloßgestellt werden könnten, beschäftige sie. „Wir schauen, dass die Kinder nicht viel von den Ergebnissen mitbekommen“, sagt Wannasek. „Kinder leiden ein Stück mit den Klassenkameraden mit“, fährt er fort. Wenn ein Kind nach einer Corona-Erkrankung zurück in die Klasse komme, habe er noch keine Ausgrenzung erlebt – im Gegenteil: Die Kinder freuen sich und schließen den Klassenkameraden wieder ins Spiel ein.

„Nicht die Kinder sind das Problem“, sagt auch Tilk. Es sei wichtig, die Kinder nicht alleine zu lassen: „Unsere Schulsozialarbeiterin kümmert sich unter anderem um die Kinder, bei denen der Test positiv ausfällt oder wo der Test nicht richtig funktioniert hat.“ Wenn Eltern dennoch zu große Sorgen haben, können sie mit ihren Kindern auch zu Bürgerteststellen gehen, so Wannasek. Die Bescheinigung mit dem negativen Ergebnis müsse dann in der Schule nur vorgezeigt werden.

Von besorgten Eltern und Kindern, die die Tests spannend finden, weiß auch Gabi von der Heydt, Rektorin des Hellenthaler Grundschulverbunds, zu berichten. Allerdings stelle die Handhabung der Selbsttests für „Grobmotoriker“ eine Herausforderung dar. „Ich hoffe, dass sich da bald etwas ändert, für Kinderhände ist das nicht das geeignete Instrument“, sagt sie. Doch die gute Laune lässt sie sich nicht nehmen.

„Man muss es locker nehmen.“ „Wir bleiben fröhlich“, ist auch die Devise für Barbara Jordans, Rektorin des Grundschulverbund Nettersheim. Sie berichtet von der Aufregung der Kinder beim ersten Selbsttest. Grundsätzlich könnten die Kinder gut mit den Materialien umgehen. Einzig die Verpackung der Teststäbchen aufzubekommen, sei nicht einfach. „Die schneiden wir vorher auf“, so ihre Lösung.

Die Kritik

Trotz der guten Erfahrung gibt es auch Kritik. Anders als die Testkits, die es im Supermarkt und in der Drogerie zu kaufen gibt, sind die für die Schulen in 20er-Packungen, berichtet Zeller. Die Flüssigkeit ist in größere Fläschchen abgefüllt, die ungefähr die Größe von einer Augentropfenpackung haben. Je zehn Tropfen pro Teströhrchen müssen von den Schulen umgefüllt werden. Bei den Schulen wird das von den Schulleitern und Lehrern übernommen.

Die Chlodwigschule hat zudem aus dem eigenen Etat Hilfsmittel beschafft, berichtet die Schulleiterin. So sind in dem Pappaufsteller nur neun Röhrchen vorgesehen – die Notbetreuungsgruppen umfassen jedoch rund 15 Kinder. Deswegen wurden Wäscheklammern besorgt, um die Röhrchen während des Tests abzustellen. Dazu wurden Tüten besorgt, um die einzelnen Testsets im Vorfeld für die Schüler zusammenzustellen.

Roswitha Schütt-Gerhards ist alles andere als glücklich mit den neuen Tests. „Das ist furchtbar“, sagt die Leiterin der Clara-Fey-Schule in Schleiden. Im Kollegium hätten die Tests für Unmut gesorgt – auch, weil es kleine, vermeidbare Dinge seien, die den Aufwand deutlich erhöhten. „Dass man die Ampullen nicht abstellen kann, ist einfach nicht gut“, sagt Schütt-Gerhards. Sie habe Wäscheklammern besorgt, um die Röhrchen, ähnlich wie mit einem Reagenzglashalter, auf den Tisch zu stellen.

Wechselunterricht und Testpflicht

Ab kommenden Montag, 19. April, sollen die Schulen in NRW wieder zu einem Schulbetrieb im Wechselunterricht zurückkehren. Voraussetzung dafür ist die „Teilnahme an wöchentlich zwei Tests“ für den Aufenthalt an den Schulen, teilt das Schulministerium mit. Die Test müssen in der Schule gemacht werden, eine Ausnahme stellt nur ein sogenannter Bürgertest dar, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Diese Regelungen gelten bereits seit dem Ende der Osterferien für den Notbetrieb.

Sollten Schülerinnen und Schüler sich nicht in der Schule testen lassen wollen, sind die Schulleiterinnen und Schulleiter dazu angewiesen, die Personen vom Schulbetrieb auszuschließen. „Nicht getestete Schülerinnen und Schüler haben keinen Anspruch auf ein individuelles Angebot an Distanzunterricht“, so das Ministerium. Die Frage, was das konkret für die Schüler bedeutet und inwiefern das mit der Schulpflicht vereinbar ist, beantwortete das Ministerium bis Redaktionsschluss nicht.

Der Wechselunterricht in den Schulen soll laut Ministerium wieder wie vor den Osterferien organisiert werden. Für die Grund- und Förderschüler bedeutet das konstante Lerngruppen, die im selben Umfang zwischen Präsenz- und Distanzunterricht wechseln. Bei den Schülern der weiterführenden Schulen werden nur die Abschlussklassen im Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht unterrichtet. Alle anderen Jahrgänge bleiben im Distanzunterricht. (jes)

In der Euskirchener Marienschule haben die Hausmeister Marc Hermanns und Wolfgang Roitzheim mit der Bohrmaschine in Styrodor-Blöcke je 30 Löcher gebohrt. „Die sind hygienischer als beispielsweise Holz, weil man das nicht desinfizieren kann. Die Flüssigkeit zieht da ja eher ein“, erklärt Roitzheim. Die Tests mit den größeren Fläschchen werden von den Lehrern vor dem Unterricht abgefüllt und dann jedem Schüler überreicht. Aktuell reichen die Tests laut Schulleiter Michael Mombaur noch für eine Woche. Sollten die Klassen weiter halbiert werden, auch für zwei.

Auch in der Mechernicher Gesamtschule sind aus Platten aus dem Technikunterricht Halterungen für die Teströhrchen gebastelt worden. Denn diese sind in den neuen Testkits nicht mehr vorhanden. Auf Tablets liegen die fertigen Tests bis zum Ergebnis. „Das ist psychologisch wichtig. So müssen sie nicht auf ihren Teststreifen starren und hoffen, dass kein zweiter Streifen erscheint“, so Wertenbruch.

Die Eltern

Karin Brosowski glaubt nicht, dass das Testen für ihren Sohn Tim, der die vierte Klasse besucht, ein Problem wird. Und sie spricht sich eher für den gemeinsamen Test in der Schule aus. „In der Schule ist die Umgebung bekannt, und der Lehrer ist eine große Vertrauensperson. Zudem sind die Freunde dabei“, sagt die Frauenbergerin.

Faktencheck

Die Pufferlösung, die Flüssigkeit, die den Corona-Selbsttest beiliegt, sei explosiv, ist im Internet zu lesen. Peter Brinkmann, Chemielehrer am Gymnasium Marienschule, hat sich die Bestandteile der Flüssigkeit genauer angesehen und kommt zu dem Ergebnis: „Man müsse einige Liter aufwendig aufbereiten und könne dann, wie bei sehr vielen Stoffen, irgendwann mal ein Fünkchen entzünden“, teilt Schulleiter Michael Mombaur mit. (jes)

Doch es gibt auch die gegenteilige Meinung. „Ich lasse mein Kind auf keinen Fall testen“, hat eine Mutter aus Schleiden beschlossen. Ihr Kind, das in die vierte Klasse gehe, habe schon länger Probleme mit Nasenbluten, da könne bei den Tests leicht etwas passieren, befürchtet sie. Und da weder Arzt noch Krankenschwester dabei sei, sei ihr das zu gefährlich.

Die Schulamtsdirektorin

„Bisher ist mir noch keine Kritik von den Schulleitungen zu Ohren gekommen“, sagt Bärbel König, Schulamtsdirektorin des Kreises. Von einigen Schulen habe sie gehört, dass sie die Test zuerst einmal selbst ausprobiert hätten und nun die Durchführung in den Betreuungsgruppen mit den Kindern erprobten.

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„Schwierigkeiten bereitet den Schulen, das Eltern sehr verunsichert sind und Ängste in Bezug auf das Durchführen der Tests in den Schulen aufgebaut haben“, so König. Die Grundschulen hätten im Laufe der Pandemie ein hohes Maß an Flexibilität gezeigt. Aber auch dieser Herausforderung widmeten sie sich engagiert, um alles bestmöglich umzusetzen.

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