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Vierbeiner riecht ZuckerkrankheitMelanie Latz bildet Diabetiker-Warnhunde aus

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Nasha ist ein Diabetikerwarnhund: Der weiße Schäferhund von Michaela Latz kann eine Unterzuckerung frühzeitig riechen.

Nasha ist ein Diabetikerwarnhund: Der weiße Schäferhund von Michaela Latz kann eine Unterzuckerung frühzeitig riechen.

Zülpich – Nasha ist kein gewöhnlicher Schäferhund. Sie ist eine Superheldin. Der schneeweiße Vierbeiner von Melanie Latz ist Diabetiker-Warnhund. Nasha ist darauf trainiert, Menschen zu helfen, die an Diabetes Typ 1 leiden. Sie riechen es, wenn Frauchen oder Herrchen unterzuckert sind und schlagen Alarm. Diese Hunde ersetzen zwar das Messgerät nicht, können aber die Hypoglykämie anzeigen, noch bevor sie auf dem Messgerät erkennbar wäre.

„Wenn jemand unterzuckert ist, schlägt Nasha an und kratzt an den Beinen des Menschen, um so auf die Gefahr hinzuweisen“, erklärt Latz, die seit elf Jahren Hundetrainerin im Netzwerk DOGS von Martin Rütter ist. Ziel sei, dass der Hund eine Unterzuckerung anzeige. Es könne aber sogar sein, dass der Hund auch auf eine Überzuckerung reagiere.

Ausbildung zu lebensrettenden Spürnasen

Melanie Latz bringt Hunden nicht nur die Grundlagen der Erziehung bei, sondern bildet sie auch zu lebensrettenden Spürnasen aus. „Grundsätzlich ist die Eignung weder rasse- noch altersabhängig. Fast jeder Hund kann ein Diabetikerwarnhund werden. Wichtig ist, dass der Hund nicht scheu ist und eine gute Bindung zu seinem Menschen hat“, sagt die Rechtsanwältin, die vor etwa einem Jahrzehnt die Lust an ihrem Beruf verloren und seitdem ihre Berufung in der Ausbildung von Hunden gefunden hat.

Dass Hunde eine Unterzuckerung trotz trotz Duschgel oder Parfüm riechen können, und das durch die Kleidung, liegt an der deutlich besser ausgeprägten Nase im Vergleich zum Menschen. Ein Mensch besitzt etwa fünf Millionen Riechzellen, ein Hund – je nach Rasse – zwischen 125 und 225 Millionen.

Diabetes Typ 1

Typ-1-Diabetes ist eine Form der Stoffwechselstörung, die zur Folge hat, dass der Körper kein eigenes Insulin mehr produzieren und somit den Gehalt des Zuckers im Blut nicht mehr selbst steuern kann.

Wird der Mangel nicht durch Hormongaben von außen ausgeglichen, besteht die Gefahr, dass der Patient kollabiert oder schlimmstenfalls sogar in ein lebensgefährliches Koma fällt. (tom)

Während der Mensch olfaktorische Eindrücke mit rund einem Prozent seines Gehirns verarbeitet, sind es beim Hund ganze zehn Prozent. Die anatomischen Voraussetzungen der Hunde können Latz zufolge vor allem Kindern zugute kommen. Diabetiker-Warnhunde seien ideal, um Kinder beim Umgang mit der Zuckerkrankheit zu unterstützen. Der Grund: Ist der Hund ausgebildet, riecht er im Idealfall die sich anbahnende Unterzuckerung auch in der Nacht. Sogar wenn er selbst schlafen sollte.

Steigt ihm der Geruch in die Nase, gibt es laut Latz mehrere antrainierte Vorgehensweisen. Bei Kindern soll der Hund zuerst eine Klingel betätigen, damit die Eltern geweckt werden und helfen können. Zudem lernt der Hund, einen Notfallbeutel zu holen und zum Herrchen oder Frauchen zu bringen. Da ist dann beispielsweise Traubenzucker drin. „Ich bringe dem Hund auch bei, dass er an den Beinen kratzen soll“, so die Trainerin. Das sei gerade nachts deutlich spürbarer als ein Schlecken durchs Gesicht oder Bellen.

Im Idealfall kommt die Familie zur Ausbilderin, bevor sie sich einen Hund zulegt. „Dann besprechen wir, welcher Hund sich beispielsweise wie in die Familie eingliedern kann“, erklärt Latz. Auch die räumliche Situation spiele dabei eine Rolle. Wenn die Rahmenbedingungen passen, der Hund in der Familie angekommen ist, beginnt die Arbeit an den Grundlagen der Mensch-Hund-Beziehung – und natürlich auch die Ausbildung. Wie lange die dauert, kann man laut Latz nicht verallgemeinern. Das sei sehr individuell. Hinzu komme, dass der Hund während seiner Pubertät mal bessere, mal schlechtere Tage habe. Entsprechend müsse das Training gesteuert werden.

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Was aber feststehe: Die Ausbildung ist anspruchsvoll. Regelmäßig gibt Latz Herrchen und Frauchen Hausaufgaben mit. Die gilt es abzuarbeiten. Die Ausbildung funktioniert nach ähnlichen Prinzipien wie die Schulung eines Drogenspürhundes. So werden die Hunde konditioniert, Zielobjekte mit spezifischen Gerüchen zu orten und anzuzeigen. Zu Beginn der Ausbildung lernt der Hund Stoffproben mit dem Geruch einer Unterzuckerung zu lokalisieren. Später sucht er diese Proben am Körper des Diabetikers, bis er zum Schluss ganz reale Unterzuckerungen ohne Proben anzeigt – am ganzen Körper.

„Wichtig ist, immer durchzulüften. Die Hunde dürfen den Geruch nicht als alltäglich abspeichern“, so die 43-Jährige. Meist werde mit einem Stofffetzen als Hypoglykämien-Probe trainiert. Woher die kommen? Das sei Betriebsgeheimnis, sagt Latz schmunzelnd. Zwei Hunde habe sie bereits zu Messgeräten auf vier Pfoten ausgebildet, berichtet Latz. Zwei weitere seien in der Ausbildung. „Die Besitzer sind schon jetzt sehr dankbar“, sagt die Trainerin.

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