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Wahl im Kreis EuskirchenKoalitionsfrage hängt auch von Stichwahl um Landratsposten ab

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Markus Ramers (SPD, l.) und Johannes Winckler (CDU) gehen in die Stichwahl für den Landratsposten.

  • Johannes Winckler und Markus Ramers treten am 27. September in der Stichwahl um das Landratsamt an. Von diesem Posten kann auch die Koalitionsfrage abhängen.
  • Winckler will seinen schon lange im Voraus angemeldeten Urlaub nun nutzen, um noch mal kräftig Wahlkampf zu machen.
  • Auch Ramers steht in den Startlöchern, um die Wähler, die ihn im ersten Wahlgang gewählt haben, noch mal zu motivieren und dazu Wähler der unterlegenen Kandidaten für sich zu gewinnen.

Kreis Euskirchen – Ob er sauer auf seine Landespartei sei? „Ja klar!“, scherzt Markus Ramers und lacht. Hätte die SPD nämlich nicht die von der schwarz-gelben Landesmehrheit beschlossene Abschaffung der Stichwahl gerichtlich verhindert, wäre er mit seiner knappen Führung vom Wahlsonntag nun der künftige Landrat. Mit 40,1 Prozent ging der 33-Jährige vor seinem Mitbewerber Johannes Winckler (39,2 Prozent) durchs Ziel.

Doch im Ernst: Demokratietheoretisch sei es schon richtig, dass ein Bürgermeister oder ein Landrat mit ordentlichen Mehrheiten durch den Souverän legitimiert werde, sagt Ramers. Vor der Stichwahl sei ihm auch nicht bange. Ein neuer Flyer sei bereits im Druck, im Internet gehe er auf die neue Situation ein und seine Besuche vor Ort werde er nun fortführen. Es gelte, die Wähler, die ihn im ersten Wahlgang gewählt hätten, noch mal zu motivieren und dazu Wähler der unterlegenen Kandidaten für sich zu gewinnen. So einfach ist das also.

Nochmal kräftig Wahlkampf machen

Doch das alles will ein anderer auch. Johannes Winckler seinerseits könnte nun froh sein, dass seine Landespartei die Abschaffung der Stichwahl nicht hat durchsetzen können. Doch das sei Spekulation, sagt der 49-jährige Christdemokrat: „Würde es keine Stichwahl geben, wären einige Bewerber möglicherweise gar nicht angetreten.“

Winckler will seinen schon lange im Voraus angemeldeten Urlaub nun nutzen, um noch mal kräftig Wahlkampf zu machen. CDU-Kreisparteivize Ute Stolz jedenfalls verspricht ihm die Unterstützung der Kreispartei: „Johannes Winckler hat bisher einen tollen Wahlkampf gemacht, wenn man bedenkt, dass er viel später als Markus Ramers damit angefangen hat und dann Corona dazwischen kam.“

Derweil richtet sich der Blick auf den künftigen Kreistag. Hier tun sich nach der Wahl einige Koalitionsmöglichkeiten auf, wobei mit der AfD (vier Sitze) keine der anderen Fraktionen zusammenarbeiten möchte und die Eine-Frau-Vertretung der Partei Die Linke bei den Gedankenspielen eine eher untergeordnete Rolle spielen dürfte. Für die Fortführung der Großen Koalition, die seit 2009 besteht, reicht es natürlich immer. Zusammen kommen CDU und SPD auf 34 von 54 Sitzen – und ein Landrat käme auch noch dazu. Dann gelte für die kleineren Fraktionen erneut die alte Egon-Bahr-Weisheit: Wenn die Elefanten tanzen, sollten die Mäuse zur Seite springen!

„Wir reden mit allen Parteien, außer der AfD.“

Doch solange zwei Kandidaten von SPD und CDU um den Landratsposten ringen, bleibt es ruhig im schwarz-roten Gefilde. „Es würde derzeit keinen Sinn ergeben“, sagt etwa SPD-Spitzenkandidat Thilo Waasem, der gerne Fraktionschef der 13-köpfigen SPD-Mannschaft werden möchte.

Mit 1,5 Prozent an Verlusten stehe die hiesige SPD landesweit in den Kreisen am besten dar, stellt Waasem heraus. In solch schwierigen Zeiten für die SPD wirkt schon ein kleiner Lichtblick wie ein Flutlichtstrahler. Zur Koalitionsfrage sagt Waasem genau das, was Politiker so gerne sagen in solchen Situationen, wenn sie nicht viel sagen wollen oder einfach noch nicht viel sagen können: „Wir reden mit allen Parteien, außer der AfD.“

Schwarz-grün statt schwarz-rot?

Augenmerk verdient in dieser Gemengelage auch die schwarze-grüne Option – vor allem für die CDU. Zusammen kommen Christdemokraten und Grüne auf 29 Stimmen – also eine „über den Durst“. Würde Winckler Landrat werden, sogar zwei darüber.

Und nur mal angenommen: Die CDU käme den Grünen inhaltlich, etwa in Sachen Klimaschutz, entgegen und würde ihnen auch den ein oder anderen Posten in Verwaltungsräten oder Ausschüssen schmackhaft machen können – könnte das die Grünen nicht von einer Empfehlung pro Ramers an ihre Wähler abhalten? Fraktionschefin Ute Stolz schließt zumindest nichts in dieser Richtung aus und sagt – na was schon: „Wir reden mit allen Parteien, außer mit denen an den politischen Rändern.“ Damit meine sie AfD und Linke.

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Auf der anderen Seite übt sich Jörg Grutke (noch?) in Zurückhaltung, was Schwarz/Grün angeht. „Wir reden mit allen demokratischen Parteien“, greift auch er in die Text-Baustein-Kiste der Wahlnachlese, um dann aber klarzustellen: Mit Posten oder Pöstchen könne man die Grünen nicht locken. „Wir sind einzig auf Inhalte fixiert“, stellt Grutke klar.

Er trete auch wieder als Kandidat für den Fraktionsvorsitz an, kündigte der Zülpicher auf Nachfrage an: „Für Donnerstag planen wir eine erste informelle Sitzung der neuen Fraktion, wir müssen ja auch schauen, wie das mit den Räumlichkeiten geht.“ Schließlich sei die Fraktion um drei auf acht Mitglieder gewachsen. Dann werde auch besprochen, ob es eine Empfehlung für wen auch immer geben werde.

UWV ist gelassen

Gelassen abwarten, das ist die Devise von Franz Troschke. „Ich könnte mir aber eine Zusammenarbeit von CDU, FDP und uns vorstellen“, sagt der UWV-Fraktionschef, dessen Team von vier auf drei geschrumpft ist.

So ist die UWV wieder da angelangt, wo sie 2014 gestartet ist, bevor zwei ehemalige AfD-Abgeordnete wegen des Rechtsrucks ihrer früheren Partei über Umwege zu den „Unabhängigen“ kamen, wovon dann einer später wegzog. „Klar, ich hätte mir etwas mehr gewünscht“, so Troschke zu den 4,9 Prozent seiner UWV. Aber ohne Verbände in Nettersheim, Dahlem und Kall sei es halt schwierig, auf Kreisebene zu reüssieren. „Immerhin sind wir jetzt in Weilerswist vertreten.“ Auch FDP-Kreisvorsitzender Frederik Schorn will – oh Wunder – „mit allen demokratischen Parteien reden“, aber zunächst mit seinen Vorstandskollegen das weitere Vorgehen besprechen. Es gibt halt viel zu besprechen nach so einer Wahl.

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