Fitnessvideos statt TanztrainingRegimentstochter der Ehrengarde Köln hält sich fit

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Als Regimentstochter der Ehrengarde der Stadt Köln ist Anna-Sophia Sahm die einzige Frau unter 300 Männern: Bis zu 80 Auftritte hat die 31-Jährige normalerweise zwischen Januar und Aschermittwoch rund um Köln.

Als Regimentstochter der Ehrengarde der Stadt Köln ist Anna-Sophia Sahm die einzige Frau unter 300 Männern: Bis zu 80 Auftritte hat die 31-Jährige normalerweise zwischen Januar und Aschermittwoch rund um Köln.

Weilerswist/Hürth – Seit 2011 ist Anna-Sophia Sahm Regimentstochter der Ehrengarde der Stadt Köln. Für Karnevalslaien ist sie sowas wie das Tanzmariechen. Es ist okay, wenn wir das so schreiben, wie die 31-Jährige im Interview absegnet. Besonders stolz ist sie darauf, dass sie sich vor zehn Jahren beim Auswahlverfahren durchgesetzt hat und seitdem die einzige Frau unter 300 Männern ist.

Bis zu 80 Auftritte in der Saison absolviert die ehemalige Weilerswisterin normalerweise von Januar bis Aschermittwoch mit ihrem Tanzpartner Nico Kohr und den Gardisten der Ehrengarde. Manchmal bis zu vier an einem Abend. Meistens in Köln und Umgebung. Mit dem Bus ist das Team aber auch schon zu befreundeten Vereinen nach Mainz oder Wiesbaden gefahren, um dort aufzutreten.

Fitnessvideos statt Tanztraining

Jetzt ist alles anders. Mit alle Mann im Bus sitzen? Unvorstellbar. Vor einem Publikum mit Hunderten Jecken tanzen? Noch viel unvorstellbarer. Die Corona-Pandemie hat auch den Alltag der Tänzerin auf den Kopf gestellt. Statt dreimal die Woche jeweils zwei Stunden mit ihrem Tanzpartner zu trainieren, hält sich Sahm zu Hause fit. „Ich habe mir vorgenommen, so fit zu bleiben, dass ich morgen wieder auf der Bühne stehen könnte“, erzählt sie: „Ich glaube, ich habe mittlerweile alle Fitnessvideos durch, die ich online gefunden habe.“ Viermal in der Woche nimmt sich Sahm für Ballett, Fitness oder Yoga zu Hause eine Stunde Zeit.

Seit September trainieren die 31-Jährige und ihr Tanzpartner nicht mehr zusammen. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres habe man es unter Corona-Bedingungen versucht: „Unser Trainer hatte dann eine Maske an, durfte uns aber nicht am Körper korrigieren. Das war nicht so optimal“, erklärt Sahm. Also beschloss das Team, dass sich jeder für sich zu Hause fit hält. Mit einer Ausnahme.

Für eine digitale Sitzung für Seniorenheime und Krankenhäuser, die vor kurzem in Köln aufgenommen worden war, durfte das Paar noch einmal zusammen tanzen. „Wir haben uns vorher beide in Quarantäne begeben und sind jeden Tag getestet worden“, erklärt Sahm. „Ich hatte Tränen in den Augen, als wir uns plötzlich wieder so nah waren. Das war unglaublich schön, aber auch ein komisches Gefühl“, berichtet sie: „Ich glaube, wir haben noch nie so viel telefoniert wie in der Corona-Zeit. Wir vermissen uns natürlich sehr.“

Im Ringelshirt ins Büro

Startschwierigkeiten habe es bei dem Auftritt keine gegeben. „Das ist wie Fahrradfahren. Wenn man ein Rad hat, wo man gut drauf sitzt und gut mit fahren kann, verlernt man das nicht“, so Sahm über ihren Tanzpartner, der sie seit vier Jahren über die Bühne schwingt. Die Choreografien und Hebefiguren seien so eingespielt, die hätten die beiden stets im Kopf.

Obwohl es in dieser Saison keine weiteren Auftritte gab, bleibt die 31-Jährige, die im elterlichen Betrieb in Weilerswist zur Dachdeckerin ausgebildet wird, positiv. „So ganz auf Karneval verzichten wollte ich nicht. An Weiberfastnacht habe ich mein Ringelshirt rausgesucht und im Büro wenigstens mit meiner Mutter angestoßen. Abends ging es dann mit meinem Freund zu Hause weiter.“

Auch das traditionelle Hämmchen-Essen der Ehrengarde war am Karnevalsfreitag drin. Alle Mitglieder, die Lust hatten, haben für sich und ihren Partner vorgekochtes Fleisch mit Sauerkraut und Kartoffelpüree nach Hause geschickt bekommen. „In einer Online-Konferenz haben wir dann mit 100 Mitgliedern zusammen gegessen.“

Wenn die Pandemie vorüber ist, kann Sahm ihren Kindheitstraum vom Mariechen weiter leben. Dafür war sie mit 21 Jahren aus Weilerswist weggezogen. Zunächst nach Köln und dann nach Hürth. „Müde werde ich nicht“, so die Tänzerin.

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