Seit drei Jahren in WeilerswistMilad Kakone schafft den Sprung zum Friseurmeister

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Friseur_Milad-Kakone

Zwei Meister vom gleichen Fach: Milad Kakone schneidet seinem Chef Theobert Thater die Haare. 

Weilerswist – „Ich habe ein Ziel: Ich will für meinen Vater ein Friseurgeschäft aufbauen, damit er hier in Deutschland seinen Lebensunterhalt verdienen kann.“ Milad Kakone aus dem Irak hat ungewöhnliche Pläne.

Denn eigentlich ist der 28-jährige aus dem kleinen Dörfchen Ankawa nahe der kurdischen Stadt Erbil nach irakischer Lesart Informatiker, was in Deutschland etwa dem Beruf des Fernmelde- oder Kommunikationstechnikers entspricht. Doch jetzt hat sich Kakone einem anderen Beruf verschrieben.

Er, seine Eltern sowie seine zwei Schwestern wollten ein sicheres und ein besseres Leben in Europa haben. Denn sie stammen aus einem katholisch-christlichen Dorf, das von Muslimen umgeben ist. Weil die politische Lage im Irak unsicher war und die Truppen des Islamischen Staates (IS) bis auf fünf Kilometer an das Dorf heranrückten, entschlossen sich die Kakones im November 2015, in Europa um Asyl zu bitten. Nur Kakones Bruder entschied, im Irak in einem katholischen Priesterseminar zu bleiben.

Die Kakones erhielten Asyl, wurden als Flüchtlinge anerkannt. „Sprache ist die wohl wichtigste Voraussetzung, um sich integrieren zu können“, sagt Milad Kakone, der nach eigenem Bekunden alles daran gesetzt hat, Deutsch zu erlernen. Er spricht neben seiner Muttersprache Aramäisch auch Arabisch, Kurdisch, Englisch und eben zwischenzeitlich auch Deutsch.

Pensionierter Lehrer half ihm

Dazu hat er jede Möglichkeit genutzt, seine Sprachkenntnisse zu verbessern. „Einmal habe ich bei einem Augenarzt im Wartezimmer gesessen. Da kam ich mit einem pensionierten Lehrer ins Gespräch. Ich habe auf Englisch gesagt, dass ich Deutsch lernen will. Er hat sich meine Adresse aufgeschrieben und stand am nächsten Tag vor meiner Tür und hat täglich mit mir geübt.“

Zudem hat sich Kakone auch in staatlichen Sprachprogrammen fortgebildet. Zehn Tage lang absolvierte er ein Praktikum im Friseursalon Thater in Vernich. Theo Thater hätte Milad Kakone gerne als Mitarbeiter gewonnen, doch der wollte sich lieber von dem Vernicher Friseurmeister ausbilden lassen. „Er hat Ja gesagt“ , schildert Milad Kakone.

Im Irak gleich drei Jobs

Wie hat Milad Kakone im Irak sein Geld verdient? Er hatte gleich drei Jobs. Der heute 28-Jährige hat sein Abitur gemacht und anschließend im Irak Informatik mit dem Schwerpunkt Kommunikationstechnik studiert.

Er war sechs Jahre lang als Kommunikationstechniker aktiv und hat für eine staatliche Glasfaserfirma die Erschließung von Stadtvierteln und Dörfern mit Kommunikationstechnik geplant und durchgeführt.

Nachmittags und abends hat der Mann aus Ankawa seinem Vater im Friseurgeschäft geholfen und das Handwerk erlernt. Zudem hat der katholische Christ zweimal wöchentlich Kindern in der Kirchengemeinde seines Dorfes Sprachunterricht in Kurdisch erteilt. (bz)  

Was dann folgte, war eine wahre Erfolgsgeschichte: Der Friseur aus dem Irak lernte nach deutschem Recht, was Innung und Handwerkskammer vorschreiben: Er schnitt und färbte Haare, stutzte Bärte. Und er besuchte das Berufsbildungszentrum des Kreises in Kall. 

Traumnote 1,0 in der Berufsschule

Dort wurde Kakone Prüfungsbester des Innungsjahrgangs mit der Traumnote 1,0. Er belegte einen Kurs als Barbier in Eupen und erlangte den belgischen Barbier-Gesellenbrief. Er sammelte drei Wochen Berufserfahrung in London.

Danach sattelte er drauf, belegte den Meisterkurs. Jetzt ist Milad Kakone von der Handwerkskammer zu Aachen anerkannter Friseurmeister. „Ich hatte unter anderem die Perspektive, nach zweijähriger Arbeit einen bekannten Friseursalon in Belgien in Kermis südwestlich von Aachen zu übernehmen“, sagt der junge Friseurmeister.

Doch Kakone lehnte ab. Denn das Ziel, auch seinem Vater die Ausübung des Friseurberufs in Deutschland zu ermöglichen, steht für ihn nach wie vor im Vordergrund: der eigene Friseur-Meisterbetrieb.

Die Mutter des 28-Jährigen hat ebenfalls einen großen Schritt nach Europa gemacht: Sie hat Sprachkurse in Brühl besucht, fährt jetzt mit dem Bus täglich ins Weilerswister Zentrum und arbeitet in der Küche des katholischen Kindergartens.

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Seine 19-jährige Schwester erlernt den Beruf der Kinderpflegerin und wechselt ins St.-Nikolaus-Stift nach Füssenich. Seine kleine Schwester besucht die Gesamtschule – „und spricht schon besser Deutsch als wir alle“, sagt der Friseurmeister lachend. 

Ziel ist der eigene Friseursalon

Er gehört mittlerweile dem Prüfungsausschuss der Innung an. Und weil er bekennender Christ ist, arbeitet er in der katholischen Kirchengemeinde Weilerswist mit, wurde dort sogar schon in den Pfarrgemeinderat gewählt. Seine Stelle im Vernicher Friseursalon hat er noch einige Monate sicher.

Doch Kakone hat sein Ziel nicht aus den Augen verloren: Er sucht einen Friseursalon. „Dafür habe ich sogar schon einen Businessplan entworfen“, sagt der zielstrebige Mann mit den akkurat geschnittenen Haaren und dem perfekt gestutzten Bart.

Viele seiner Verwandten seien nach Europa geflüchtet, weil die Lage im Irak für Christen immer bedrohlicher werde. „Ich habe Verwandte in Frankreich, Belgien und Schweden. Eine meiner Tanten lebt in Kanada. Wir aber wollen hier in Weilerswist oder im Kreis Euskirchen bleiben, hier unser Geld verdienen und niemandem zur Last fallen“, sagt Milad Kakone und bekräftigt: „Wir wollen uns integrieren. Und dank der Flüchtlingsinitiative Weilerswist und der Katholischen Pfarrgemeinde fühlen wir uns hier auch gut aufgenommen.“

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