Überwältigende MehrheitWas SPD-Landratskandidat Markus Ramers in Euskirchen vor hat

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Bitte recht freundlich: Duisburgs OB Sören Link (.l) machte ein Erinnerungs-Selfie mit Markus Ramers.

Bitte recht freundlich: Duisburgs OB Sören Link (.l) machte ein Erinnerungs-Selfie mit Markus Ramers.

  • Mit überwältigender Mehrheit ist Markus Ramers zum SPD-Landratskandidat gewählt worden.
  • In seiner Rede stand er voll und ganz für die SPD und ihre Ziele ein.
  • Lesen Sie hier, was er als Landrat verspricht – und wie sein Wahlkampf aussieht.

Zülpich – Natürlich war es pure Ironie. „Welch eine Überraschung!“, scherzte Versammlungsleiter Karl Vermöhlen, nachdem das Ergebnis verkündet worden war. 70 Mal Ja, einmal Nein, 98,6 Prozent Zustimmung. Nun ist es offiziell: Markus Ramers ist der SPD-Landratskandidat für die Wahl am 13. September 2020. Sensationen sehen anders aus.

Es folgten die üblichen Blumen, eine etwas schüchterne Siegerpose des Gewählten, dann aber auch dessen mutige Ankündigung in Richtung seiner Genossen: „Wir werden dem Kreis Euskirchen einen Landratswahlkampf schenken, wie er ihn noch nie erlebt hat.“

Prominente Gäste zur Unterstützung

Was den Einsatz moderner Wahlkampfmittel auf kommunaler Ebene betrifft, könnte das sogar stimmen: Schon kurz vor seiner Bewerbungsrede lief ein Wahlwerbespot („294 Orte, 1 Landrat“) auf der großen Leinwand im Zülpicher Forum, der wenige Stunden später bereits im weltweiten Netz zu sehen war: Postkarten-ähnliche Bilder aus dem Kreis Euskirchen werden da präsentiert – und zuletzt ein Kandidat, der am Ende des Streifens verkündet: „Mein Name ist Markus Ramers und ich möchte der nächste Landrat im Kreis Euskirchen werden.“

Gemeinsamkeit

Eine Verbindung besteht zwischen den beiden Landratskandidaten von CDU und SPD: Johannes Winckler trat der CDU am Bundestagswahlabend 1998 bei, als deren Chef Helmut Kohl das Kanzleramt verlor.

Ramers wurde am Abend der Bundestagstagswahl 2005 („per Modem damals noch“) SPD-Mitglied, als Gerhard Schröder die Kanzlerschaft verlor. (sch)

Damit das gelingt, hatte die SPD prominente Genossen zur Unterstützung eingeladen: Der Oberbürgermeister von Duisburg, Sören Link, der Bürgermeister von Erndtebrück, Henning Gronau, und der Landrat des Kreises Herford, Jürgen Müller, hatten weite Wege auf sich genommen, um Ramers’ großen Tag zu bereichern. Denn weil die Nominierung des Freilingers schon seit Monaten feststand, konnten die Sozialdemokraten ihren „Markus“ von Beginn dieser Kreiswahlkonferenz an in den Mittelpunkt stellen. Und „der Markus“ lieferte.

„Im Kreis einen Aufbruch wagen“

Intensiv streichelte er die vom Bundestrend arg lädierten Genossen-Seelen, präsentierte sich als „stolzes Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“, der Partei also, die wie keine andere für ein besseres und sozialeres Deutschland stehe. „Ich kann euch garantieren“, versicherte der 32-Jährige den Parteitagsteilnehmern: „Keine Umfragewerte der Welt werden mich dazu bringen, dieser stolzen Partei den Rücken zu kehren.“

Als er dann noch ankündigte, dazu animieren zu wollen, „im Kreis einen Aufbruch zu wagen“, dürften zumindest nostalgisch angehauchte Genossen sehnsüchtig an die großen SPD-Zeiten mit Willy Brandt und dessen „mehr Demokratie wagen“ gedacht haben. Ramers erinnerte daran, dass ihm beitragsfreie Kita-Plätze seit Jahren ein „Herzensanliegen“ seien – und das im Kreis ein erster Schritt dahin geschafft ist.

SPD will Beitragsfreiheit für Kitas

Wenn der politische Gegner dann aber von einer „Freibier-für-alle-Mentalität“ spreche, sei das „eine absolute Respektlosigkeit Familien gegenüber, die Tag für Tag versuchen, ihren Mann oder ihre Frau auf der Arbeit zu stehen.“

Jubel für den Chef: Die SPD-Mitglieder schickten Markus Ramers mit fast 100 Prozent in den Wahlkampf.

Jubel für den Chef: Die SPD-Mitglieder schickten Markus Ramers mit fast 100 Prozent in den Wahlkampf.

Den ein oder anderen Euro für diese Menschen in die Hand zu nehmen, habe nichts mit Freibier zu tun, „sondern sollte eine Selbstverständlichkeit im Kreis Euskirchen sein“. Den Namen seines Gegners nahm Ramers dabei nicht in den Mund, es wusste ohnehin wohl jeder im Saal, wer gemeint war: sein Gegner im Rennen um den Landratsschreibtisch am Jülicher Ring in Euskirchen, CDU-Landratskandidat Johannes Winckler, der der SPD zuvor mit dem Freibier-Vergleich vorgeworfen hatte, leichtfertig mit dem Geld der Kommunen umzugehen, die per Kreisumlage die Ausgaben des Kreises bezahlen müssten. „Ja“, hielt Ramers dem entgegen: „Wir wollen, dass dieser Kreis familienfreundlich ist, und deshalb wollen wir, verdammt noch mal, dass Kitaplätze beitragsfrei sind.“

Politik, die Menschen ermutigt und mitnimmt

Auch die AfD musste Ramers nicht beim Namen nennen. Die Genossen wussten auch so, wen er meinte, als er sagte: „Es könnte schwieriger werden in den Räten und im Kreistag, und es wird sich vielleicht das politische Klima ändern.“ Er hingegen wolle einen politischen Stil prägen, der die Menschen mitnehme und ermutige, sich klar für die Demokratie einzusetzen – gerade in Zeiten der Polarisierung.

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Das Vertrauen in die Demokratie werde nämlich weniger durch großstädtische Diskussionen über E-Roller gestärkt, sondern vielmehr über die Politik im Kleinen: also über pünktlich fahrende Busse, zuverlässig abgeholten Müll und nicht allzu lange Wege zum nächsten Arzt. „Wir alle kennen den Begriff Daseinsvorsorge, im Kreis Euskirchen wäre es vielleicht manchmal besser, von Dableibensvorsorge zu sprechen“, sagte Ramers.

Ramers will alle 294 Orte im Kreis besuchen

Es gehe nämlich darum, junge Menschen und Familien im Kreis zu halten und älteren Bürgern einen Lebensabend in Würde zu ermöglichen. Wirtschaftliche Stärke, Digitalisierung, Mobilität und eine sichere Pflege seien die Herausforderungen der nächsten Jahre.

Eine persönliche Herausforderung hat sich Ramers selbst gestellt: Bis zur Wahl werde er alle 294 Orte im Kreis besuchen. Hinter zwei Ortsnamen, Euskirchen und Steinfeld, konnte er schon am Samstagabend einen Haken machen. Noch 363 Tage hat er bis zur Wahl – inklusive Schalttag in 2020.

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