EVG will verhandelnGewerkschaft plant vorerst keine neuen Streiks

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Die Warnstreiks betrafen Pendler in ganz Deutschland

Die Warnstreiks betrafen Pendler in ganz Deutschland.

Köln – Die Folgen des Warnstreiks bei der Deutschen Bahn treffen die Pendler in Nordrhein-Westfalen auch nach dem offiziellen Ende. In NRW wurde zwischenzeitlich der komplette Zugverkehr eingestellt, wie die Bahn am Montagmorgen mitteilte. Sowohl bei Regionalverkehr wie auch bei den Fernzügen ging nichts mehr. Um kurz nach neun Uhr erklärte die Gewerkschaft EVG den Warnstreik für beendet. Seitdem läuft der Regional- und Fernverkehr so langsam wieder an. Doch mindestens bis zum Nachmittag ist weiterhin mit Problemen zu rechnen, teilte die Bahn mit.

Nach dem Warnstreik zeigt sich die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft wieder gesprächsbereit. „Wir sind bereit, ab morgen am frühen Nachmittag zu verhandeln“, sagte Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba am Montag in Berlin. Weitere Warnstreiks seien vorerst nicht geplant. Ob die Bahn ein neues Angebot vorgelegt habe, wollte Rusch-Ziemba nicht sagen. Als möglichen Verhandlungsort nannte sie Berlin. Die Gewerkschaft hatte die Verhandlungen am Samstag abgebrochen.

In Köln gibt es am Hauptbahnhof weiterhin Verspätungen

Den vierstündigen Warnstreik am Morgen nannte die Gewerkschaft einen vollen Erfolg. Mehre tausend Mitglieder hätten sich beteiligt, sagte Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal. „Es gab einen große Bereitschaft, weil es auch einen großen Unmut gab.“ Kritik am Ausmaß des Arbeitskampfes wies er zurück. „Wir halten den Warnstreik für verhältnismäßig.“ Die Aktionen seien zum großen Teil von den Mitgliedern selbst gesteuert worden.

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Seit etwa 10.15 Uhr hat sich auch der Betrieb am Kölner Hauptbahnhof weitgehend normalisiert. Zwar sind immer noch Züge angeschlagen, die eigentlich vor 9 Uhr fahren sollten, aber die werden nun nachgeholt. Die Infostände sind gut besucht – ebenso wie die Kaffeeausgaben, wie unser Reporter berichtet. Die Pendler sind größtenteils abgerückt. Die Verspätungen gehen in einzelnen Fällen bis 200 Minuten. Die heftigsten Verspätungen betreffen den Nahverkehr, weil der Fernverkehr vorgezogen wird.

Fernverkehr war bundesweit eingestellt worden

Bundesweit war der Fernverkehr eingestellt, in NRW ging im Nahverkehr ebenfalls lange fast nichts – seit dem Ende des Ausstands bemüht sich die Bahn darum, den Verkehr wieder zu regeln. „Ja es läuft langsam wieder an“, twitterte die Bahn. „Bis sich der Verkehr stabilisiert hat, wird es aber noch dauern.“ Nach Angaben eines Bahnsprechers werde sich der Nahverkehr frühestens am Nachmittag, der Fernverkehr erst am späten Abend normalisieren. Rund 25 Stellwerke in Nordrhein-Westfalen wurden bestreikt, darunter die wichtigsten Werke in Köln und Dortmund. „Das hat dann natürlich massive Folgen für alle", sagte ein Sprecher der Bahn.

Ärger über Informationspolitik der Deutschen Bahn

Am Kölner Hauptbahnhof fuhr seit dem frühen Morgen kein Zug, viele Eisenbahnen standen im Bahnhof – seit 9 Uhr sind die ersten Züge wieder vereinzelt unterwegs. Seit etwa 9.30 Uhr beginnt sich die Taktung der regionalen Zugverbindungen von Süden nach Norden etwas zu normalisieren. Die S-Bahnen und Regionalexoresse Richtung Niederrhein oder Ruhrgebiet fahren mit Verspätungen von teilweise mehr als 100 Minuten - und sind extrem voll. In der Gegenrichtung bewegt sich auf den Schienen bislang weiterhin nur sehr vereinzelt der Zugverkehr.

Vor dem Auskunftsschalter im Hauptbahnhof bildeten sich am Morgen lange Schlangen. Bahnmitarbeiter informieren Reisende, chaotische Zustände gebe es aber nicht, berichtet unser Reporter. Auch an anderen Haltepunkten im Stadtgebiet wie dem Bahnhof in Köln-Mülheim strandeten viele Reisende. Manche waren verärgert über die zum Teil spärlichen Informationen.

Erst am frühen Nachmittag sei eine Rückkehr zum normalen Fahrplan zu erwarten, betonte ein Sprecher der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). „Wenn der Fahrplan erst einmal durcheinander ist, dauert das eine Weile, bis alles wieder läuft.“ Die Gewerkschaft war auch in Köln mit einem Streikposten vertreten, vor dem Dom und im Hauptbahnhof versammelten sich mehrere Mitglieder.

Die EVG zeigte sich mit dem Streik zufrieden. „Die Wucht des Streiks macht deutlich, wie groß die Verärgerung der Kollegen darüber ist, dass weiter kein abschlussfähiges Angebot vorliegt“, sagte der Gewerkschaftssprecher. Sobald die Bahn schriftlich ein verbessertes Angebot vorlege, sei die EVG bereit, die Tarifverhandlungen wieder aufzunehmen.

In Nordrhein-Westfalen sind Hunderttausende Pendler im Berufsverkehr auf die Bahn angewiesen. Rund 2,4 Millionen Menschen sind täglich in NRW auf der Schiene unterwegs, die meisten davon im riesigen Ballungsraum zwischen Rhein und Ruhr. 

Auch der nagelneue Rhein-Ruhr-Express (RRX), der eigentlich erstmals werktags unterwegs sein sollte, war vom Warnstreik betroffen. Der private Bahnbetreiber Abellio vermeldete, Züge führen nur auf einem kleinen Stück der eigentlich angebotenen Strecke zwischen Kassel und Warburg. Abellio will künftig insgesamt 15 neue Züge auf der Linie RE11 zwischen Düsseldorf und Kassel einsetzen.

NRW-Autobahnen wegen des Warnstreiks überfüllt

Weil etliche Pendler auf ihre Autos umstiegen, um pünktlich ans Ziel zu kommen, sorgte der Warnstreik auch auf den Autobahnen für Chaos. Rund 420 Kilometer Stau und stockenden Verkehr meldete der WDR am Montagmorgen. „Die klassischen Pendlerstrecken in Richtung der Großstädte sind jetzt besonders voll“, sagte ein Sprecher von Straßen.NRW am Morgen. Pendler müssen auf mehreren Autobahnen mit einem Zeitverlust von bis zu einer Stunde rechnen.

Auf der A3 in Richtung Köln zwischen dem Kreuz Oberhausen und dem Kreuz Ratingen-Ost stockte der Verkehr am Morgen auf einer Länge von 30 Kilometern. Betroffen ist auch die A40 zwischen Bochum und Essen und die A4 Richtung Köln. Auf der A2 Richtung Dortmund stehen Autofahrer zwischen Veltheim und Kreuz Bad Oeynhausen sogar eineinhalb Stunden. Dort staut es sich auf 8 Kilometern wegen eines Unfalls.  

Bundesweit mit am stärksten betroffen ist der Zugverkehr in Bayern, in dem Bundesland wurde er bereits am frühen Morgen komplett eingestellt. Weitere Regionen würden voraussichtlich noch hinzukommen. Denn die Gewerkschaft hatte ihre Mitglieder in ganz Deutschland zum Ausstand aufgerufen und dabei keinen regionalen Schwerpunkt gesetzt. Die Bahn ging am Sonntag davon aus, dass es vor allem in NRW viele Einschränkungen geben würde.

Die Gewerkschaft EVG will ihre Forderungen durchsetzen

Der Grund des Warnstreiks: Die Gewerkschaft will damit im Tarifkonflikt mit der Bahn ihre Forderungen durchsetzen. Am Samstag hatte die EVG die Tarifverhandlungen für rund 160 000 Beschäftigte abgebrochen. Bei der Lohnerhöhung war der Konzern der Gewerkschaft aus deren Sicht nicht weit genug entgegengekommen.

Die Bahn empfahl Reisenden dringend, ihre Reisen auf den Dienstag zu verschieben. Alle Tickets behielten ihre Gültigkeit, Zugbindungen seien aufgehoben - auch für den Dienstag. Die Tickets im Fernverkehr bleiben demnach bis einschließlich Sonntag gültig. Für bestimmte Spartickets werde zudem die Zugbindung aufgehoben. Im Fall von Reiseabsagen wegen des Streiks sind Erstattungen von Tickets und Reservierungen geplant. (red/dpa)

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