Ex-Gemeindedirektor von Jüchen„RWE sichert sich Knebelbefugnisse“

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Herr Spelthahn, Sie bezeichnen den geplanten Vertrag zwischen dem Zweckverband Garzweiler und dem Energiekonzern RWE als „Maulkorbvertrag“. Warum?

Für wenig Geld sichert sich RWE Power weitgehend Einfluss auf die geschädigten Kommunen, die ihre Meinung nicht mehr ohne Aufpasser kundtun dürfen. Das nenne ich „Maulkorb“. Der Vertrag geht sogar so weit, dass RWE das Geld zurückverlangen kann, wenn der Zweckverband keine ordentliche Arbeit im Sinne von RWE abliefert. Hier wird minimales Geld ausgegeben, um sich Knebelbefugnisse zu sichern. Allein die laufenden Kosten für den Zweckverband betragen 400.000 Euro.

Warum lassen sich die Kommunen Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz darauf ein?

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Da muss ich die Kommunen in Schutz nehmen: Weil das Land sich aus der Verantwortung gestohlen hat. Es müsste regeln, wie es nach dem Ende des Tagebaus weitergehen soll. Jetzt sind die Kommunen gezwungen, sich mit RWE Power ins Bett zu legen. Und werden dazu noch aufgespalten. Nur die Städte Eschweiler, Bergheim und vor allem Grevenbroich profitieren von der Braunkohle, weil sie Kraftwerke auf dem Stadtgebiet haben.

Alle anderen Kommunen sind Opfer. RWE hat überdies gar keine Kompetenzen, was die Probleme der Kommunen in der Zeit nach dem Tagebau angeht.

Welche Interessen verfolgt RWE?

Vielfältige, die sich nur zum geringsten Teil mit denen der Kommunen decken. RWE ist vor allem daran interessiert, die Kommunen als Geiseln gegen den Ausstieg aus der Kohle zu nehmen. Die Tagebau-Kommunen sind wirklich geschädigt, was man oft vergisst, wenn man die schmucken neuen Dörfer nach der Umsiedlung sieht. RWE hat auf Bundesebene kaum noch Verbündete. Und nicht zuletzt: RWE Power ist eine Riesengrundbesitzer im Rheinland. Das den Bauern abgenommene Land soll gewinnbringend neu genutzt werden. Das ist oft im Gegensatz zu den Interessen der Kommunen. Es laufen doch jetzt schon die Verhandlungen mit den Kommunen, die dabei ganz alt aussehen. Den Reibach mit den Windkraftanlagen macht RWE Power – weder der Bauer noch die Kommune.

Wie müsste aus Ihrer Sicht eine saubere Lösung für die Zeit nach der Braunkohle aussehen?

Das Land müsste eine Fachagentur zur Gestaltung von Landschaften und zur Entwicklungsplanung einrichten, es muss die Kommunen finanziell unterstützen und sich das Geld bei RWE Power zurückholen. Die Kommunen stehen untereinander im Wettbewerb. Man kann ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass sie früher alle gemeint haben, mit RWE könne man das alles am besten regeln. Das hat RWE Power schon immer zu nutzen gewusst. So stehen auch jetzt nicht alle Kommunen zusammen gegen RWE Power, sondern Terra Nova, Indeland, Innovationsregion Rheinisches Revier und Zweckverband Garzweiler hält die Kommunen schön getrennt und RWE Power darf überall mitmischen.

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