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Frau vor den Zug gestoßenTäter von Voerde nach Angriff wohl nicht schuldfähig

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Voerde Bahnhof

Nach dem Todesstoß sind in Voerde Blumen und Kerzen aufgestellt worden (Archivfoto).

Voerde – An die Tat kann er sich offenbar nicht mehr erinnern. Er könne sich auch gar nicht vorstellen so etwas getan zu haben, beteuerte Jackson B. im Gespräch mit einem psychiatrischen Gutachter.  Dabei sind die Beweismittel gegen den in Deutschland geborenen Serben Jackson B. erdrückend. Diverse Zeugen schilderten den Ermittlern, wie der Endzwanziger an jenem Samstagmorgen, den 20. Juli eine 34-jährige Frau auf dem Bahnhof im niederrheinischen Voerde vor einen einfahrenden Regio-Zug stieß. Für die verheiratete Mutter einer 13-jährigen Tochter kam jede Hilfe zu spät.

Seitdem sitzt der mehrfach vorbestrafte Intensivtäter unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Dieser Zustand soll sich aber nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeiger bald ändern. Der mutmaßliche Bahnhofsmörder von Voerde/Westfalen leidet offenkundig unter einer schweren psychischen Erkrankung. Wie der Duisburger Staatsanwalt Alexander Bayer mitteilte, soll Jackson B. in eine geschlossene psychiatrische Anstalt überführt werden. „Ich habe heute einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht gestellt“, sagte der Behördensprecher.

Vorläufiges Gutachten erstellt

Dabei stützt sich der ermittelnde Staatsanwalt auf die vorläufige Expertise des psychiatrischen Gutachters. Dieser stellte bei Jackson B. offenbar eine schwere seelische Störung fest. „Es gibt daher starke Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte zur Tatzeit auf Grund seiner psychischen Probleme nicht voll schuldfähig ist“, führte der Staatsanwalt aus. Inwieweit dies zutreffe, müssten nun weitere Untersuchungen in einer psychiatrischen Klinik klären. Sollten die Analytiker und das zuständige Schwurgericht zu dem Schluss kommen, dass der mutmaßliche Mörder zum Zeitpunkt der Tat nicht schuldfähig wäre, droht ihm eine Unterbringung in einer Psychiatrie – womöglich lebenslang.

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Laut Bayer könnte die psychische Erkrankung vom jahrelangen Drogenkonsum herrühren. Der Beschuldigte sei früher heroinsüchtig gewesen und habe zeitweilig an einem Methadon-Programm teilgenommen.

Nach seiner Festnahme hatten die Ermittler Spuren von Kokainabbauprodukten in seinem Blut gefunden. Mittels weiterer Untersuchungen prüfen die Ermittler nun, ob der Delinquent zur Tatzeit unter Rauschgifteinfluss stand.

Teils fielen seine Angaben gegenüber dem Gutachter äußerst wirr aus. „Er hat zum Beispiel angegeben, dass er vor der Tat in Düsseldorf gewesen sei, und sich auf dem Heimweg befand, was er dort gemacht hatte, konnte er nicht genau sagen“, berichtete Staatsanwalt Bayer. Dies werde nun ermittelt.

Zwei Dutzend Einträge in der Strafakte von Jackson B.

Die Kriminalakte des Jackson B. enthält gut zwei Dutzend Einträge. Das Ausmaß reicht von Freiheitsberaubung über diverse Betrügereien, Diebstahl bis hin zu Körperverletzung, Drogendelikten und Widerstand gegen Vollzugsbeamte. Zeitweilig tyrannisierte der Hartz-IV-Empfänger mit seinem Bruder ein Dorf namens Brünen, einem Vorort der niederrheinischen Stadt Hamminkeln, in dem er ein Jahr lang bis zu seiner Tat lebte.

B. ist Vater von neun Kindern. Sieben stammen von seiner geschiedenen Ehefrau, zwei von seiner neuen Lebensgefährtin, die erneut schwanger ist. Die beiden Frauen haben nach Angaben der Staatsanwaltschaft von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht.

Der Fall in Voerde erinnert an den 40-jährige Mordverdächtigen vom Frankfurter Hauptbahnhof. Habte A. aus Eritrea, der jahrelang in der Schweiz ein unauffälliges Leben führte, schubste einen achtjährigen Jungen und seine Mutter vor einen einfahrenden ICE. Während die Mutter sich retten konnte, starb ihr Sohn.

Wie sich herausstellte litt der Tatverdächtige an einer paranoiden Schizophrenie. Da diese Erkrankung zu seiner Tat geführt haben kann, sei von einer verminderten Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Tatverdächtigen auszugehen, teilten die hessischen Strafverfolger mit. Weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle, wurde der Festgenommene in eine geschlossene Anstalt gebracht.  

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