Jugendlichen zu Boden gedrücktDie Folgen einer brutalen Festnahme

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Szene aus dem Video: Beamte fixieren jungen Mann per Knieeinsatz. 

Szene aus dem Video: Beamte fixieren jungen Mann per Knieeinsatz. 

  • Weil Düsseldorfer Beamte einen 15-jährigen Jugendlichen bei einem Einsatz mit körperlicher Härte auf dem Boden fixierten, steht die Polizei in der Landeshauptstadt in der Kritik.
  • Der Fall hat nun auch Konsequenzen für vier beteiligte Polizeibeamte.
  • Samy Charchira, Grünen-Kandidat für den Düsseldorfer Stadtrat, hat unterdessen mit dem Opfer gesprochen und erzählt, wie es ihm geht.

Düsseldorf – Anfang Juli begegnete Samy Charchira dem Ministerpräsidenten. Armin Laschet (CDU) überreichte dem Grünen-Kandidaten für den Düsseldorfer Stadtrat und Islam-Experten den Verdienstorden des Landes. Der Sozialpädagoge trage dazu bei, dass „aus dem Nebeneinander von Menschen verschiedener Herkunft und unterschiedlichen Glaubens ein Miteinander von Menschen werden kann, die in Nordrhein-Westfalen ihre Heimat haben“, begründete Laschet diese Auszeichnung.

Kürzlich erst monierte der Grüne in einem Interview, wie sehr das Ansehen der Polizei „unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund Schaden genommen“ habe. „Im Netz kursieren sehr viele Filme, auf denen Polizeigewalt zu sehen ist“, meinte Charchira. Und so verurteilte der Sozialpädagoge mit marokkanischen Wurzeln auch, was auf kurzen Internet-Clips vom umstrittenen Polizeieinsatzes in der Düsseldorfer Altstadt vom Samstagabend zu sehen war: „Dass Polizisten sich auf Kopf/Hals einer am Boden liegenden, bereits fixierten Person knien, kann nicht verhältnismäßig sein.“

Samy Charchira spricht mit dem Opfer

Die Videos zeigen, wie Beamte den 15-jährigen Jugendlichen Ali M. (Name geändert) nahe McDonald’s am Bolker Stern zu Boden brachten. Es ist nicht klar zu erkennen, ob ein Polizist mit seinem Bein seitlich den Kopf oder den Hals des Deutsch-Marokkaners niederdrückt. Letzteres wäre hierzulande strafbar. Solch eine Polizeiaktion hatte zum Tod des US-Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis vor drei Monaten geführt.

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Angesichts der Bilder empörte sich Charchira; er habe nun das Opfer Ali M. und seine Eltern getroffen, berichtet er, dem Jungen gehe es nicht gut: „Nach seiner brutalen Festnahme wurde er ins Krankenhaus eingeliefert mit Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades. Er erlitt mehrere Prellungen im Gesicht, am Schädel, im Becken, an der Brust- und Halswirbelsäule. Seine psychische Verfassung, aber auch die seiner Eltern ist prekär.“

Düsseldorf: Polizei ermittelt gegen vier Beamte

NRW-Innenminister Herbert Reul hatte am Montag umfassende Aufklärung zugesagt. Die rot-grüne Opposition erwartet für den Innenausschuss in zwei Tagen einen Bericht zu den Vorfällen. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen vier Beamte, die an der Festnahme beteiligt waren. „Dabei besteht zunächst einmal nur ein Anfangsverdacht“, sagte Behördensprecher Julius Sterzel. Als Hauptbeschuldigter gilt ein 29-jähriger Polizeikommissar, der auf den Videos den Delinquenten mit dem Bein am Boden hält.

Sein Bonner Anwalt Christoph Arnold bestreitet die Vorwürfe gegen seinen Mandanten: „Die Videos sparen die Vorgeschichte der Festnahme komplett aus, der Jugendliche hat zuerst auf die Beamten eingeschlagen und hat sie wüst beschimpft.“ Schließlich sei er mit einer erlaubten polizeilichen Einsatztechnik zu Boden gebracht worden, um ihn zu fixieren. „Komischerweise war er noch unverletzt, als er später die Wache im Beisein seiner Eltern verlassen hat. Hätte er über Schmerzen geklagt, hätte man ihn mit einem Krankenwagen in eine Klinik gefahren, hat er aber nicht“, erklärte Arnold.

Opfer mit mehreren Kriminalakten

Ähnlich schildert die Polizei in Duisburg, die aus Neutralitätsgründen den Fall untersucht, die Abläufe am Samstagabend: „Der 15-jährige Jugendliche hatte nach unserem Kenntnisstand auf dem Weg zur Wache nicht über irgendwelche Schmerzen geklagt“, sagte Polizeisprecher Stefan Hausch. Auf der Wache habe er einen klaren Eindruck hinterlassen.

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Auch soll Ali M., über den es mehrere Kriminalakten wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstählen und Sachbeschädigung geben soll, mit einem TV-Reporter Kontakt aufgenommen haben. Dabei sei keine Rede von körperlichen Schäden gewesen. Gegen ihn wird ermittelt wegen Widerstandes gegen Vollzugsbeamte. Derzeit werten die Ermittler die Überwachungskameras am Bolker Stern und bei McDonald’s aus. Von den Aufnahmen erhoffen sie sich Aufschluss über die Geschehnisse. „Ein Ergebnis steht noch aus“, sagt Staatsanwalt Sterzel. 

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