Auf Tuchfühlung mit dem Gegner

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Johanna Konrad und Christian Moritz zeigen Kendo.

Johanna Konrad und Christian Moritz zeigen Kendo.

  • Der Opladener Postsportverein stellte beim Budotag sein Angebot vor

Chiara und Mirco stehen sich gegenüber und verbeugen sich in ihren weißen Anzügen voreinander. „Judo ist ein sehr naher Sport. Wir gehen mit dem Gegner nicht auf Abstand“, erzählt Trainerin Sylke Stein währenddessen. Damit sich die Kinder nicht mehr davor fürchten, von dem Partner auf den Boden geschmissen zu werden, üben sie den Wurf. Chiara und Mirco machen einen Schritt aufeinander zu und stehen nun dicht voreinander. Beide halten sie sich am anderen fest. Chiara greift um und hebt ihren Gegner hoch. „Zuerst eindrehen, dann den Gegner aufladen, nach vorne ziehen und fallen lassen“, gibt Stein Chiara Anweisungen. Ihr Wurf sieht noch etwas verbesserungsfähig aus, aber der Junge fällt schließlich mit dem Rücken zuerst auf die blauen Matten. Chiara lächelt und die Besucher klatschen mit der Trainerin Sylke Stein.

470 Mitglieder

Die Vereinsmitglieder zeigten an diesem Tag nicht nur ihre Judo-Künste, sondern brachten den Besuchern auch weitere japanische Kampfsportarten näher. Der Opladener Postsportverein wollte so am Budotag in der Sporthalle des Landrat-Lucas-Gymnasiums auf sein Angebot aufmerksam machen und vor allem Nachwuchs finden. Das klappt dem Abteilungsleiter von Naginata, Andreas Nicol, zuofolge auch immer wieder. Insgesamt hat der Postsportverein 470 Mitglieder, wovon acht mit Nicol Naginata aktiv betreiben. Er bietet aktuell 13 Sportarten an. Der Verein ist in ganz Nordrhein-Westfalen der einzige, der die japanische Kampfsportart Naginata anbietet.

Früher trugen die Samurai, Fußsoldaten und buddhistische Kriegermönche die Waffe stets bei sich. Eine entsprechende Ausrüstung musste auch her.

Früher trugen die Samurai, Fußsoldaten und buddhistische Kriegermönche die Waffe stets bei sich. Eine entsprechende Ausrüstung musste auch her.

Auf diese seltene Sportart gekommen ist Nicol, nachdem er einige Zeit in Japan gelebt und sie dort mehrfach gesehen hatte. Als er nach Deutschland zurückkehrte, wollte er nicht mit dem Kampfsport aufhören und schloss sich dem Postsportverein an. „Ich mag es, zu kämpfen“, meint Nicol. Deshalb hatte er vorher auch schon den verwandten Kampfsport Kendo betrieben. Naginata ist eine Art japanisches Lanzenfechten aus der Zeit der Samurai. Die Waffe Naginata ist eine Stangenwaffe aus dem japanischen Mittelalter und sieht ein wenig wie eine Lanze aus. Sie ist mehr als zwei Meter lang und besteht aus einer Holzstange mit einer Schwertklinge am oberen und einer Spitze am unteren Ende.

Früher trugen die Samurai, Fußsoldaten und buddhistische Kriegermönche die Waffe stets bei sich. Modernere Waffen wie der Speer verdrängten die Lanze schließlich. Anfang bis Ende des 20. Jahrhunderts waren Naginata-Übungen fester Bestandteil der Schulausbildung von Mädchen. Deshalb üben überdurchschnittlich viele Frauen in Japan noch heute Naginata aus.

Im Training beim Verein erlernen Neueinsteiger zuerst die Grundlagen, also wie sie ihre Füße bewegen müssen und mit der Lanze umgehen sollen. „Der Sport ist so variabel, es gibt viele verschiedene Stellungen und Techniken. Das macht einfach Spaß“, findet Nicol. Da es nicht leicht sei, mit der langen Waffe umzugehen, rät es sich mit mindestens 16 Jahren anzufangen.

Etwas kleiner ist das Schwert bei Kendo. Ludger Fries leitet die mit mehr als 40 Mitgliedern größte Kampfsportabteilung des Vereins. Früher habe Fries Judo gemacht. Doch als er eine Verletzung am Knie hatte, wechselte er zu Kendo. „Hier verletzt sich fast nie jemand. Wir rollen ja nicht wie beim Judo auf den Matten“, erklärt er. Ähnlich wie beim Naginata kämpfen je zwei Personen mit einer Waffe, meistens einem Bambusschwert, gegeneinander. Wieder haben die Samurai die Sportart früher etabliert.

Beim Kendo gibt es mehrere Trefferflächen beispielsweise auf dem Kopf und am Unterarm. Doch es reicht nicht aus, den Gegner mit dem Schwert nur zu treffen. „Man braucht Körperspannung, eine gute Technik, muss die richtige Stelle treffen und darf den Kampfschrei dabei nicht vergessen“, sagt Fries. Wer dann am Ende zwei Punkte von den drei Schiedsrichtern erhält, gewinnt den Kampf. Er betreibt den Sport schon seit etwa 30 Jahren und nimmt an Wettkämpfen teil, um sich in einer richtigen Kampfsituation auszuprobieren. Zum Schutz tragen die Gegner immer eine Art Rüstung, die zwischen fünf und sechs Kilogramm wiegt. Bei der Sportart gehe es laut Fries nicht darum, möglichst heftig anzugreifen. Stattdessen müsse man immer auf den richtigen Moment warten. „Ich bin für alles selbst verantwortlich beim Kämpfen und kann die Schuld niemanden anderen geben“, findet Fries.

Die Mitglieder der Kendo-Abteilung trainieren jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Das Training für Anfänger findet dienstags von 17 bis 19 Uhr und samstags von 10 bis 12 Uhr in der Sporthalle der Rat-Deycks-Schule an der Haus-Vorster-Straße statt. Interessierte können einfach zum Training kommen. Die neue Anfängergruppe beim Naginata beginnt am Dienstag, 26. Juni, um 19.45 Uhr in der Sporthalle im Untergeschoss der Rat-Deycks-Schule mit dem Training. Dienstags von 16 Uhr an trainieren Judo-Anfänger ab sechs Jahren in der gleichen Halle. Kinder und Jugendliche sind immer freitags von 17 bis 18.30 Uhr dran. Von 18.30 bis 20 Uhr trainieren dann Jugendliche und Erwachsene. Mehr Informationen im Netz. www.post-sv-opladen.de

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