Burscheider sitzt in China festAngst um Familie wegen Coronavirus

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Mike Gutjahr mit seiner Frau Fiona und Sohn Dean

  • Mike Gutjahr aus Burscheid leitet eine Privatschule in der abgeriegelten Stadt Wuhan.
  • Mit seiner chinesischen Frau und Kind hält er sich nun bei den Schwiegereltern 2000 Kilometer entfernt auf.
  • Die Ärzte dort haben die Familie bereits untersucht. Zur Not bleibt den Gutjahrs nur die Ausreise.

Wuhan/Burscheid – Momentan könne man nur abwarten nur hoffen, dass sich das Virus nicht noch weiter ausbreitet, sagt Mike Gutjahr (43) und dass er doch erleichtert sei, Wuhan mit seiner Familie am Montag vergangener Woche verlassen zu haben, um das chinesische Neujahrsfest bei seinen Schwiegereltern im rund 2000 Kilometer entfernten Leshan zu verbringen.

Gutjahr stammt aus Burscheid und lebt seit fünf Jahren in Wuhan. Gemeinsam mit seiner chinesischen Frau Fiona (29) leitet er dort eine Privatschule, an der 400 Kinder zwischen fünf und acht Jahren Englisch lernen, in Kunst und Sport unterrichtet werden.

Viele Kranke Kinder in Wuhan

Wir erreichen Mike Gutjahr in Leshan per Telefon. „Wir hatten im Dezember schon überdurchschnittlich viele kranke Kinder in der Schule. Eines lag sogar im Krankenhaus“, sagt er. „Auch eine unserer Mitarbeiterinnen hatte sehr hohes Fieber. Ihr ging es aber recht schnell wieder besser.“

Am Tag nach der Ankunft bei den Schwiegereltern habe die Familie erfahren, dass Wuhan abgeriegelt wird. „Da sind wirklich alle in Panik geraten, weil niemand genau wusste, was eigentlich los ist.“ Eine Metropole mit elf Millionen Menschen von der Außenwelt abzuschotten sei selbst für chinesische Verhältnisse ungewöhnlich. „Ich stehe tagtäglich mit meinen Nachbarn und Freunden in Kontakt.“ Es gebe genügend zu essen, ein paar Supermärkte seien weiterhin geöffnet. Die Versorgungslage sei also nicht angespannt.

„Wir wissen im Moment gar nicht, wie es weitergeht“, sagt Gutjahr. Normalerweise müsse er seine Privatschule am 7. Februar wieder öffnen. „Das kann sich im Moment aber keiner vorstellen. Ich gehe davon aus, dass das mindestens zwei Monate andauern wird.“ Starke Einschränkungen gebe es auch in anderen Großstädten, so auch in Leshan, das mit 3,3 Millionen Einwohnern im Vergleich zu Wuhan relativ klein ist.

„Mein Freund hatte Sorge, wir könnten uns angesteckt haben. Wir hatten eher die Befürchtung, dass die Behörden kommen, weil sie wissen, dass wir aus Wuhan sind, und uns direkt ins Krankenhaus stecken. Die sind nämlich nicht die besten.“ Die Behörden riefen tatsächlich nach drei Tagen und schickten noch am gleichen Tag Ärzte, um bei der Familie Fieber zu messen.

Keine Informationen aus Wuhan

„Wie es in Wuhan weitergeht, darüber gibt es keinerlei Informationen. Wann die Geschäfte wieder aufmachen. Und die Schulen“, sagt Gutjahr. Er würde mit Sohn Dean (2) am liebsten „so schnell wie möglich nach Deutschland ausreisen. Meine Frau macht sich natürlich Sorgen um ihre Familie und möchte lieber hierbleiben.“ Er wolle aber auch keine Gefahr für Deutschland darstellen. „Ich werde mindestens noch eine Woche hierbleiben, bis ich sicher bin, dass ich mich nicht angesteckt habe.“ Dazu sei das Risiko zu groß, andere anzustecken. Über das Virus sei zu wenig bekannt. Gutjahr hat Kontakt zum deutschen Konsulat aufgenommen in der Hoffnung, im Ernstfall mit der ganzen Familie nach Deutschland fliegen zu können. Man werde vom Konsulat gut unterstützt. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in eine solche Situation komme, in der ich um mein Leben und das meiner Familie bangen muss“ , sagt Gutjahr. Er sei wegen des Virus aber sehr vorsichtig geworden. „Wenn ich das Haus wirklich mal verlasse, nutze ich nicht mal den Fahrstuhl.“ Ein weiteres Problem: Seine Frau Fiona hat ihren Reisepass in Wuhan gelassen und sieht derzeit keine Möglichkeit, das Dokument nach Leshan bringen zu lassen.

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„Wenn man das Land kennt, weiß man, wie viel positive Energie in den Menschen steckt.“ Gutjahr hat sich Videos aus Wuhan angeschaut, auf denen Menschen sich aus Hochhausfenstern lehnen, sich gegenseitig Mut machen: „Komm schon Wuhan! Du schaffst das.“ Das habe ihn sehr beeindruckt. „Die Menschen hier sind einfach supertoll.“

Dennoch dürfe man die Gefahr nicht unterschätzen. „Die Regierung versucht natürlich, das alles ein bisschen einzudämmen und unter Kontrolle zu halten. Ich denke auch, dass viele Zahlen verschwiegen werden.“ Die Krankenhäuser in Wuhan seien völlig überfüllt, weil viele verunsichert seien und vorschnell in die Kliniken gingen.

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