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DiepentalNach dem Mord kam der Bau der Talsperre

Lesezeit 4 Minuten
Familie Valdor 1937 im Wochenendhaus.

Familie Valdor 1937 im Wochenendhaus.

Leichlingen – Buchtitel wie „Das Stiftsfräulein“ waren auch zu Zeiten der Autorin Annette von Droste-Hülshoff kein Verkaufsschlager. Als sie sich aber mit ihrem jungen Bekannten Levin Schücking zusammentat und an seinem Thriller „Eine dunkle Tat“ beteiligte, sah die Sache schon anders aus.

Einzug in die Literaturgeschichte

Der Stoff war überliefert und das Datum des Mordes am 25. März 1798 lag bereits einige Jahrzehnte zurück. Droste-Hülshoff und Schücking sorgten dafür, dass er in die Literaturgeschichte einging. Ereignet hatte sich die Bluttat in Diepental. Im Bürgerhaus am Hammer herrschte am Dienstagabend Gluthitze. Trotzdem war der Saal gut gefüllt, denn der Bergische Geschichtsverein, Abteilung Leverkusen-Niederwupper, zeigte in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Leichlingen und der Stadtgeschichtlichen Vereinigung Leverkusen die wechselvolle Geschichte vom Rittersitz zur Ausflugsstätte auf. Andreas Philipp von Katterbach hatte seinen Schwager umbringen lassen. Doch dass die Herren von Diepental im Clinch mit der Verwandtschaft lagen, war nicht neu, wie der Leverkusener Historiker Günter Junkers eindrucksvoll darlegte.

Vor dem Kloster entführt

Heinrich von Katterbach zum Beispiel wollte nach dem Tod seiner Frau, die Tochter Katharina ins Kloster stecken, um an ihr Erbe zu gelangen. Ihr Liebhaber wusste das durch eine Entführung zu verhindern. Die Burg, der Rittersitz, wurde nach dem Verkauf an die Ratinger Unternehmerfamilie Brügelmann 1806 abgerissen, da sie marode war. Zuerst einmal wuchs ein Garten auf dem Gelände.

Quaken der Frösche störte

Die Besitzer wechselten. 1820 kaufte der aus Pattscheid gebürtige Heinrich-Leopold Ohligschläger Diepental, um dort seine Sommerresidenz einzurichten. Wie Leichlingens Stadtarchivar Marc Sievert jedoch erklärte, „schreckte den Bauherrn das Gequake der Frösche“ ab. Womöglich habe er sich aber auch finanziell übernommen. Zwischenzeitlich gehörte das Gelände einem Opladener Brauereibesitzer, bis 1898 August Halbach den Kaufvertrag unterschrieb.

Sievert bezeichnete Halbach als „Glücksfall für Diepental“, denn er kaufte Gelände in Grünscheid und Rosenthal hinzu und zog aus Unterwietsche nach Diepental, um sein neu erworbenes Anwesen wirtschaftlich voranzubringen. Schon bald folgte der Bau der Talsperre samt Stromproduktion. Endgültig abgeschlossen waren die Arbeiten nach 25 Jahren im Jahr 1929.

Potenzial zum Ausflugsziel

Bötchenfahren zählte bald zu den Attraktionen, der Arbeiter- sowie der Diepentaler Schwimmverein wurden hier heimisch und als 1909 rund 12 000 Besucher kamen, um im idyllischen Fleckchen Kaisers Geburtstag zu feiern, dürfte das für Halbach der Beweis gewesen sein, dass das Potenzial eines Ausflugsziels gegeben war.

Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Ernst Halbach Diepental von seinen Eltern und investierte in die Infrastruktur, baute erst klein, dann groß und holte sich die Genehmigung der Behörde schon einmal nachträglich ein. Der Wirtschaftskrise zum Trotz wurde Diepental kontinuierlich ausgebaut, Bootshäuser und ein Nichtschwimmerbassin entstanden sowie ein Rondell, das ursprünglich als Tanzfläche geplant war und später von der Musikkapelle genutzt wurde. Als Anfang der 1930er-Jahre die Gäste aufgrund fehlender Kaufkraft ausblieben, beantragte Halbach eine transportable Trinkhalle. Er investierte in Garagen und die Kegelbahn und ließ Stadtbewohner „wilde Wochenendhäuser“ bauen, die anfangs rund 60 Quadratmeter maßen, mit Ausbauten später bis zu 200 Quadratmeter groß wurden. Auch Luftschutzbunker machten Diepental als Zufluchtsort attraktiv. Die Nazis beschlagnahmten vorhandene Fremdenzimmer für Fliegergeschädigte und wie Reinhold Braun, Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Leverkusen-Niederwupper, darlegte, fiel eine Bombe in den See, eine weitere traf ein Wochenendhaus. Braun beleuchtete die Phase der Nachkriegszeit bis heute. Auch seine eigenen Erlebnisse als Kind und junger Mann zeigten, dass Diepental als Ausflugsort für Familien, Betriebsfeiern oder Klassenfahrten eine feste Größe nicht nur für Nachbarn aus Bergisch Neukirchen und Leichlingen war und ist, auch Gäste aus Frankreich, England oder den Niederlanden kamen regelmäßig, um zu campen, zu wandern, zu schwimmen, zu angeln oder die Gastronomie zu genießen. Braun gab zum Ende einen Ausblick auf die Zukunft. Investor Winfried Leßmann, Arzt aus Opladen, wohnhaft in Leichlingen, stellte ihm Entwürfe des Architekturbüros Rotterdam Dakowski zur Verfügung. Vieles was in Diepental Tradition hat, wie das Schwimmen, die Geselligkeit, ja sogar Eislaufen im Winter, Kultur. Musik und Ausstellungen, will der Investor wiederbeleben.

L-förmiger Neubau

Das jetzige Ausflugslokal soll abgerissen werden, einem L-förmigen Neubau weichen. Ein Marktplatz für Vereinsfeste soll kommen und den rondellartigen Kiosk wollen die Planer ebenfalls wieder aufgreifen. Die Seen sollen im Zuge der Renaturierung verschwinden, der verrohrte Murbach wieder sein Bett erhalten. Das forderte der Wupperverband, nach dem klar geworden war, dass die Talsperre so wie bisher nicht mehr zu erhalten ist. Stillwasser in Form verschiedener Tümpel könnte die Besucher künftig zum Wassertreten einladen. Und es soll einen Hotelkomplex geben.

Hofladen und Vinothek

Die Messestädte Köln und Düsseldorf sind nicht weit und Diepental könnte laut Braun ein „alternatives Angebot für die Seele bieten.“ Ein Gesundheitszentrum schließe der Investor aus. Die Pläne wurden bereits der Leichlinger Stadtverwaltung vorgestellt und das Füllhorn der Ideen ist vom Hofladen über die Vinothek bis hin zum Weihnachtsmarkt bereits reich gefüllt.

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