Herbert Reul in BurscheidEine Liebesbekundung zur Demokratie

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Der frühere Lehrer Herbert Reul traf bei der Senioren-Union auch auf ehemalige Schüler.

Der frühere Lehrer Herbert Reul traf bei der Senioren-Union auch auf ehemalige Schüler.

Burscheid – Den Tag der Deutschen Einheit begeht die Senioren-Union Burscheid jährlich mit einem Festakt – diesmal war NRW-Innenminister Herbert Reul geladen. Der CDU-Politiker war nicht nur von 1985 bis 2004 im Landtag und bis 2017 dann im EU-Parlament tätig – er war außerdem früher der Sozialwissenschaftslehrer einiger Gäste. Reul erzählt, er hätte damals gedacht, nach ein paar Jahren im Landtag würde er wieder zur Schule in Wermelskirchen zurückkehren.

Dann stellt er eine Frage, die jeder wohl schon oft gehört hat: „Wo waren Sie am 11. September 2001?“ Jeder könne darauf eine Antwort geben, aber die für den heutigen Tag entscheidende Frage würde leider viel seltener gestellt: „Wo waren Sie eigentlich am 9. November 1989?“ Und was bedeutet dieser Tag für die heutige Zeit?

Vergleiche zur DDR

Aus Hongkong höre man aktuell immer wieder von den Protesten für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Hierzulande werde das alles immer seltener wertgeschätzt, konstatiert Reul. Im Gegenteil, es gebe eine aufkommende sogenannte „Ostalgie“: Die Sehnsucht nach den Zuständen in der DDR. In Goslar gebe es beispielsweise, ebenfalls anlässlich des Tags der Deutschen Einheit, eine Ostalgie-Party. Warum, stellt Reul die Frage. Viele Menschen sähen vermutlich die Wahrheit nicht. Die Augenzeugen des Zweiten Weltkrieges verschwinden. Viele Bundesbürger seien durch die vielen Umbrüche, die gerade stattfinden würden, verunsichert – und suchten nach etwas, an dem sie sich festhalten könnten.

Alles zum Thema Herbert Reul

Die Alternative für Deutschland (AfD) setze ahistorische DDR-Vergleiche ein, um diese Angst für sich zu nutzen; „ein Okkupieren des Guten für ein schräges Anliegen“, so formuliert es der Innenminister. Dazu entstünden immer mehr extreme Gruppen, die den demokratischen sozialen Rechtsstaat gefährdeten oder schlechtredeten.

Senioren im Fokus

Reul wird eindringlicher: „Ich dachte, wir würden mit dem Thema nie wieder etwas zu tun haben, dachte, das wäre in Deutschland durch!“ Umso wichtiger sei es nun, sich dagegen zu wehren. Er setze hier auch auf die Senioren-Union – die Mitglieder, die Ältesten, sollten nicht vergessen lassen, was war. Man müsse auch über Parteigrenzen hinaus Debatten führen, und die Demokratie verteidigen, damit sie eben nicht mehr zu einer selbstverständlichen Sache degradiert werde.

Von den „Weltuntergangsszenarien“ einer Greta Thunberg will Reul nichts wissen. Sie hätten eine Welt erschaffen, die bessere Lebenschancen für die heutige Jugend böte als je zuvor. Dazu gibt es Applaus im Saal. Auch die Differenzen zwischen West- und Ostdeutschland möchte der Innenminister beilegen. Die durchschnittlichen Gehälter beider ehemaligen Teile Deutschlands glichen sich immer stärker an, und das Schrumpfen der ländlichen Regionen sei kein reines Ost-Problem. In puncto Infrastruktur gehe es dem Osten durch jahrelange Investitionen sogar besser als dem Westen. Ein Unterteilen und ein Sprechen von „wir“ und „ihr“ sei beschämend. Das feierliche Treffen der ältesten CDU-Mitglieder im Rheinisch-Bergischen Kreis im Festsaal des Hotels Schützenburg war mit knapp 100 Mitgliedern gut besucht.

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Die Lokalpolitik war mit Landrat Stephan Santelmann, Burscheids Bürgermeister Stefan Caplan und Erika Gewehr, CDU-Vorsitzende des Kreises, ebenfalls vertreten. Für die Musik war der Orchesterverein Hilgen zuständig. Die Hilgener spielten Schunkel-Stücke wie den „Egerländer Musikantenmarsch“ oder „Ein Lied aus der Heimat“.

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