Linden-Passage BurscheidDie lange Durststrecke fordert ihre Opfer

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Petra Tillmanns schließt ihre Schnatterhütte. Ein Nachfolger war nicht zu finden.

Petra Tillmanns schließt ihre Schnatterhütte. Ein Nachfolger war nicht zu finden.

Burscheid – Ein Dekoteil mit der Aufschrift „Herbst“ steht im leeren Regal und darunter gibt es noch Wolle für Stricksocken. Bis Mittwoch, 20. März, muss alles raus aus der „Bergischen Schnatterhütte“ von Petra Tillmanns. Denn sie gibt ihr Wollparadies in der Lindenpassage auf. Wehmut, ein lachendes und ein weinendes Auge bewegen die Geschäftsfrau, die so umtriebig ist, dass sie außer im Geschäft auch auf den Wochenmärkten ihre Wolle verkauft. Aber nächste Woche ist auch damit Schluss.

Treffpunkt und Infobörse

Als wollten sie das Rad zurückdrehen, kommen die Teilnehmerinnen ihrer Handarbeits-Workshops so getreu an den gemütlichen Verkaufstisch, dass es dem Besucher in der Seele wehtut. Mehr als nur ein Geschäft, eine Informationsbörse ist die Schnatterhütte, ein wahrer Seelsorgebereich und nach Überzeugung von Mitarbeiterin Ludgera Haas müssten eigentlich auch die Krankenkassen das Stricken bezuschussen. Denn:„Wenn die Hände in Bewegung bleiben, ist das gut“, weiß sie.

Doch so sehr sich die Damen mit ihrem Elan auch bewegen, sie sind gegen den Trend von Geschäftsaufgaben- oder Abgaben in der Stadt machtlos, der auch andernorts sichtbar wird. Gegenüber der Schnatterhütte ist der Kiosk mit Postdienstleistung. Und als solcher wird er bei Ebay seit Anfang Februar bezeichnet, wenn es darum geht, einen Nachfolger zu finden.

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Nachfolger gesucht

Eine Institution ist der Schreibwarenladen Grunert und Schluck an der Hauptstraße 2. Auch für diesen wird bei Ebay-Kleinanzeigen ein Nachfolger gesucht. „Die hatten immer den Slogan: Was es bei uns nicht gibt, das brauchen Sie auch nicht“, freut sich Haas. Dass ein solches Geschäft aufgebe, sei mehr als traurig. Über 50 Jahre gibt es das kleine Kaufhaus, das auf 34 Quadratmetern sämtliche Schätze vom Klebstoff über Tinte, Tonspatzen und Gummi-Dinosaurier bis zu Kondolenzkarten so ziemlich alles im Sortiment hat.

Auf Karnevalsartikel gibt es bis zu 70 Prozent Nachlass. Dann reagieren die Kunden noch. Aber im Vergleich zu früher geben sich viel weniger Burscheider im Schreibwarenladen die Klinke in die Hand. Das dürfte dem Internethandel, Schreibwarenoffensiven der Discounter, aber auch der langen Baustelle auf der Hauptstraße zuzuschreiben sein.

Warten auf den Aufschwung

Auch wenn das Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept (IEHK) der Innenstadt frischen Wind verspricht, ist die Durststrecke für manchen doch offenbar zu lang. Zumal sich die Bauarbeiten verzögert haben.

„Burscheid tut sich schwer. Womöglich will man hier so etwas wie einen Kurort aufziehen“, sagt Tillmanns. Ein Dorn im Auge sind den Händlern der Lindenpassage die Pläne für die Montanus-Arcaden. Die lassen mangels Investor auf sich warten – und die Drogerie, die bei den Burscheidern ganz oben auf ihrer Wunschliste steht, auch. Im bald leerstehenden Ladenlokal der Schnatterhütte wäre Platz für einen Drogeriemarkt. Doch ist die Verwaltung peinlich darauf bedacht, dass der Einzelhandel in den Zentren feste Plätze hat und es keine Konkurrenz-Zentren gibt.

Furcht vor einer Geisterstadt

Vergleiche zur Leverkusener City C, einer Geisterstadt aus den Gründerjahren des neuen Leverkusener Zentrums, ziehen die Besucherinnen der Schnatterhütte. So könnte es bald auch in der Lindenpassage aussehen, fürchten sie, die gar nicht so schlecht sei. „Da gibt es die Treppe hoch ganz viele Parkplätze auf dem Deck, das sind nur wenige Schritte“, sagt Haas. „Aber womöglich sind dafür auch noch einige zu faul.“

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