Neue Volkspartei?Grüne ziehen im Rheinisch-Bergischen Kreis an SPD vorbei

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Ellenbogen-Glückwunsch nach Überholmanöver: SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn gratuliert Grünen-Fraktionschefin Ursula Ehren zum Kreistagswahlergebnis.

Ellenbogen-Glückwunsch nach Überholmanöver: SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn gratuliert Grünen-Fraktionschefin Ursula Ehren zum Kreistagswahlergebnis.

  • Grüne im Höhenflug: Guido Wagner bewertet die Ergebnisse aus dem Kreistag.

Rhein-Berg – Der Glückwunsch mit dem Ellenbogen war spontan und von SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn durchaus herzlich gemeint – auch wenn ihm ebenso wie der Grünen-Fraktionschefin Ursula Ehren, der er gratulierte, am Sonntagabend erst langsam klar wurde, was die einen verloren und die anderen gewonnen hatten. Bis auf Leichlingen, Burscheid und Wermelskirchen haben die Grünen überall die SPD als zweitstärkste politische Kraft abgelöst.

Von Jubel oder gar Überheblichkeit ist bei den Verantwortlichen aber nichts zu spüren. Im Gegenteil: „Jetzt fängt die Arbeit erst richtig an“, sagt Roland Rickes, der mit Ehren die von acht auf 17 Köpfe vergrößerte grüne Kreistagsfraktion anführt. Mit welchem Partner? Keine Frage. Bereits am Dienstag war ein erstes Gespräch mit der CDU.

Elf von 70

Ergebnisse der Kreistagswahl aus Leichlingen in Prozent: CDU 36,9 / SPD 23,8

Alles zum Thema Klimawandel

Grüne 20,4 / FDP 4,3 / Linke 2,8 FW 1,1 / AfD 4,7 und aus Burscheid: CDU 35,4 / SPD 21,1

Grüne 16,9 / FDP 4,2

Linke 2,6 / FW 2,7 / AfD 4,3.

In allen drei Leichlinger Kreistagswahlbezirken haben die Direktkandidaten der CDU gewonnen: In den neuen Kreistag ziehen damit Kevin Knoll, Christopher Schiefer und Katharina Bischof ein. Für die SPD kommt über die Reserveliste die Leichlinger Parteivorsitzende und Ratsfrau Roswitha Süßelbeck in den Kreistag. Für die Grünen bekommen über die Reserveliste Jürgen Langenbucher und Manuela Hübl einen Platz im Kreistag, die ebenfalls beide auch dem Stadtrat angehören. Für die FDP wird Stefan Wilming Kreistagsmitglied.

In Burscheid haben die aus dem Rat ausgeschiedene Erika Gewehr und Bernhard Hausberg für die CDU die beiden örtlichen Kreiswahlbezirke ebenfalls direkt gewonnen. Für die SPD rückt über die Reserveliste ihrer Partei Heike Engels in den Kreistag von Rhein-Berg ein, für die Burscheider Grünen ist Ratsfrau Sabine Wurmbach dort vertreten. (hgb)

„Ein paar Sachen müssen wir noch artikulieren, aber in der Summe sind wir klar“, sagt Rickes. Er ist erleichtert, dass CDU-Fraktionschef Johannes Dünner, der sein Kreistagsdirektmandat in Odenthal ausgerechnet an einen Grünen verloren hatte, über die Reserveliste der Christdemokraten noch in den Kreistag gekommen ist. „Es kommt ja schon auf die handelnden Personen an“, sagt Rickes, „und bei uns passt es einfach auch menschlich.“ Dünner freut sich über die freundlichen Meldungen von der Grünen-Spitze, aber auch von Gerhard Zorn und zeigt sich bescheiden. Dabei lässt er keinen Zweifel daran, dass es Schwarz-Grün bei einer angestrebten weiteren Koalition auch künftig um breite Mehrheiten für Projekte wie Mobilität oder Klimaschutz gehen wird.

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Auch CDU-Kreisparteichef und Fraktionsvize Uwe Pakendorf nimmt Orte wie Odenthal, Gladbach und Rösrath in den Fokus, in denen seine Partei, die im Kreistag 27 Sitze verteidigen konnte, „Ausreißer nach unten“ verzeichnete. Seine Analyse: „Die Wähler schauen ganz intensiv auf die eigene Scholle.“ Wenn es bei Diskussionen um Baugebiete oder Flächennutzungsplan zu wenig „ergebnisoffene Bürgerbeteiligung“ und die Suche nach echten Kompromissen gebe, drohe eine Klatsche. „Diesmal sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen.“ Nach den 37,25 Prozent seiner Partei bei der Kreistagswahl will er „wieder 40 plus X anpeilen“.

Werte, die für die SPD, die im Kreistag mit einem Wahlergebnis von 18,8 Prozent künftig auf drei ihrer bisher 16 Sitze verzichten muss, aktuell utopisch wirken. So blicken die Verantwortlichen im Kreis lieber auf das „Erfolgsmodell“ der „Ampel“ mit Grünen und FDP, das in Bergisch Gladbach Frank Stein (SPD) gleich im ersten Wahlgang den Sieg als Bürgermeister hat einfahren lassen.

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