Prozess um Partyabend in BurscheidSchilderung des Zeugen macht Gericht stutzig

Lesezeit 3 Minuten
landgericht_köln_symbolbild

Das Landgericht Köln

  • Der Prozess um den eskalierten Partyabend im Meisenweg wurde fortgesetzt.
  • Die Kammer hatte Zweifel an den Zeugenaussagen, vieles passte nicht zusammen.
  • Wer spricht nun die Wahrheit und wer will wen decken?

Burscheid – Beim Prozess gegen Jannis M. hat die Kammer am Landgericht Köln am Mittwoch um die Frage gerungen, wer die Wahrheit spricht. Wessen Erinnerungslücken sind nur vorgetäuscht? Gab es Absprachen unter den Zeugen? Und welche Motive hätten sie, dem Angeklagten Jannis M. zu schaden? Am zweiten Verhandlungstag sollte das Urteil fallen. Es geht um einen Vorfall im November vergangenen Jahres: Jannis M. hatte auf dem Weg zu einem Club in Burscheid Lukas S., Micha K. und einen unbekannten vierten Mann getroffen. Die Gruppe beschloss, den Abend in einer Wohnung im Meisenweg fortzuführen. Dort lebt der Angeklagte bei dem befreundeten Sebastian H. zur Untermiete.

Das könnte Sie auch interessieren:

Es wurde Shisha geraucht, Drogen und Alkohol machten die Runde. Aber schnell kippte die Stimmung. Jannis M. soll ein Messer gezückt, die Gäste bedroht und von Lukas S. und Micha K. ihre Handys und Geld verlangt haben. Angeblich verschloss er die Wohnungstür und zündete im Waschbecken ein Feuer. Lukas S. soll wegen der Rauchentwicklung ohnmächtig geworden sein. Micha K. konnte durch ein Fenster im Badezimmer fliehen, so die Aussage der beiden Zeugen.

Vorwürfe bestritten

Jannis M. habe sich der schweren räuberischen Erpressung und Freiheitsberaubung schuldig gemacht, so die Anklage. Er selbst bestreitet die Vorwürfe. Am zweiten Verhandlungstag wachsen in der Tat Zweifel, ob sich die Nacht im Meisenweg wirklich so zugetragen hat, wie von den Zeugen geschildert. „Die Parfüms und Deos standen am nächsten Tag noch so herum, wie ich den Raum verlassen hatte.“ Diese Aussage des Zeugen Sebastian H. macht die Kammer stutzig.

Denn wenn es zu einer Flucht durch das Fenster kam, müssen Creme und Co verrückt worden sein. Auch Rauchgeruch oder Brandspuren im Bad kann Sebastian H. nicht bestätigen. Wie viele Treffen gab es nach dem Abend im November noch zwischen ihm und Jannis M.? Und was weiß Sebastian H. darüber, dass Geld gestohlen worden sein soll? Der 17-Jährige erinnert sich zuerst nicht, räumt dann ein, doch öfter noch mit dem Beschuldigten gesprochen zu haben. Sebastian H. schwankt, widerspricht sich, schiebt Informationen nach.

Die Kammer diskutiert

„Die Angaben des Zeugen und des Angeklagten sind nicht übereinzubringen“, konstatiert der Vorsitzende. Die Kammer ringt und diskutiert. Der Richter sieht auch in den Aussagen der anderen Zeugen Widersprüche, aber es fehlt das Motiv. Und: „Wann sollen sich die Zeugen abgesprochen haben? Kann man das so glaubhaft transportieren, über Polizeigespräche und Hauptverhandlung hinweg?“

Dem Angeklagten Jannis M. fällt es schwer, sich nicht zu den Vorwürfen und Aussagen des Zeugen zu äußern. „Darf ich etwas sagen“, fragt er in Richtung des Vorsitzenden. „Absolut nicht. Wir haben uns doch bisher gut verstanden“, so die Antwort und Mahnung des Richters. „Ich habe nicht mit einem Messer gedroht, ich habe nichts gemacht. Ich stehe immer zu den Taten, wenn ich vor Gericht bin“, redet sich der Beschuldigte in Rage. Er könne sich als Mensch nicht mit dem in Verbindung bringen, was ihm vorgeworfen werde, sagt er. Ein Gutachter bestätigt eine schwere Suchterkrankung des Angeklagten, er sehe aber für Jannis M. die Chance eines „guten Behandlungserfolges“.

Durch einen Vorfall am Landgericht wurde die Verhandlung unterbrochen: Es wurde am Mittwochnachmittag geräumt, nachdem sich im Gebäude eine tonnenschwere Platte gelöst hatte und in einen Saalbereich gekracht war. Das Urteil wird im Juli erwartet.

KStA abonnieren