Corona-Krise in LeverkusenSoldaten im Gesundheitsamt, Stadt sucht Freiwillige

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Ein Corona-Testzentrum befindet sich am Klinikum und wird vom Anbieter Synlab betrieben.

Ein Corona-Testzentrum befindet sich am Klinikum und wird vom Anbieter Synlab betrieben.

Leverkusen – Im Altenheim der Arbeiterwohlfahrt an der Tempelhofer Straße droht ein Notstand. Am Freitag seien 36 Bewohner in einen eigens eingerichteten, isolierten Bereich verlegt worden, sagte Axel Zens, Geschäftsführer der Awo. Das sei nach dem Corona-Ausbruch notwendig geworden. Derzeit seien zehn Personen dort „sicher infiziert“, fünf weitere zeigten Symptome einer Erkrankung mit dem Virus, fünf seien positiv getestet, und 14 Beschäftigte hätten sich krank gemeldet. Die Lage sei schwierig: Unter den Pflegern seien eine ganze Reihe nicht bei der Awo angestellt, sondern bei Zeitarbeitsfirmen. Diese Mitarbeiter „weigern sich mehr oder weniger, die Infizierten zu betreuen“. Es fehle jetzt eklatant an Personal in der Einrichtung, die seit Wochenbeginn niemand mehr besuchen darf.

Im Krisenstab der Stadtverwaltung geht man davon aus, dass die Lage in dem Awo-Heim kein Einzelfall bleiben wird angesichts der weiterhin rapide steigenden Zahl von Corona-Infektionen. Am Freitag fiel zwar der Leverkusener Inzidenz-Wert leicht auf 185,7, aber eine Trendwende sei das wohl noch nicht, sagte Martin Oehler, der Leiter des Gesundheitsamtes. Der Teil-Lockdown, zum Wochenbeginn verhängt, entfalte „noch keine Wirkung“, unterstrich Andrea Deppe. Die Baudezernentin leitet in dieser Woche turnusgemäß den Krisenstab im Rathaus.

Aufruf an die Bevölkerung

Weil auch anderswo jederzeit ein Pflegenotstand ausbrechen kann wie im Awo-Heim, ruft die Stadtverwaltung Freiwillige auf, sich zur Verfügung zu stellen: Wer eine Ausbildung zum Pfleger, Sanitäter oder eine vergleichbare Qualifikation hat und Zeit erübrigen kann, möge sich bei der Stadtverwaltung melden. Details gibt es hier:

https://recruitingapp-5165.de.umantis.com/Vacancies/1526/Description/1

Not hat auch das Gesundheitsamt. Obwohl sie schon mehrfach aufgestockt wurde und nun 40 Personen stark ist, kann die Mannschaft dort die Infektionsketten nicht mehr nachhalten. Am Mittwoch erging ein Hilferuf an die Bundeswehr, der am Freitag erhört wurde. Die an der Küste in Nordholz stationierte Fliegerstaffel schickt 20 Soldaten. Ab dem 11. November helfen sie bei der Kontaktverfolgung von Corona-Erkrankten und verstärken die im Barmer Haus angesiedelte und mit Kräften aus der gesamten Stadtverwaltung verstärkten Einheit.

Infektionsverfolgung klappt kaum noch

Die Sondereinsätze im Medizinischen Dienst „haben für mich absolute Priorität“, sagte Oberbürgermeister Uwe Richrath. Der Schutz der Bevölkerung in der Pandemie gehe vor. Die personellen Umschichtungen im Rathaus könnten allerdings bedeuten, „dass wir anderswo langsamer werden“.

CDU Kritisiert Dezernent Lünenbach

Scharfe Kritik am Verhalten des Sozialdezernenten Alexander Lünenbach übt die CDU im Stadtrat: Der Sozialdezernent hat am späten Montagnachmittag an einer Sitzung der Bezirksvertretung Köln-Mülheim teilgenommen, in die er für die SPD gewählt wurde. Zu dieser Zeit tagte noch der Leverkusener Rat; zur Sitzung war Lünenbach anfangs per Video zugeschaltet gewesen.

Seit Beginn der Corona-Pandemie nehmen nie sämtliche Dezernenten an Sitzungen von Rat oder Ausschüssen teil: Gäbe es dort einen Infektionsfall soll die Stadtverwaltung handlungsfähig bleiben. Vor diesem Hintergrund hält CDU-Mann Rüdiger Scholz die Teilnahme Lünenbachs an der Kölner Sitzung für „unverantwortlich: Worin besteht der Unterschied zwischen dem Rat der Stadt Leverkusen und der Bezirksvertretung Köln-Mülheim im Hinblick auf die potenzielle Infektionsgefahr, die von beiden Gremien ausgehen kann und eventuelle Konsequenzen auf die Handlungsfähigkeit des Verwaltungsvorstandes“, fragte Scholz am Freitag. Lünenbach sagte, seine Teilnahme sei abgesprochen gewesen. Die Kölner Sitzung habe „mit strengen Hygieneregeln“ in der Veranstaltungshalle Palladium stattgefunden und nicht länger als eine Stunde gedauert. (tk)

Nicht so schnell wie gewünscht läuft die Ausrüstung sämtlicher Klassenräume und Sporthallen mit CO2 -Detektoren, die beim richtigen Lüften helfen sollen. Ihre Zahl sei zwar inzwischen auf 400 verdoppelt, aber für eine flächendeckende Ausstattung fehlten noch 135 Messgeräte, sagte Baudezernentin Andrea Deppe. Es gebe jetzt Lieferschwierigkeiten, von den Preisen gar nicht zu reden: „Die Detektoren kosten das Vierfache.“

Folgenreiche Datenpanne

Das am Mittwoch wegen der angesetzten Reihentests von Kita-Kindern ausgebrochene Chaos im Abstrichzentrum an der Auermühle sei sofort aufgearbeitet worden, sagte am Freitag Tim Feister vom Malteser Hilfsdienst. Am Anfang der Fehlerkette habe eine Panne bei der Übertragung von Personendaten gestanden, die vom Gesundheitsamt zum Test auf das frühere Freibad-Gelände bestellt worden waren. Die Daten von rund 200 Personen habe man per Hand aufnehmen müssen, „und das dauert jeweils fünf bis zehn Minuten“. Stehen die Daten im System, könne man pro Minute einen Corona-Test machen. Die Ursache für den Übertragungsfehler habe man in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt abgestellt, so Feister.

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Auch bei Details gebe es Verbesserungen. „Trotzdem ist das einfach Mist gewesen.“ Am Ende musste die Polizei einschreiten. Auch weil viele, die zur Auermühle bestellt worden waren, grundsätzliche Fragen hatten, will die Stadtverwaltung nachbessern. Ab sofort gibt es neue Merkblätter:

https://www.leverkusen.de/leben-in-lev/corona-info-leverkusen/verhalten-und-schutz.php

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