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Desaster um Leverkusener RheinbrückeWarum sich „Hauptsache billig” immer rächt

Lesezeit 3 Minuten
Lev Brücke Krieger

Blick auf die Leverkusener Rheinbrücke

  • Über den Stahl für die Stahlträger der neuen Leverkusener Brücke wird in den vergangenen Tagen viel diskutiert.
  • Das Material wird aus China geliefert und es gibt Bedenken zur Qualität des Baustoffes.
  • Stuttgart 21, Berliner Flughafen, Kölner Oper – es ist immer das gleiche Schema, findet unser Autor.

Die Rheinbrücke zwischen Köln und Leverkusen muss ganz schön viel aushalten. Vor vier Jahren wurde sie über Nacht zum Symbol für den maroden Zustand der Autobahnen und Brücken in den alten Bundesländern. In ihrem Brückenkasten stand ein entsetzter Landesverkehrsminister, der damals noch Michael Groschek hieß und der SPD angehörte, und hat den nationalen Infrastruktur-Notstand ausgerufen.

Inzwischen heißt der Verkehrsminister Hendrik Wüst, ist ein Christdemokrat und hat anderen Ärger mit der Rheinbrücke. Schon wieder ein Großprojekt, bei dem im Land der Ingenieure nichts nach Plan läuft und sich grundsätzliche Fragen stellen. Wie viel Sinn macht es, dass öffentliche Auftraggeber von Bund und Ländern bei allen Großprojekten mit europaweiten Ausschreibungen immer auf das billigste Angebot zurückgreifen müssen. Im Fall Leverkusen geht es dabei gar nicht um die Qualität des China-Stahls, die in der Stahlkrise aus politischen Gründen auch sehr kritisch beäugt wurde. Nach dem Motto: Warum Schanghai nehmen, wenn wir Duisburg haben?

Der Stahl ist einwandfrei, doch ganz offensichtlich haben die Chinesen erhebliche Probleme, bei der Verarbeitung deutsche Standards für Brückenbauwerke einzuhalten. Dafür sind sie billiger. Das Ergebnis im Fall Leverkusen: Der Generalunternehmer, der den 363 Millionen Euro schweren Auftrag angenommen hat, bietet die Mängelbeseitigung vor Ort an, die er am Ende selbstverständlich zusätzlich bezahlt haben will. Dass er sich mit der Annahme des Auftrags auch verpflichtet hat, die vereinbarte Qualität abzuliefern, gerät allzugern in Vergessenheit.

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Man habe bei der Ausschreibung auch deutschen Stahl und deutsche Produktion angeboten, das sei aber abgelehnt worden, weil die Brücke dann 70 Millionen Euro teurer geworden wäre, sagt der Porr-Vorstand. Das mag sein. Aber hat der Konzern mit seiner Unterschrift nicht auch zugesichert, dass die Chinesen zwar billiger, aber keinen Deut schlechter sind?

Stuttgart 21, Berliner Flughafen, Kölner Oper – es ist immer das gleiche Schema. Wegen des knallharten Wettbewerbs werden Angebote erst künstlich kleingerechnet, um die wahren Bausummen durch viele Nachträge am Schluss doch noch reinzuholen. Eine Summe hat der Baukonzern Porr im Dezember ja schon mal angedroht: 250 Millionen Euro. Man habe schließlich immer darauf hingewiesen, dass der Stahl aus China kommt und dort auch verarbeitet werde.

Der Fall Rheinbrücke Leverkusen ist von besonderer Brisanz. Die Politik muss jetzt entscheiden, ob sie sich auf die Nachbesserungen einlässt, damit die Brücke möglichst schnell fertig wird, oder ob sie den Auftrag kündigt. Mit all den Folgen, die eine jahrelange Verzögerung des wichtigsten Straßenbauprojekts in NRW mit sich bringt. Von rechtlichen Auseinandersetzungen und Schadenersatzforderungen bis hin zur Frage, ob das alte Bauwerk weitere fünf Jahre durchhält.

Am Ende bleibt nur die Erkenntnis: Qualität hat ihren Preis. Es wird einmal mehr ein hoher sein.

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