Auszählung der EuropawahlWarum Leichlingen die rote Laterne hat

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Immer mehr Arbeit beschert die Zuordnung der Briefwahlstimmen zu den Wahlbezirken den Helfern in Leichlingen, die bei der EU-Wahl am Sonntag im Ratssaal bis 22 Uhr beschäftigt waren.

Immer mehr Arbeit beschert die Zuordnung der Briefwahlstimmen zu den Wahlbezirken den Helfern in Leichlingen, die bei der EU-Wahl am Sonntag im Ratssaal bis 22 Uhr beschäftigt waren.

Leichlingen – Die Schlusslaterne hat niemand gerne. Ein bisschen Ehrgeiz, schneller zu sein als die anderen, ist unter den Kommunen auch bei der Auszählung von Wahlergebnissen stets dabei, obwohl Sorgfalt gerade in diesem Fall natürlich vor Eile geht. Am Abend der EU-Wahl hatte Leichlingen aber die Schlusslaterne. Erst kurz vor 22 Uhr, fast vier Stunden nach Schließung der Wahllokale, lag am Sonntag das vorläufige stadtweite Endergebnis aus der Blütenstadt vor, auf das die Wahlleitung im Rheinisch-Bergischen Kreis wartete. Länger dauerte es nirgends.

Es gab keine Pannen

Warum das so war, erklärte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Morgen danach Brigitte Gutendorf, die Leiterin des für die Wahl zuständigen Bürgerbüros. Es lag nicht daran, dass sich im Wahllokal jemand verzählt hat, Wahlhelfer gebummelt haben oder irgendwelche Pannen passiert sind, erläuterte Gutendorf. Die Auszählung sei reibungslos verlaufen.

28 freiwillige Helfer der vier Briefwahl-Vorstände waren im Leichlinger Ratssaal schon ab 13 Uhr konzentriert mit dem Öffnen und Vorsortieren der roten Briefumschläge beschäftigt.

28 freiwillige Helfer der vier Briefwahl-Vorstände waren im Leichlinger Ratssaal schon ab 13 Uhr konzentriert mit dem Öffnen und Vorsortieren der roten Briefumschläge beschäftigt.

Eine Leichlinger Spezialität war Schuld daran, dass man viel mehr Zeit brauchte als andere. Denn in Leichlingen werden auch alle Briefwahlzettel den 16 städtischen Stimmbezirken zugeordnet, zu denen die Absender gehören.

Dieses Verfahren ist bei der Kommunalwahl vorgeschrieben, um exakte Wahlergebnisse für die Direktkandidaten zu ermitteln. In Leichlingen aber wird diese aufwendige und zeitintensive Zählweise auch bei Landtags-, Bundestags- und Europawahlen praktiziert. Und zwar nur in Leichlingen: „Wir sind die einzige Kommune im Rheinisch-Bergischen Kreis, die das so macht“, sagt Gutendorf.

Alte, aber lästige Tradition

Warum das so ist, weiß sie selbst nicht so genau: „Ich habe das schon von meinem Vorgänger übernommen, das ist eine langjährige Tradition und wird schon seit mehr als 30 Jahren so gemacht.“ Offenbar geht das Verfahren auf einen Wunsch aus der Politik zurück, die auch bei überregionalen Wahlen bezirksgenau wissen will, wie die Stimmung in der Bevölkerung ist. Ob es dazu einen Ratsbeschluss gibt, ist nicht bekannt.

Auch im Kreis wisse man um diese örtliche Besonderheit und dass man deswegen häufig länger auf die Blütenstadt warten muss. Aber: „Bisher ist das nicht in Frage gestellt worden“, erklärt Gutendorf. Das könnte sich jetzt ändern. Denn sie selbst will es in Frage stellen und dem Stadtrat vorschlagen, die Briefwähler künftig nicht mehr in 16 Stapel zu sortieren, sondern wie andernorts auch separat zusammenzufassen. Das bisherige System produziere schließlich eine „horrende Arbeit“, die angesichts der steigenden Briefwahlquote immer zeitraubender und anstrengender werde.

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Am Sonntag waren es schon rund 4700 Briefwahlumschläge, die geöffnet, anhand der Eidesstattlichen Versicherung auf ihre Gültigkeit geprüft und nach der Auszählung der Stimmzettel den Bezirken zugeordnet werden mussten. Fraglich sei diese Prozedur zumal, weil sie bei überregionalen Wahlen von eher geringerem Erkenntnisgewinn sei.

Die Politiker haben Zeit, sich die Sache zu überlegen. Als nächstes kommt 2020 die Kommunalwahl, bei der ohnehin separat gezählt werden muss. Erst 2021 droht Leichlingen bei der nächsten Bundestagswahl wieder die ungeliebte Schlusslaterne.

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