Eichenprozessionsspinner in LeichlingenFür den Nahkampf mit Raupen gut gerüstet

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Mit Schutzhelm, Overall und Seilzug hängt Baumkletterer Jamal Moumad im Wipfel eines Baums auf dem Friedhof Kellerhansberg, um Gespinste des Eichenprozessionsspinners abzusammeln.

Mit Schutzhelm, Overall und Seilzug hängt Baumkletterer Jamal Moumad im Wipfel eines Baums auf dem Friedhof Kellerhansberg, um Gespinste des Eichenprozessionsspinners abzusammeln.

Leichlingen – Die Verwandlung vom Gärtner zum Astronautenwesen ist strapaziös, aber für Matthias Hermann inzwischen Routine. Schon seit Wochen ist er im Fronteinsatz gegen den Eichenprozessionsspinner. Sein Kampf gegen die Raupen mit den Brennhaaren beginnt stets mit dem Einstieg in einen blauen Ganzkörper-Overall mit Kapuze. Bei den Gummihandschuhen, die folgen, bleibt es nicht. Es kommt noch ein zweites dickes Paar darüber. Die werden am Ärmel mit Klebeband so dicht umwickelt, dass bloß nichts an die Haut kommen kann.

Schutzhelm, Overall und doppelte, verklebte Handschuhe: Baumpfleger Matthias Hermann beim Einsatz am Kellerhansberg.

Schutzhelm, Overall und doppelte, verklebte Handschuhe: Baumpfleger Matthias Hermann beim Einsatz am Kellerhansberg.

Nun noch der Helm, kein einfacher Bauarbeiterhelm, sondern ein futuristisch aussehender Rundumschutz mit Visier und integriertem Atemschutz. So für den Gegner gewappnet, sieht der Baumpfleger nun eher aus wie ein Seuchenmediziner. Und wenn er sich aus seiner Kluft befreien muss, nimmt er schon mal die Astsäge zur Hand, um sich das dicke Tape von den Armen zu schneiden.

Hermann war am Montag bei seiner Arbeit am Kellerhansberg nicht im Einsatz gegen die Corona-Epidemie oder eine andere gefährliche Seuche. Sein Gegner ist kein Virus, sondern sind zwei bis drei Zentimeter lange Raupen, deren Nester er vorsichtig von Baumstämmen und aus Astgabeln saugt, von Hand absammelt oder auch vom Hubsteiger aus aufsucht. Der mühsame Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner ist in Leichlingen voll in Gang. Jetzt ist die Zeit dafür, denn ab dem dritten Larvenstadium entwickeln sich ihre Brennhaare mit dem Nesselgift, die in der Umgebung umherfliegen können.

Gefährliche Brennhaare

Im Auftrag der Stadt ist die heimische Firma Baumwerk unterwegs, um die Raupen, deren Härchen brennende allergische Reaktionen hervorrufen können, zu beseitigen. Jedenfalls dort, wo Kinder, Passanten oder Wanderer gefährdet werden könnten, an Spielplätzen und Gehwegen, in Parks und eben am Friedhof Kellerhansberg. Dort war Hermann nicht alleine im Einsatz. Sein Kollege Jamal Moumad hatte eine noch abenteuerlichere Ausrüstung. Er turnte zwischen den Gräbern als Baumkletterer hoch oben in den Kronen, um Nester zu erwischen.

100 Raupen können in einem solchen Nest stecken.

100 Raupen können in einem solchen Nest stecken.

Mit einer mannsgroßen Zwille, einer Wurfschleuder an einer Teleskopstange, die auf Laien wirkt wie ein mittelalterliches Schlachtgerät, kann er Seile bis zu 40 Meter hoch in die Äste schießen. In Schutzausrüstung eingepackt wie sein Kollege, hängt er im Gurtgeschirr an Karabinerhaken und gleitet an seinem Seilaufzug routiniert auf und ab, um den Tieren auf die Pelle zu rücken.

„Ungefähr 60 Bäume an 20 Standorten“, schätzt Bauhof-Leiter Andreas Pöppel, werden derzeit auf diese aufwändige Weise von den Nestern befreit. Die meterlangen Absperrbänder an der Zufahrt am Kellerhansberg sind bereits wieder verschwunden, weil dieser Baumbestand behandelt und nun „safe“ ist. Der zwischenzeitlich gesperrt gewesene Spielplatz am Weißdornweg kann diese Woche auch wieder komplett freigegeben werden. Hier waren Bäume auf einem Privatgrundstück befallen. In diesem Fall müssen sich die Eigentümer um die Reinigung kümmern.

Nachtwanderungen

Leichlingen sei schon eine Art „Hotspot“ für die Eichenprozessionsspinner, schätzt Matthias Hermann die Lage in der Blütenstadt ein. Pöppel meint allerdings, dass es nicht mehr geworden sind als im Vorjahr. Damals hat die Verwaltung rund 12 000 Euro für die Bekämpfung der Falter ausgegeben. Die Klima-Erwärmung und der Rückgang natürlicher Feinde, etwa Vögel, haben ihre Ausbreitung ins Bergische begünstigt.

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Bevor sie zu Schmetterlingen werden, kriechen die Raupen nachts in Gruppen, prozessionsgleich, an den Stämmen hoch, um sich die Blätter schmecken zu lassen. Bei den Baumpflegern kommen die Schädlinge in verschlossene Müllbeutel und werden gesondert verbrannt.

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