Kunstauktion im QuartierstreffTellermine aus Stein kommt ins Seniorenheim

Lesezeit 4 Minuten
Ines Schreiber hielt bei der Auktion im Quartierstreff auch Irmgard Kaduks Figur„Auf und davon“ hoch.

Ines Schreiber hielt bei der Auktion im Quartierstreff auch Irmgard Kaduks Figur„Auf und davon“ hoch.

Leichlingen – Ein bisschen gezittert hat das Team des Quartierstreffs vorher ja schon. Auktionen haben in Leichlingen schließlich keine Tradition. Gibt es in der Blütenstadt interessierte Kunst-Sammler? Haben die Menschen Geld für Gemälde im Portemonnaie? Würden an einem Samstagnachmittag überhaupt genügend Leute zur Versteigerung zugunsten des Nachbarschaftstreffs in der Gartenstraße kommen?

3030 Euro Erlös

Ja. Es hat geklappt. Gut 40 Besucher unterstützten die Benefiz-Auktion zum Erhalt der Einrichtung, deren Förderung im Mai ausläuft. Von 29 Werken, die 16 Leichlinger Künstlerinnen und Künstler gestiftet haben, wurden 21 ersteigert. Zu Preisen zwischen 20 und 480 Euro, und fast alle über den angesetzten Mindestgeboten. 3030 Euro sind bei der Auktion als Beitrag zur Finanzierung des Quartierstreffs zusammengekommen.

Die Idee dazu ist wie berichtet unter den Besuchern und Aktiven des Quartierstreffs geboren worden. Ines Schreiber und Beatrix Gölzenleuchter haben die Versteigerung mit den beiden Hauptamtlerinnen Hilde Cordes und Sabine Rauh organisiert. Bürgermeister Frank Steffes hatte sich als Auktionator zur Verfügung gestellt und machte seine Sache gut. Er wusste als Hobbygärtner Bilder mit Pflanzenmotiven botanisch zu bestimmen, trieb die Gebote mit Scherzen in die Höhe und schlug mit dem Gummihammer gerne zu.

Bildband und Poesie

Das größte Bild der Auktion stammt von Marlies Rappenecker: „Loslassen“ misst fast einen Quadratmeter. Das kleinste war ein gerahmtes Gedicht von Rainer Müller. Es ging Schlag auf Schlag munter zu. Peter Berths „Vier Jahreszeiten“ kaufte sich die SPD-Vorsitzende Roswitha Süßelbeck. Heiderose Birkenstock-Kotalla legte zu ihrem Bild als Zugabe noch einen Fotoband aus ihrem Kunstgarten dazu. Zwei von Irmgard Kaduks beliebten figürlichen Skulpturen brachten im Nu 200 und 230 Euro in die Spendenkasse.

■ Das spannendste Bietergefecht löste Roland Pfennigstorfs Bild „Together XXI“ aus. Es zeigt eine in Holz gefräste und mit Ölfarbe ausgemalte Menschenkette. Von angesetzten 270 schraubten mehrere Interessenten den Preis für das fröhliche Werk im Handumdrehen überraschend auf 470 Euro hoch. Quartierstreff-Besucherin Ines Schreiber, die die Versteigerung selbst mit ins Leben gerufen hat, erwarb es unter Riesenapplaus.

■ Die meisten Bilder hat die Künstlerin Angela Steinert für den guten Zweck gestiftet: Gleich acht Acrylgemälde und Zeichnungen hat sie zur Verfügung gestellt – darunter auch zwei großformatige Kohlezeichnungen der evangelischen und katholischen Kirchen in Witzhelden, die noch keinen Heimatfreund gefunden haben.

■ Das teuerste Kunstwerk: Die von Berthold Welter gestiftete Skulptur „Raumgreifen 54“ erzielte 480 Euro. Es handelt sich um eine runde, tellerminenförmige Skulptur aus Stein von 30 Zentimetern Durchmesser, die eine Zunge aus Robinienholz herausstreckt. Stanislaus Stegemann, der Leiter des evangelischen Altenzentrums Hasensprungmühle, hatte sofort ein Auge darauf geworfen und als Einziger das Mindestgebot abgegeben. Ein Glück für die Allgemeinheit, denn so bleibt das gute Stück öffentlich sichtbar: Stegemann sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass er die von ihm ersteigerte Plastik Welters im Foyer des Seniorenzentrums aufstellen will, nicht hinter Panzerglas, sondern versehen mit der ausdrücklichen Aufforderung: „Bitte berühren“. Denn obwohl die Basalt-Lava-Oberfläche auf den ersten Blick rau wirkt, entpuppt sie sich beim Begreifen als poliert und echter Handschmeichler.

Das könnte Sie auch interessieren:

■ Das kurioseste Objekt: Eine Fotografie von Peter Thönes. Dem Leichlinger ist 2005 in einem öffentlichen WC im Londoner Regent’s Park ein seltener Schnappschuss gelungen. Sein originelles Farbbild zeigt einen Mann von hinten am Pissoir, hinter dem seine vier Windhunde anstehen. „Nur nicht drängeln!“ hat Thönes den tierischen Moment genannt, der nicht gestellt ist, sondern ihm zufällig vor die Linse kam. Er hat so schnell die Kamera gezückt, dass der Mann am Becken gar nicht gemerkt hat, dass er aufgenommen worden ist, erzählte Thönes im Quartierstreff die Geschichte des Bildes. Es fand für 100 Euro einen Besitzer mit Humor. „Letzte Chance vor dem Brexit“, hatte Steffes den Preis erfolgreich hochgeschraubt.

Alle Kunstwerke, die bei der Versteigerung keinen Zuschlag bekommen haben, werden in den nächsten Tagen in der Stadtbücherei ausgestellt und zugunsten des Quartierstreffs zum Kauf angeboten.

KStA abonnieren