Nicht aus UkraineWurden Leichlinger zur Vermietung an andere Geflüchtete gedrängt?

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Leichlingen – Bei der Versorgung von aus der Ukraine geflüchteten Menschen arbeiten die Behörden weiterhin im Krisenmodus. Registrierung und Unterbringung der aus dem Kriegsgebiet Geretteten, die Notpläne für Sammelunterkünfte, die wechselhafte Zuweisungs-, Finanzierungs- und Gesetzeslage stößt im Leichlinger Rathaus aktuell zudem auf eine große Welle von Fragen und Hilfsangeboten von Ehrenamtlern. Und zunehmend auch auf Beschwerden von Helfern und Gastgebern, welche die Amtswege kritisieren und für ihre Schützlinge das Bestmögliche bewirken möchten.

Manche Anliegen und Forderungen seien „menschlich natürlich absolut verständlich“, sagt Bürgermeister Frank Steffes, aber der rechtliche Rahmen und die Gleichbehandlung aller Schutzsuchenden müssten gewahrt bleiben. Viel Ärger und Unverständnis handelt sich das Sozialamt ein, wenn es auf die nach wie vor nicht mit ordentlichen Wohnungen versorgten Asylbewerber etwa aus Syrien hinweist, die zum Teil seit 2015 in Notunterkünften leben.

Zur Unterbringung gedrängt?

Gegen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft der Ungleichbehandlung europäischer und afrikanischer oder arabischer Menschen wehrt sich das Sozialamt energisch. Manche Gastgeber, die Ukrainer aufnehmen möchten, beklagen, im Gespräch mit der Verwaltung stattdessen zur Vermietung an andere Geflüchtete genötigt zu werden.

„Wir fragen nach“, erklärt Bürgermeister Steffes zu diesem Vorwurf, „aber überreden? Nein!“ In dem Zusammenhang empört es die Verantwortlichen sehr, dass sie beispielsweise für zwei hochqualifizierte afrikanischstämmige Ukrainer keinen Vermieter gefunden haben, es aber schon mehrere unsittliche telefonische Anfragen mit der Bitte um Zuweisung junger Frauen gab. „Dann beende ich das Gespräch sehr schnell“, sagt Sozialamtsleiterin Romana Arendes.

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Da die Beschwerden und der Unmut von Wohnungseigentümern, die sich über mangelndes Entgegenkommen des Leichlinger Sozialamtes beklagen, zugenommen haben, hat die Verwaltung zu zwei exemplarischen Fällen Stellung bezogen:

Fall 1: Eine junge Frau aus Leverkusen will in ihrer Wohnung in Leichlingen eine ukrainische Mutter mit ihrem siebenjährigen Sohn unterbringen. „Ich war glücklich, einer kleinen Familie einen Zufluchtsort zu bieten damit sie zur Ruhe kommen können“, schreibt sie in einem Brief an den „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dann sei „der Schock“ gekommen: Die anfängliche Zusage sei zurückgezogen und sie gefragt worden, ob sie nicht syrische Flüchtlinge aufnehmen könne. Die ukrainische Familie solle in eine Notunterkunft. Die Verwaltung bestreitet das. Geflüchtete aus der Ukraine würden bisher nicht in Notunterkünften untergebracht. Vor allem: Die betroffene Mutter mit Kind sei in Leverkusen gemeldet und und dürfe sich wegen der Wohnsitzauflage nicht in Leichlingen niederlassen.

Fall 2: Mutter, Großmutter und ein fünfjähriges Mädchen leben bei privaten Gastgebern, die für sie ab 1. Mai eine Wohnung gefunden haben und mieten wollen. Ein Antrag auf Mietkostenübernahme hat das Sozialamt abgelehnt, was das Ehepaar für einen Rechtsverstoß hält. Nach Angaben der Stadt steht die Miethöhe noch gar nicht fest, werden die Verhältnisse noch geprüft und obliegt der Umgang mit Zahlungen der Kommune. Sie will prinzipiell selbst als Mieterin fungieren.

Am Donnerstag wurden auch weitere Zahlen zu den Geflüchteten genannt: Insgesamt 163 Menschen aus der Ukraine sind bislang in der Blütenstadt untergekommen.

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