Sieben Jahre und sechs MonateAngeklagter aus Leichlingen muss in Haft

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Gericht Leichlingen Missbrauch

Dirk S. (Name geändert) aus Leichlingen vor Gericht

Köln/Leichlingen – Der wegen mutmaßlichen Kindesmissbrauchs angeklagte Dirk S. (Name geändert) aus Leichlingen ist vom Landgericht Köln wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs, sexuellen Kindesmissbrauchs sowie der Herstellung und des Besitzes kinderpornografischer Inhalte zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. In einem der insgesamt 15 Anklagepunkte war laut der Kammer rein definitorisch sogar von einer Vergewaltigung zu sprechen.

Es waren verstörende Minuten in Saal 32 des Landgerichts in Köln. Der Richter fasste nach der Urteilsverkündung noch einmal alle Details zusammen, schilderte den Lebenslauf des Angeklagten chronologisch von dessen Geburt bis zur Verhaftung. Auf den ersten Blick, sagte der Richter, habe man meinen können, es handle sich um einen „normalen Lebenslauf“. Bei genauerer Betrachtung allerdings seien außergewöhnliche Punkte ans Licht gekommen.

Wenig Freunde

Dirk S. hatte von Geburt an praktisch keinen Kontakt zu seinen Eltern. Er wuchs bei seinen Großeltern auf, war sehr schüchtern, hatte kaum Freunde. Seine erste Freundin lernte er spät kennen; die Beziehung hielt nicht lange. Und dennoch unternahm S. nach ihrem Ende einen Suizidversuch. Noch am Vormittag hatte er an diesem Tag zu Hause mit seiner Familie völlig gewöhnlich Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Anschließend fuhr er auf einen abgelegenen Parkplatz und versuchte, sich zu enthaupten. Es blieb beim Versuch. Zwar wurde S. schwer verletzt, nach einigen Tagen im Krankenhaus kehrte er aber nach Hause zurück. Und lebte sein Leben weiter – als sei nichts gewesen.

2011 heiratete Dirk S. seine Noch-Ehefrau, die Mutter der kleinen Sophie (Name geändert). Sie brachte das damals noch sehr kleine Mädchen mit in die Beziehung, zusammen bekamen sie und S. noch einen Jungen. Im Februar 2014 folgte die Trennung. „Dort begann Ihr Leben, ins Rutschen zu geraten“, sagte der Richter in Richtung des Angeklagten.

S. zog um. In die Wohnung seines Onkels. Eine völlig verwahrloste Unterkunft, in der Fäkalien, Dreck und Müll herumlagen, wie es eine Polizistin während des Prozesses beschrieb. Die kleine Sophie und der Sohn des Angeklagten kamen trotzdem zu Besuch. Und die Missbräuche begannen. Die Vorgänge dauerten bis Silvester 2018 an, im Februar 2019 wurde S. schließlich verhaftet.

Keine Schuldminderung

Der Angeklagte sei laut Kammer in vollem Umfang strafrechtlich verantwortlich. Zwar wirkte dessen Leben „auffällig eindimensional und verflacht“, wie es der Richter ausdrückte. Einen Grund, der sich schuldmindernd hätte auswirken können, gab es allerdings nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre Haft gefordert, die Verteidigung sechseinhalb. Die Kammer entschied sich letztlich für siebeneinhalb.

In vier Fällen sprach sie von schwerem sexuellen Kindesmissbrauch, in sechs Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch. Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen kam hinzu. Außerdem hatte S. Kinderpornografie besessen und hergestellt. Mehrere tausend Videos und Bilder waren auf seinen Datenträgern gefunden worden. Zugunsten von S. hatten laut Kammer unter anderem dessen schwierige Biographie sowie das – wenn auch bei weitem nicht voll umfängliche – Geständnis gesprochen.

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Gegen ihn vor allem die kriminelle Energie, die er an den Tag legte. Denn schon 2014 waren Datenträger gefunden worden, auf denen von S. hergestellte kinderpornografische Inhalte zu sehen waren. Zwar richtete sich der Verdacht damals noch gegen dessen Onkel, da das Landeskriminalamt Hessen zunächst nur die IP der Wohnung zurückverfolgen konnte. Doch S. muss gewusst haben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Polizei vor seiner Haustür steht. Und dennoch machte er weiter.

Betroffene von sexueller Gewalt, deren Angehörige, Fachkräfte und alle Personen, die Fragen zum Thema sexueller Missbrauch haben, können sich bundesweit kostenfrei und anonym an das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch wenden (0800 22 55 530) oder per Mail an beratung@hilfetelefon-missbrauch.de.

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