Leverkusener RheinbrückeWeiterbau verzögert sich um weitere Monate

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Der Stillstand an der Baustelle für die Leverkusener Rheinbrücke könnte bis zum Frühsommer andauern.

Leverkusen/Düsseldorf – Das Bau-Desaster um die Leverkusener Rheinbrücke nimmt kein Ende. Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist der Auftrag für den Weiterbau, der erst am 1. Dezember an ein Baukonsortium um das Hannoveraner Stahlbauunternehmen SEH Engineering zu einem Preis von 176,4 Millionen Euro vergeben worden war, schon wieder nichtig.

Der Landesbetrieb Straßen NRW hat beide Baukonsortien, die im Rennen waren, Ende des Jahres aufgefordert, neue Angebote abzugeben. Nach Informationen unserer Zeitung hat der Verlierer, dessen Offerte mit 227,7 Millionen Euro nicht konkurrenzfähig war, alle Rechtsmittel und Fristen ausgeschöpft, um doch noch zum Zuge zu kommen.

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Das hat zur Folge, dass die Preisgarantie, zu der sich beide verpflichtet haben, am 18. Dezember ausgelaufen ist. Nun will das Land durch ein neues Vergabeverfahren verhindern, dass der Neubau nicht zu einem Fass ohne Boden wird.

Keine neuen Bieter zugelassen

An diesem Verfahren dürfen sich aber keine neuen Bieter beteiligen. Die beiden alten kennen jedoch jetzt die Angebote des Konkurrenten und die Preisvorstellungen des Landes. Wie lange das neue Verfahren dauern wird, ist offen. Experten schätzen, dass mit dem Weiterbau der Brücke erst im Frühsommer begonnen werden kann. Damit könnte sich die Eröffnung bis Mitte 2024 verzögern, zweieinhalb Jahre später als ursprünglich geplant.

Die Chronologie eines Baudesasters

Freitag, 24. April 2020: Der Landesbetrieb Straßen NRW kündigt den Vertrag mit dem Generalunternehmer, dem österreichischen Baukonzern Porr. Schwerwiegende irreparable Mängel an 22 Stahlbauteilen, die in China produziert wurden und zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeliefert sind, ließen Straßen NRW keine andere Wahl. Der Landesbetrieb spricht von 250 bis 600 Mängeln pro Bauteil.

Porr hatte mit einem Angebot von 363 Millionen Euro für den Neubau beider Brückenteile und den Abbruch des alten Bauwerks die Ausschreibung als billigster Anbieter gewonnen. Das erste neue Brückenteil sollte ursprünglich Ende 2021 stehen.

Mittwoch, 29. April: Landtag verteidigt Verkehrsminister Wüst das Vorgehen. In der Ausschreibung , die noch von der rot-grünen Landesregierung vorgenommen wurde, sei die Abgabe des wirtschaftlichsten Angebots das „einzige Wertungskriterium“ gewesen. Der Baukonzern habe alle Nachweise erfüllt. „Demnach war der Firma der Zuschlag zu erteilen“, sagt Wüst.

Samstag, 2. Mai: Straßen NRW informiert die Baubranche darüber, dass es zu einer Neuausschreibung des Auftrags kommen wird, die aber auf den Bau des ersten Brückenteils beschränkt wird.

Freitag, 26. Juni: In einer Aktuellen Stunde des Landtags teilt Wüst mit, dass jeder Tag, den die Brücke früher fertig wird, mit einem Bonus von 100.000 Euro vergütet werden soll. Die Obergrenze soll bei 20 Millionen Euro liegen.

Donnerstag, 17. September: Straßen NRW fordert die Interessenten auf, ihre Angebote abzugeben.

Dienstag, 27. Oktober: Die Abgabefrist für Angebote läuft aus. Zwei Bietergemeinschaften bewerben sich um den Auftrag. Porr hat sein Angebot zu diesem Zeitpunkt schon zurückgezogen. Der Preisunterschied beträgt 51 Millionen Euro. Mit 227,7 Millionen Euro liegt die A 1-Bietergemeinschaft, ein Zusammenschluss sechs mittelständischer Bauunternehmen aus Deutschland, über dem Angebot des Konkurrenten. Die Gruppe um den Stahlbauer SHG Engineering aus Hannover, der zum französischen Eiffage-Konzern gehört, will für 176,4 Millionen Euro bauen.

Donnerstag, 5. November: Das Verkehrsministerium legt sich fest. Die Brücke soll am 30. November 2023 dem Verkehr übergeben werden. 20 Monate später als ursprünglich geplant.

Montag, 9. November: Die Vergabe des Bauauftrags stockt, weil die Bietergemeinschaft mit dem billigeren Angebot den von Straßen NRW vorgegebenen Mindestpreis von 190 Millionen Euro um 7,1 Prozent unterschritten hat. Der Landesbetrieb hatte die Preisuntergrenze eingezogen, weil man es für unrealistisch halte, das erste Neubauteil für weniger als 190 Millionen Euro bauen zu können. Der Bieter muss erklären, warum er billiger ist.

Freitag, 20. November: Straßen NRW teilt dem Anbieter mit dem höheren Preis mit: Ihr seid aus dem Rennen. Der scheitert im Anschluss mit allen Rügen bei der Vergabekammer

Montag, 1. Dezember: Straßen NRW erteilt dem billigeren Bieter den Zuschlag. Das unterlegene Baukonsortium akzeptiert das wieder nicht und schaltet die Vergabekammer ein.

Freitag, 18. Dezember: Die Preisbindung für beide Bieter läuft aus. Das macht die Kosten für den Neubau unkalkulierbar. Weil über die letzte Rüge des Verlierers bei der Vergabekammer aber noch nicht entschieden wurde, ist der Zuschlag an den Sieger nicht rechtskräftig.

Dienstag, 22. Dezember: Straßen NRW fordert beide Bietergemeinschaften auf, neue Angebote abzugeben. Die müssen spätestens Ende Januar 2021 vorliegen. Seit 1. Januar ist die Niederlassung Rheinland der neuen Autobahn GmbH des Bundes für das Projekt zuständig.

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