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Protest vor der Bayer-ZentraleDemonstranten nehmen Monsanto-Kauf aufs Korn

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Der teuflische Glypho-Satan geleitet die Braut Monsanto zur Eheschließung mit Bayer.

Leverkusen – Beim Versuch, den amerikanischen Saatgut- und Pestizidhersteller Monsanto zu kaufen, muss sich Bayer in mehrere Schlachten werfen. Ganz wesentlich ist der Kampf um die Hoheit über die Bilder und die Meinungen.

Es ist alles andere als eine Massendemonstration am Mittwochvormittag, 10 Uhr, als etwa 30 Protestierer hinter einem alten, langsam rollenden Feuerwehrwagen die Kaiser-Wilhelm-Allee auf die Konzernzentrale zusteuern. Anlass ist die Monsanto-Aktionärsversammlung, die wegen der Zeitverschiebung ein paar Stunden später am Mittwoch im Monsanto-Hauptquartier in den USA am Missouri über die Bühne geht.

Die Demonstranten in Leverkusen spielen Straßentheater, inszeniert wird der Einzug der Braut. Aus einem Verstärker kommt der Hochzeitsmarsch, dazu ruft die Gesellschaft: „Werner – deine Braut kommt!“

Morbider Hochzeitszug

Werner Baumann, Bayers Vorstandsvorsitzender, ist der hauptsächliche Betreiber der Fusion. Eine Braut im Kleid führt den Zug an. Die Rothaarige heißt Monsanto und trägt eine Totenschädelmaske aus Pappe. Sie ist nicht frei, ist mit riesigen Handschellen an eine Teufelsgestalt namens „Glypho-Satan“ gekettet. Ein seltsamer Hochzeitszug läuft hinterher, Landwirtschaftsminister Christian Schmidt im Glyphosat-Kostüm, ein Mann im Friedrich-Merz-Kostüm, der als Förderer des Zusammenschlusses und gleichzeitiger Aufsichtsratschef der globalen Fondsgesellschaft Black Rock sowohl an Bayer als auch an Monsanto verdient, also auf jeden Fall als Profiteur der Fusion gebrandmarkt wird.

Imker im Protestzug

Imker sind dabei. Sie sind inzwischen Stammgäste, wenn es um Proteste gegen die Bayer-Insektengifte der Neonikotinoide geht, weil sie für das Massenhafte Sterben von Bienen und wilden Insekten verantwortlich gemacht werden.

Die Gruppe vom Kölner Imkerverein befürchtet die weitere Verstärkung der Macht der Pestizidhersteller durch den Zukauf von Monsanto. Weiter im Tross: Attac, die Vereinigung FIAN als Kritikerin der industriellen und konzerngesteuerten Landwirtschaft und als einzige Leverkusener Gruppe die im Wiederaufbau befindliche Partei Die Linke mit einem Plakat „Bleibt uns vom Acker“.

Bayer kontert mit Geschenken für die Demonstranten

Damit die Demonstranten im kreativen Kampf um die Bilder nicht alleinige Sieger bleiben sollten, lässt die Bayer-Kommunikationsabteilung die Leuchtsäule an der Kaiser-Wilhelm-Allee verhüllen und die Konzernzentrale so optisch anonymisieren. Kein Bayerkreuz, nicht einmal die Aufschrift „Konzernzentrale“ soll auf Protestbildern zu sehen sein. Das sei Standard, sagt Hans-Bernd Schmitz von Bayer. Ihn hat der Konzern in die Redeschlacht mit den Demonstranten geschickt, verantwortliche Manager kommen nicht aus ihren Büros.

Aus der Hochzeitsgesellschaft gibt es erstmal vergiftete Geschenke, wie ein Bild von einem durch Glyphosat missgebildeten Kind oder tote Bienen. Ein symbolisches Bild von einer Beerdigung in Indien soll ein Hinweis sein, dass dort wegen Monsantos knallharter Methoden im Saatgut-Geschäft mehr als 300.000 Kleinbauern Selbstmord begangen haben sollen.

Sogar Gegengeschenke von Bayer an die Demonstranten gibt es: Pakete mit Webadressen-Aufklebern. Bayer erklärt dort seine Sicht zu Themen wie Ökolandbau und Pflanzenschutz. Der Demo-Anmelder Jens Wegener von der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CGB) macht sich allerdings darüber lustig, denn die Pakete sind leer. Schmitz von Bayer tritt der Gesellschaft nicht großspurig entgegen, eher zurückhaltend, er hält sich wacker. Ein altgedienter Protestler von der Coordination sagt: „Komisch, das ist jetzt neu, dass sie diskutieren.“

Bei der Bayer-Aktionärsversammlung, die im Mai wieder in Bonn abgehalten wird, gehe es weiter, sagt Wegener. Heute sei der Auftakt der Proteste gegen den 66-Milliarden-Dollar-Einkauf der Leverkusener. Die Braut und der Glypho-Satan sollen als nächstes in der ungeregelten Gruppe vorm Kölner Karnevalszug durch die Straßen ziehen. Die Bienen und eine mannsgroße Bienen-Leichenpuppe sind mit im Zug.

Bei Präsident Trump zum Dinner

Der Bräutigam Werner Baumann zeigt sich natürlich nicht. Ein Pressesprecher bestätigt zwar, dass der Bayer-Chef in Davos mit ein paar anderen Konzernchefs bei Donald Trump zum Dinner eingeladen war, sagt aber nicht, ob er sich in seinem Büro um die Ecke befindet. Es wäre schön, so die Hoffnung der Demonstranten, sitzt er in seiner Königswabe in der Zentrale und interessiert sich dafür, was draußen so läuft.

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