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„55 Prozent reichen nicht“Leverkusener Fridays-for-Future-Aktivist will weiterkämpfen

Lesezeit 5 Minuten
Am 25. September ab 11 Uhr wird er auf dem Friedrich-Ebert-Platz stehen und demonstrieren: Falko Schröder.

Am 25. September ab 11 Uhr wird er auf dem Friedrich-Ebert-Platz stehen und demonstrieren: Falko Schröder.

  • Am 25. September finden erneut globale Demonstrationen von Fridays for Future statt.
  • Auch in Leverkusen wollen die Aktivistinnen und Aktivisten die neu gewählten Kommunalvertreter zum Handeln bewegen.
  • Der Fridays-for-Future-Aktivist Falko Schröder erklärt im Interview, warum Corona eine verpasste Chance ist und was wir jetzt eigentlich tun müssten, um die Klimakrise zu bekämpfen.

Leverkusen – Falko Schröder, am kommenden Freitag findet die erste physische Großdemo von Fridays for Future seit Beginn der Corona-Krise statt. Haben Sie Angst, dass die Menschen sich noch nicht zurück auf die Straße trauen?

Falko Schröder: Ich muss in der Schule nicht einmal mehr eine Maske tragen und habe keine 50 Zentimeter Abstand zum nächsten Tisch. Das ist auf unserer Demo wesentlich besser organisiert: Sie findet unter freiem Himmel statt, wir achten darauf, dass Abstand gehalten wird und alle Teilnehmer eine Maske tragen. Ich denke, die Hemmschwelle auf eine solche Demo zu gehen, ist bei vielen Menschen wesentlich niedriger als sich beispielsweise in ein volles Klassenzimmer zu setzen.

Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie in Leverkusen?

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Wir rechnen mit über 150 Teilnehmern.

Zur Person

Falko Schröder ist 16 Jahre alt und besucht die Oberstufe des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Leverkusen-Lützenkirchen. Bei Fridays for Future ist er seit eineinhalb Jahren aktiv, seit einem Jahr als Pressesprecher. Unter anderem auf sein Bestreben hin hat der Stadtrat Leverkusen im Juli 2019 den „Klimanotstand“ ausgerufen. Am 25.September demonstriert er erneut mit Fridays for Future ab 11 Uhr auf dem Friedrich-Ebert-Platz. (ReL)

www.facebook.com/Fridays4FutureLEV

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten im Zuge der Corona-Krise gezeigt, dass sie sehr wohl handeln kann. Leiten Sie daraus Hoffnungen für Ihre eigenen Ziele im Kampf gegen die Klimakrise ab?

Für mich hat sich in der Corona-Krise vor allen Dingen gezeigt, dass der Fokus der Regierung noch immer auf den alten Industrien liegt: Auf der Autoindustrie, auf dem Verbrennungsmotor. Es wird noch immer gesagt: „Wir können nicht ohne, es ist nicht möglich.“ Ich finde diese Einstellung falsch. Die Regierung hält sie durch die Hilfsgelder künstlich am Leben, anstatt die Gelder an zukunftsorientierte Bedingungen zu knüpfen. Die Corona-Krise hat daher vor allem deutlich aufgezeigt, was die Regierung wirklich für wichtig hält.

Das klingt nach einem ganz schön negativen Fazit.

Ja. Einerseits finde ich es natürlich gut, dass die Regierung so klar gezeigt hat, dass sie handeln kann. Das ist etwas, das wir unbedingt für die Bewältigung von anderen Problemen beibehalten sollten. Aber anderseits ist klar: Wenn ich die Autoindustrie mit sehr viel Geld fördere, dann wird sich auch nichts verändern. Der Verbrennungsmotor ist nicht zukunftsfähig, doch wenn die Regierung Investitionen in zukunftsfähige Technologien zunichte machte, indem sie weiter das Alte fördert, steigt die Hemmschwelle immer weiter, sich dem Neuen zuzuwenden.

Was genau bedeutet zukunftsfähig denn für Sie?

Zukunftsfähig bedeutet erst einmal, dass wir Lieferkettengesetze implementieren, die sicherstellen, dass die Waren, die wir importieren, sauber sind – im Hinblick auf die menschlichen Aspekte, aber auch mit Blick auf ihre Umweltschädlichkeit. Wir dürfen andere Länder nicht auf Kosten des industriellen Wachstums in Deutschland ausbeuten. Auf der anderen Seite bedeutet zukunftssicher ganz klar auch, dass sich die Industrien in Deutschland so positionieren, dass sie in 25 Jahren noch relevant sind. Dass meine Generation nicht irgendwann zurückblickend sagen muss: „Was waren das eigentlich für Industrien, die wir damals großgehalten haben? Heute ist davon nichts mehr übrig, weil die Autoindustrie eben doch nicht das Wahre war.“

Welche konkreten Forderungen stellt Fridays for Future am 25. September?

Die Demo steht in erster Linie unter dem Motto #KeinGradWeiter. Darunter verstehen wir, dass jetzt der absolute Schlussstrich gezogen werden muss, mit jedem Jahr Nichtstun wird es schwerer. Auch die Senkung des Co2 -Ausstoßes um 55 Prozent von Ursula von der Leyen ist nicht ausreichend. Wenn wir dieses Jahr sagen: „Ach, 55 Prozent reicht uns“, dann müssen wir in fünf Jahren sagen: „So, jetzt brauchen wir 100 Prozent.“

Wie soll das gehen?

Aktuell befinden wir uns noch in einer vergleichsweise angenehmen Lage. Gerade im Hinblick auf die Corona-Krise, für die wir unfassbar viel Geld zur Verfügung haben. Wenn dieses Geld vernünftig genutzt würde, um gezielt zukunftsfähige Branchen zu fördern, würde sich vieles in den nächsten Jahren von selbst lösen.

Wie bewerten Sie die massiven Zugewinne der Grünen bei den Kommunalwahlen?

Man merkt, dass die großflächige Informationspolitik von unserer Seite Wirkung zeigt. Die Leute erkennen, dass es ein Problem gibt und sie werden hellhöriger, wenn sie damit häufiger in den Nachrichten konfrontiert werden. Natürlich finde ich es schade, dass bestimmte andere Parteien noch immer große Prozentsätze bekommen, doch es ist ein guter Schritt wenn Parteien, die sich für Umweltschutz einsetzen, größer werden. Das zeigt: Wir wollen, dass Deutschland grüner wird!

In den vergangen Monaten ist die Klimakrise durch Corona in den Hintergrund gerückt. Hat das der Klimabewegung geschadet?

Natürlich war und ist die Corona-Krise gerade das Wichtigste, denn wir dürfen aufgrund des Klimawandels auch nicht alle anderen akuten Probleme in den Hintergrund stellen. In anderen Ländern hat sich bereits gezeigt, dass das Coronavirus sehr gefährlich wird, wenn man nicht handelt. Was allerdings schade ist, ist dass man Corona nicht als Anlass genommen hat, zukunftsweisend zu handeln.

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Die Corona-Krise ist also auch eine verpasste Chance?

Genau. Es ist wie bei vielen Problemen: Man versucht, die aktiven Auswüchse zu bekämpfen aber achtet nicht auf das, was danach kommt.

Warum haben Sie gerade diesen Zeitpunkt gewählt, wieder auf die Straße zu gehen?

Der 25. September ist für NRW relevant, weil wir neue Kommunalvertreter gewählt haben. Es ist wichtig, die Gewählten darauf aufmerksam zu machen, dass wir als Teil des Volkes für unsere Zukunft kämpfen. Wir wollen, dass die Politikerinnen und Politiker im Kopf behalten, dass sie uns zugesagt haben, ihre Politik danach auszurichten.

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