„Brutale Basta-Politik“Kein Tunnel für A1 und A3 - so reagieren Leverkusens Politiker

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Die A3 bei Manfort soll verbreitert werden.

Leverkusen – Die Nachricht kam an diesem Tag unerwartet. Monatelang war nichts zu hören gewesen aus dem Bundesverkehrsministerium in Sachen Autobahnausbau in Leverkusen. Nun schlug die Nachricht aus Berlin wie eine Bombe ein: Das Bundesverkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU) hat sich in Sachen Autobahnausbau in Leverkusen entschieden, und zwar sehr eindeutig: Für Stelze statt Tunnel. Die Autobahn 1 soll zwischen den beiden Leverkusener Autobahnkreuzen in der bestehenden Hochlage auf doppelter Breite achtspurig ausgebaut werden. Und auch für die A3 wird keine Tunnellage in Erwägung gezogen: Sie soll in der bestehenden Höhenlage erheblich verbreitert werden.

Enak Ferlemann (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium, teilte dies NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) schriftlich mit, der dann auch Oberbürgermeister Uwe Richrath informieren ließ. Der reagiert schwer verärgert: „Es werden wieder einmal kommunikative Fakten geschaffen, ohne dass auch nur mit der Stadt Leverkusen beziehungsweise mir als Oberbürgermeister gesprochen worden wäre. Das ist natürlich Kalkül: Das Bundesverkehrsministerium stellt damit klar, dass es in dieser Frage keinen Dialog zwischen uns gibt – mehr noch, dass alle guten Argumente der Stadt für einen Ausbau in einer »gedeckelten Troglage« nicht gehört wurden oder schlicht nicht interessieren.“ Dem Ministerium sei es nur um die kostengünstigste Lösung gegangen, ohne Rücksicht auf die Stadt. „Das auch noch als »wichtiger Schritt für Leverkusen« zu verkaufen, erscheint mir in diesem Zusammenhang schon als Hohn.“

Deutlich geringere Kosten

In Ferlemanns Begründung für die Entscheidung zur Hochlage heißt es: „Hierfür sprechen neben den deutlich geringeren Baukosten (300 Millionen statt 560 Millionen Euro für die Tieflage) auch insbesondere die kürzere Bauzeit (viereinhalb Jahre statt acht bis zehn Jahre).“ Außerdem könnten bei einer Stelzen-Verbreiterung langfristige Sperrungen von Rampen im Kreuz Leverkusen unterbleiben. „Leverkusen bekommt damit die billigste Variante und die für die Gesundheit der Bevölkerung maximal schädlichste“, kommentiert der erregte Leverkusener Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach (SPD) die Nachricht aus der Hauptstadt. Eigentlich hatte Minister Scheuer ihm zugesagt, ihn von einer Entscheidung vorab persönlich zu informieren. Das hatte er nicht getan. „Es ist ein Trauerspiel, aber ich habe es immer so erwartet“, so Lauterbach. „Offensichtlich hofft man, dass die Leute in der Corona-Krise abgelenkt sind und sich damit abfinden werden. Was Scheuer da durchzieht, ist ein Schlag in das Gesicht der Leverkusener Bürger und maximal stadtzerstörend.“ Eine alternative Lösung sei niemals ernsthaft geprüft worden. Lauterbach, der sich immer gewünscht hat, dass die Leverkusener mehr Protest gegen die Pläne in ihrer Stadt wagen würden, hat nur eine vage Hoffnung: Dass nach der Bundestagswahl im kommenden Herbst eine andere Bundesregierung diese Entscheidung revidiere.

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Schlichtweg wütend über die Nachricht aus Berlin ist Milanie Kreutz. Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Leverkusener Stadtrat kann kaum an sich halten: „Das ist eine absolute und brutale Basta-Politik. Man hat uns hingehalten und nie eine Chance gegeben. Die Leute, die das entschieden haben, wissen nicht einmal, wie Leverkusen aussieht!“ In Bayern wäre das nicht passiert, aber dafür habe man dort ja immer den Bundesverkehrsminister. „Ich erwarte jetzt mehr Wut aus der Bevölkerung.“ Schließlich sei dieser Autobahnausbau eine Entscheidung mit Auswirkung auf die nächsten Generationen.

Erhard Schoofs, Chef der Bürgerliste im Stadtrat, erfuhr die Neuigkeit vom »Leverkusener Anzeiger«: „Das ist der absolute Wahnsinn, aber ich habe das befürchtet und nichts anderes erwartet.“ Mit Leverkusen könne man das anscheinend machen. Jetzt bliebe den Bürgerinitiativen nur noch übrig, „alles zu mobilisieren, was wir haben“. Zunächst beantragt er eine Sondersitzung des Umweltausschusses zu dem Thema.

„Wir geben nicht auf“, sagt auch der Leverkusener Landtagsabgeordnete Rüdiger Scholz (CDU). Trotz der „leider Gottes mehr als enttäuschenden Sache“wolle seine Partei die „letzte verbliebene Chance“ nutzen. Das könne eine Finanzierung der Stelze aus Städtebaufördermitteln des Landes sein. Ein immerhin satter neunstelliger Betrag für einen aufwendigeren Autobahnausbau auf wenigen Kilometern? „Wir müssen es versuchen“, sagt Scholz. Immerhin habe des Land Hamburg auch die Eintunnelung der A 7 im nördlichen Hamburger Stadtgebiet finanziert. Und da der Bereich zwischen den beiden Leverkusener Autobahnkreuzen erst als letzter Bauabschnitt in den 2030er Jahren umgesetzt werde, habe dies eine realistische Chance, heißt es auch in der abgestimmten Formulierung in einem CDU-Antrag für den Rat.

Scholz und seine Partei suchen natürlich nicht bei Unionspolitikern, sondern anderswo Schuldige für die Entscheidung gegen den Willen des Leverkusener Stadtrates. So habe der frühere Landesverkehrsminister Michael Groschek allein die Stelzenvariante nach Berlin gemeldet. „Auch die ständigen Querschüsse des SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach haben der Stadt Leverkusen geschadet.“

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