„Höhner Rockin' Roncalli“Show feiert vor 1500 Gästen auf Schusterinsel Premiere

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Waghalsiger Wahnsinn unterm Zelt: Bert und Fred(erique) begeisterten – und waren nicht die einzigen.

Waghalsiger Wahnsinn unterm Zelt: Bert und Fred(erique) begeisterten – und waren nicht die einzigen.

Leverkusen  – Nach ein paar Minuten schon hängt Henning Krautmacher gut zwei, drei Meter hoch in der Luft an einem Seil und singt davon, dass ihn nichts mehr am Boden hält – was in den darauf folgenden zweieinhalb Stunden dieser Premiere der „Höhner Rockin’ Roncalli“-Show indes weniger für den Frontmann der Höhner als vielmehr für die Zuschauer gilt.

Die sind nämlich die meiste Zeit über tatsächlich derart aus dem Häuschen, dass sie am Ende, als sich alle Artisten noch mal in der Manege versammeln und zu „Hey Kölle“ singen und tanzen und schunkeln, aufstehen und mitmachen. Ein paar klettern über die niedrige Balustrade und schnappen sich kurzerhand einen der Darsteller. Der Rest hakt sich beim jeweiligen Sitznachbarn in diesem 1500 Menschen Platz bietenden Rund des Zirkuszeltes auf der Schusterinsel unter und macht aus der Show eine Party.

Lebendigkeit und Sensation

Gründe zum Feiern gibt es reichlich. Denn mal ganz abgesehen von der Musik dieser Band, die nun schon seit Jahrzehnten ungemein populär ist im ganzen Land, hauchen die Artisten, die die Höhner und die Verantwortlichen des Circus Roncalli da jedes Mal hervorzaubern, der Darbietung Lebendigkeit und einen Gehalt an darstellerischer wie dramaturgischer Sensation ein, die im klassisch-traditionellen Zirkusbetrieb ihres gleichen suchen dürfte.

Alles zum Thema Höhner

José Henry Caycedo kann als spitzohriges, während der Show immer wieder auftauchendes Fabelwesen machen, was er will: Er kommt doch immer wieder auf diesem dünnen Seil auf, das gut zwei Meter über dem Boden aufgespannt ist: Stehend, sitzend, hockend, halb liegend. Der Clown Kotini Junior verrenkt Gesicht und Gliedmaßen in einem Ausmaß, das gleichsam erschreckend wie irrsinnig, wie ungemein witzig ist. Das Duo Minasov wechselt seine Abendgarderobe per ominösem Zaubertrick schneller als ein normaler Mensch fürs Hochziehen des Reißverschlusses an Jacke oder Hose benötigt.

Prominenz im Publikum

Alexandre Lane dreht derart faszinierend und dem Wortlaut entsprechend am und im Rad, dass sogar herzergreifende Jauchzer aus dem Publikum – in dem viel lokale sowie kölsche Prominenz aus Musik, Politik und Kultur sitzt – zu vernehmen sind, ehe der Kanadier gemeinsam mit seiner Partnerin Emilie noch eine waghalsige Wurf- und Flugshow unterm Zeltdach nachschiebt.

Die beiden belgischen Künstler Fred(erique) und Bert bringen mit ihrer „Die Frau hat in der Beziehung die Hosen an und traktiert ihren Gatten mit fiesen Messer-, Hammer- und Dartpfeiltricks“ die Zuschauer zum Lachen wie Humor-Ikonen des Kalibers Loriot, so er denn noch lebte, oder Helge Schneider es noch nicht mal im Team schaffen würden.

Selbsthumor der Höhner

Dass die Musiker der Höhner bei all der gebotenen Reizüberflutung höchstselbst noch tanzend und blödelnd mitmischen, eine gehörige Portion Selbsthumor an den Tag legen und Henning Krautmacher einmal sogar anstatt in edler Zirkusmantelkluft im Blaumann eines Malochers in die Manege schicken, setzt allem die Show-Krone auf.

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Natürlich, man darf nie vergessen: Das hier ist bei aller scheinbaren Lockerheit und Lachmuskeloffensive von vorne bis hinten und oben bis unten durchchoreographiert, durchgeplant und auf die Sekunde genau konzipiert. Chaos wirkt nur wie Chaos, basiert aber auf einem exakten Masterplan. Anarchie und Wahnsinn funktionieren nur, weil sie festen Vorgaben folgen. Sprich: „Höhner Rockin’ Roncalli“ ist eine Show, die professionellen Standards maximaler Güte genügt.

Spaß und Zirkusshowmagie

Indes: Wenn nach allen Darbietungen die Sache mit dem Schunkeln kommt und die Höhner trotz fortgeschrittener Stunde und – halb ernst – befürchteten Anwohnerklagen über zu viel Krach noch ein kleines Best-of-Set ihrer sattsam bekannten wie beliebten Songs raushauen, dann tun sie das ganz und gar offensichtlich eben nicht nur strikten Standards der Dramaturgie folgend. Dann tun sie das, weil sie – angesichts dieses Abends einmal salopp gesagt – Bock darauf und Spaß an der Freud’ haben. Das hat zwar auch mit Professionalität zu tun nach dem Motto: „Der Kunde will und erwartet genau das.“ Es ist aber Grundehrlichkeit und Begeisterungsfähigkeit – und ein ordentliches Maß an Zirkusshowmagie.

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