Anleitung zum „Buchstabenzauber“Wenn Eltern und Großeltern zum Lesen verführen

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Im Schloss Morsbroich gab Christoph Biemann seine Erfahrungen mit dem Begeistern fürs Lesen weiter.

Im Schloss Morsbroich gab Christoph Biemann seine Erfahrungen mit dem Begeistern fürs Lesen weiter.

Leverkusen – Im Spiegelsaal von Schloss Morsbroich herrscht gedämpftes Licht. Auf den Tischen stehen kleine Köstlichkeiten bereit: Feigen mit Ziegenkäse, weiße Mäuse und – ganz im Motto des Abends – Russisch-Brot-Buchstaben. Eine Viertelstunde vor Beginn setzt über dem Schloss die Dämmerung ein. Da kommt er durch das Tor, drei Bücher unter dem Arm; der grüne Pullover heute kombiniert mit Sakko.

Christoph Biemann gehört seit den 70ern zum Team der „Sendung mit der Maus“. Gemeinsam mit seinem Maus-Kollegen Armin Maiwald erhielt er im Mai diesen Jahres den Landesverdienstorden. Der grüne Pullover ist längst zu seinem Markenzeichen geworden. Unaufgeregt begrüßt Biemann die Wartenden. Eines der Bücher, die er dabei hat, ist sein eigenes, das er heute dem erlesenen Publikum des Museum Litterale, der Veranstaltungsreihe der Schlebuscher Buchhandlung Gottschalk, vorstellen wird. „Buchstabenzauber: Wie Sie Ihr Kind fürs Lesen begeistern“ wird als „uneingeschränkt optimistisches Buch“ vorgestellt – und am Ende des Abends kann man dem nur Recht geben.

Tipps für Eltern

Christoph Biemann beginnt jedoch bescheidener: „Ich hoffe, dass es interessant ist. Wenn es das nicht ist, sagen Sie Bescheid; ich habe auch noch andere Bücher dabei.“ Dann stellt er Passagen aus seinem Buch vor, das er mit Co-Autor Thomas Montasser geschrieben hat. Das Publikum, tendenziell eher Großeltern als junge Eltern, erfährt Wissenswertes über das Lesen – und jede Menge Tipps, wie sie es Kindern schmackhaft machen können.

Ein Mensch, der als Kind überdurchschnittlich viel gelesen habe, verdiene später auch überdurchschnittlich viel, erzählt Biemann. Das Lesen helfe dem Gehirn dabei, sich weiterzuentwickeln. Die Infrastruktur im Kopf, die für das Verständnis längerer Texte notwendig werde, müsse erst aufgebaut werden. Doch dann werde das Lesen zum „Perpetuum mobile“: Lesen führt zu mehr Lesen. Dabei führe gerade das Lesen auf Papier zu einem tieferen Verständnis.

Zu Beginn Bücher mit Bildern

„Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Buch?“, fragt Biemann. „Es ist mit Sicherheit, genau wie alles andere, direkt in den Mund gewandert.“ Das finde aber natürlich noch vor dem Lesealter statt, Neues werde zuerst viel sinnlicher verarbeitet. Für Kinder sei es deshalb hilfreich, zunächst Bücher mit Bildern zu lesen, denn das erleichtere den Zugang zum Text. Auf jeden Fall gelte: Je früher, desto besser.

Was wir in der Kindheit lesen, präge unser Weltbild. Wir lernen, uns in andere Menschen hineinzuversetzen, Regeln in Frage zu stellen, und unsere eigene Fantasie spielen zu lassen. Denn im Gegensatz zu einem Film oder einem Song könne nur der Leser sein eigenes Märchenland sehen. Die „Buchstaben zaubern eine Welt in Ihren Kopf, und das Lesen macht Dinge möglich, die scheinbar unmöglich sind.“

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An die Bücher, die er als Kind gut fand, erinnert sich Christoph Biemann noch. „Die rote Zora“, ein Buch über rebellierende Kinder, „Nussknacker und Mäusekönig“, „Der Struwwelpeter“, von den Eltern offenbar ernst gemeint, und Wilhelm Busch, den er heute noch, zu recht, genial finde. Vorlesen sei weiterhin wichtig, und auch die Kinder könnten zur Abwechslung mal den Eltern vorlesen. Die Eltern seien die ersten Vorbilder für ihre Kinder, und das könnten sie auch nutzen, um das Interesse ihrer Kinder am Lesen zu fördern. Selbst lesen, und zwar nicht nur abends im Bett, sondern auch so, dass die Kinder es mitbekommen, hinterlasse einen wichtigen Eindruck.

Für das „Leseeintrittsalter“ empfiehlt Biemann auch ein Buch, es ist eines von denen, die er dabei hat: „Das Böse kommt auf leisen Sohlen“ von Ray Bradbury. Dann, und so klingt der Abend aus, liest Christoph dem Publikum noch etwas vor.

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