DemonstrationHunderte protestieren gegen Kürzungen im Leverkusener Kultursektor

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Leverkusen – Es war die große Welle der Unterstützung und Solidarität, die Markus Heinzelmann sprachlos machte. Der Direktor des Museums Morsbroich war am Samstagmittag umringt von Leverkusenern, die die geplanten Kürzungen im Kulturetat für nicht annehmbar halten.

Von diesen Plänen ist auch das Museum im Schloss betroffen, über dessen Schließung debattiert wird. In der Leverkusener Kunstszene war der Aufschrei groß.

Ihrem Ärger machten freischaffende Künstler, kulturelle Vereine und interessierte Bürger mit einem Demonstrationszu Luft. Über 450 von ihnen zogen von der Musikschule aus bis zum Rathaus.

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Musikschüler schlugen auf Trommeln, eine Alarmsirene ertönte durch ein Megafon. Finster waren die Mienen. Dass die Herzen vieler Menschen an der hiesigen Kulturszene hängt, davon zeugten Schilder mit Aufschriften wie „Alles Fußball oder was?“, „Wir sind das schwimmende Volk“ oder „Spart woanders!“.

Markus Heinzelmann durfte selbst nicht Stellung nehmen. Statt eines Schilds hielt er zu Beginn des Zugs eine Blume in der Hand. Nur so viel: „Wir finden es großartig, dass diese Initiative von freien Gruppen ausgegangen ist“, sagte er. „Wir sind dankbar dafür. Ich hoffe, dass Leverkusen sieht, wie hoch die Unterstützung und das Interesse für die Kultur ist.“ Bei der Petition für den Erhalt des Museums zeichnete es sich bereits ab, dass die Kulturschaffenden und -freunde Rückendeckung aus der Bevölkerung bekommen. Mehr als 14 000 Unterschriften wurden bereits gesammelt.

„Es wäre eine Katastrophe für die ganze Stadt, wenn das Museum geschlossen würde“, sagte Demo-Teilnehmerin Ingrid Müller-Ost mit aller Deutlichkeit. Das Herz der Leverkusenerin hängt am Museum Morsbroich. Auch deshalb ist sie die Vorsitzende des Kunstvereins, der im Schloss beheimatet ist. „Es wurde nie ausgesprochen, aber wenn das Museum geschlossen wird, dann gibt es uns auch nicht mehr.“

„Ganz Leverkusen hat die Problematik zu tragen“

Als Zeichen ihres Protests hängten sie und ihre Mitstreiter sich einen leeren Bilderrahmen beziehungsweise ein Passepartout um den Hals – ein Sinnbild für die kulturellen Schätze, die verloren gehen würden. Da sie so wertvoll seien, solle ins Auge gefasst werden, dass die Bürger sich finanziell beteiligen, schlug Ingrid Müller-Ost vor. „Ganz Leverkusen hat die Problematik zu tragen.“

Ursula-Sabine von Gizychi hatte einst über den Kunstverein in der Leverkusener Kulturszene eine Heimat gefunden. Es war für sie eine Selbstverständlichkeit, bei der Demo mitzumachen. „Die Politiker werden überrascht sein, wie viele Menschen hier sind“, sagte sie. „Das Museum Morsbroich ist das erste Museum für zeitgenössische Kunst in Deutschland. Das vergessen viele.“ Henriette Hormann hatte für die Sparpläne nur ein müdes Kopfschütteln übrig. Die 80-Jährige war einst Gründungsmitglied mehrerer kultureller Vereine, wie dem Kunstverein und dem Förderverein der Westdeutschen Sinfonia. „Ich hoffe, dass der Protest so viel Eindruck macht, dass die Sammlung nicht angetastet wird“, sagte die 80-Jährige. „Wir müssen die Kultur fördern, nicht kürzen.“

Von der Kürzung im Kulturetat wäre auch die Studiobühne betroffen, die bislang mietfrei im Künstlerbunker beheimatet ist. Eine monatliche Miete kann die Schauspielgruppe mit den Eintrittsgeldern allein nicht aufbringen. „Ehrenamtliche Arbeit wird nicht gewürdigt. Es geht immer nur ums Geld“, empörte sich Renate Basner. „Was man einmal abschafft, das kommt nie mehr wieder.“

Stadt hat Geld für Mülleimer

Nora Wolf dachte bei dem Protest an die Zukunft ihrer Kinder, die Kurse in der Musikschule besuchen. „Wir müssen unsere Kinder ganzheitlich erziehen, sonst verarmt unsere Gesellschaft“, erklärte sie ihre Motivation.

Auf ihrem Plakat erteilte sie den Sparplänen eine klare Absage. Die Stadt habe beispielsweise viel Geld für Mülleimer ausgegeben. „Das hat mich sehr aufgeregt“,sagte Nora Wolf, die vorschlug, statt an der Kultur am Personal zu sparen.

Ingrid Müller-Ost jedenfalls wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Das gemeinsame Orchester der Städte Remscheid und Solingen, die „Bergischen Symphoniker“, stand auch zur Disposition, wurde aber nach langem Ringen erhalten. Sie war sich sicher: „In Leverkusen kann das doch auch klappen. Die Problematik in Sachen Haushalt liegt nicht in der Kultur.“

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