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Der Stärkste überlebt

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Büro-Experiment: Joelle, Magdalena, Kaja (v.l.) sind die Protagonistinnen in „Schreiadler“.

Büro-Experiment: Joelle, Magdalena, Kaja (v.l.) sind die Protagonistinnen in „Schreiadler“.

Es fängt nicht an wie ein Höllenritt. Wie jener Höllenritt, als der sich dieses Kammerspiel letztlich entpuppt. Im Gegenteil: „Schreiadler“ beginnt gemächlich. Das Stück des jungen Regisseurs Tobias Saelz, das Inga Engels-Kunz sowie Sabine Lüer für das Ensemble der Studiobühne arrangierten, führt drei Damen im Zimmer ihres Chefs zusammen und lässt sie über sich und die Arbeit und das Leben sprechen. Ungezwungen.

Es geht um schlechte Arbeitsbedingungen – aber die gibt es ja überall. Erzähl’ mal was Neues. Oder um Ärger mit dem Lebensgefährten daheim. Es geht um Kolleginnen, die sprechen wie ihnen die Schnauze gewachsen ist und die damit alle nerven. Und um einen Chef, der nicht zum von ihm selber anberaumten Gespräch erscheint – wurde wahrscheinlich aufgehalten, hat zu viel zu tun.

Und natürlich horcht man bei so einer Gelegenheit dann auch mal ein bisschen nassforsch aus, was die Kolleginnen denn eigentlich so umtreibt und wieso der Boss wohl auch sie sprechen will. So weit so normal. Ist eben Alltag. Weiter geht’s.

Spürbare Veränderung

Aber die Art und Weise, wie es weiter geht, gehört dann doch zur Kategorie „Es läuft aus dem Ruder“. Denn: Auf einmal verschiebt sich etwas im Binnenverhältnis des Trios. Langsam. Aber spürbar. Die erste, Joelle (Berit Haupt), entpuppt sich als desillusioniertes Nervenwrack, das andere anzuschwärzen bereit ist, wenn es einen eigenen Vorteil mit sich bringt. Die zweite, Magdalena (Martina Dolle), offenbart, wie sehr sie wirklich mit der Tochter daheim und der Pflege der kranken Mutter überfordert ist. Tag für Tag. Und wie sich herausstellt vor allem: Wodkaflasche für Wodkaflasche. Sie, die ach so souveräne Spießerin, ist eine vom Leben Geschlagene. Und Kaja (Barbara Hiesinger) schließlich, die Proletin mit Lederkutte, erkennt, dass alle gegen sie sind und keift entsprechend zurück.

Bis eine, befeuert vom Alkohol, zusticht und dann selber im Rausch vergeht. Und bis am Ende die zuvor am labilsten von allen erscheinende alleine da steht und erkennt, dass der Chef dieses Spiel auf Leben und Tod als Experiment des „Survival Of The Fittest“ angelegt hat. Des Stärksten, der überlebt. So wie es der Schreiadler eben mit seiner Brut macht, wenn die zu groß ist. Und plötzlich ist die Gemächlichkeit fort und ein anfangs so trügerisch harmloses Theaterstück zur sarkastischen Parabel auf die Leistungsgesellschaft und den Kapitalismus geworden. Starkes Theater.

„Schreiadler“ wird im Februar (16.), März (1., 4., 7., 8., 13., 14., 18., 20., 21., 22.) sowie im April (3. und 4.) in der Studiobühne im Bunker Karlstraße aufgeführt (freitags 20 Uhr, samstags/sonntags 18 Uhr). Karten (14 Euro) gibt es an der Abendkasse (Reservierungen möglich unter ? 02171/94 60 02 ).

www.studiobuehne-leverkusen.de

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