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Droht eine tote Einkaufs-Mall?Warum die Rathaus-Galerie bald zu 40 Prozent leersteht

Lesezeit 4 Minuten
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Kämpgen verlässt die Rathaus-Galerie.

  • Kämpgen zieht aus der Rathaus-Galerie in Leverkusen-Wiesdorf heraus, gerüchteweise auch Starbucks. Weitere Geschäfte folgen.
  • Bald droht 40 Prozent Leerstand in der „Mall“. Und das ausgerechnet zum zehnten Geburtstag.
  • Warum es gerade jetzt zu dieser Entwicklung kommt, erklärt unser Autor Ralf Krieger. Droht eine tote Einkaufsgalerie?

Leverkusen – Von den Dekorateuren der Rathaus-Galerie können sich manche Innenstadt-Manager eine Scheibe abschneiden. Wird ein Laden geschlossen, dann gibt es dort nicht einfach abgeklebten Wände, vielmehr wird auf viele der leeren Ladenfronten ein passgenaues Bild eines florierenden Geschäfts aufgeklebt. Eine gut gemachte Illusion, die dem Gehirn buntes, munteres Treiben vorgaukelt.

Denn, denkt man sich die Geschäftsattrappen mal weg, wäre das Bild im hell ausgeleuchteten Einkaufszentrum deprimierend. Für die Leverkusener ist das eigentlich ein gewohnter Anblick: In anderen Einkaufsmeilen der Stadt gibt es noch viel mehr Leerstände.

Um die 40 Prozent aller Ladenlokale werden in der Rathaus-Galerie demnächst leer stehen, haben ein paar Geschäftsleute aus der Mall über den Daumen gepeilt. An vielen Läden hängen Schilder „Räumungsverkauf“. Die Dekorateure werden wohl noch einige „Schein-Geschäfte“ aufkleben müssen: Der Schuhhändler Kämpgen schließt seine Filiale, das dürfte der größte sein, der zumacht.

Groß ist die Zahl der kleinen Läden, die endgültig schließen. Aber nicht jeder Saison-Räumungsverkauf heißt auch, dass das Geschäft schließt. Der Verbleib des amerikanischen Cafés Starbucks steht auf der Kippe. Dort gibt es keine Schilder, die eine Schließung ankündigen, Insider sprechen aber darüber.

Jubiläum als Leerstands-Grund

So seltsam das klingt, der Grund für die vergleichsweise sehr hohe Leerstandsquote ist das Jubiläum, das die „Mall“ in diesem Jahr feiert. Die Mietverträge, die ab der Eröffnung am 24. Februar 2010 liefen, wurden alle mit einer zehnjährigen Laufzeit abgeschlossen. Eine große Zahl der Betreiber will jetzt offenbar nicht verlängern. Ein Inhaber eines Markengeschäfts, der aufhören will, nannte seine Gründe: Durchaus gebe es zwar genug Kunden, nur die Mieten der Läden sei so hoch angesetzt, dass zu wenig übrig bleibe. In Verhandlungen bliebe die Centerleitung hart. Zudem, sagt der Inhaber, sei die Arbeit über Jahre unter künstlicher Beleuchtung und ohne frische Luft unangenehm.

Weniger die Luft, eher die Höhe der Mieten ist wohl einer der Grunde, dass es kaum einer der eh schon wenigen lokalen Händler aus der Leverkusener Geschäftswelt geschafft hat, im Center neben den großen Filialisten zu bestehen. Zuletzt musste der Wiesdorfer Outdoor-Spezialist „Einfach weg“ eine Marken-Filiale in der Mall schließen. Ein anderer Geschäftsmann im Center sagt: Wenn Starbucks aus der Galerie ginge, sei das schon eine Aussage. Center Manager Gregory Hedderich blickt dagegen optimistisch ins Jubiläumsjahr 2020. „Das ist ein normaler Prozess.“

Steigende Frequenz am Eingang gemessen

Der Center-Umsatz sei stabil, die Zahl der Menschen, die hineinkämen, messe man an den Eingängen automatisch. Die Frequenz sei steigend, knapp 30 000. Er habe neue Abschlüsse für die Mehrzahl der auslaufenden Verträge. „Ich bin guten Mutes, dass wir bis Herbst wieder 90 Prozent aller Ladenlokale geöffnet haben“, sagt er, „spätestens aber zum Weihnachtsgeschäft“. Einige Betreiber änderten ihre Konzepte. Über den Frühling und Sommer sei eine kleine Durststrecke zu erwarten, was geöffnete „Shops“ angehe, sagt Hedderich.

Zu Starbucks könne er nichts sagen. Positiv sei, das die großen Geschäfte Rewe, Saturn, C&A und H&M verlängert hätten. Ein Fall für die Webseite DeadMalls.com, auf der das weltweite, aber vornehmlich amerikanische Mall-Sterben dokumentiert wird, ist die Wiesdorfer Rathaus-Galerie bei weitem noch nicht.

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Am vergangenen Freitag waren laut offizieller Webseite der Rathaus-Galerie noch 103 Geschäfte geöffnet. Inklusive der Sparkassen-Nische mit Geldautomat, die als Geschäft aufgezählt wird. In einer Eigenwerbung war einmal von 120 Geschäften die Rede. Wie viel es am Jahresende sein werden, wird man einfach abwarten müssen.

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Das zehnte Jubiläum am 24. Februar fällt genau auf Rosenmontag, die Veranstaltungen, mit der die Galerie feiert, ziehen sich aber übers ganze Jahr. Mindestens eine Verbesserung für die Kunden gibt es in diesem Jahr: Die Bezahlung für den Gang zur Toilette soll künftig freiwillig sein, das Drehkreuz, das seit zehn Jahren die unentgeltliche Nutzung des Aborts verhindert hat, soll verschwinden.

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