Emotionaler AuslöserWie ein Senior aus Leverkusen Hunderte Krippen anfertigte

Lesezeit 3 Minuten
Ein Krippendorf, auf das Ruppelt besonders stolz ist: Bunte Figuren und Häuser aus Baobab-Früchten und Strohdächern vom Supermarkt.

Ein Krippendorf, auf das Ruppelt besonders stolz ist: Bunte Figuren und Häuser aus Baobab-Früchten und Strohdächern vom Supermarkt.

Leverkusen – Es fehlte ihm etwas im Altenheim. Als Franz Ruppelt vor 20 Jahren pensioniert wurde, kümmerte er sich intensiv um seine Mutter – und half ehrenamtlich in der Einrichtung, die sie beheimatete.

Um der eher tristen Heim-Umgebung etwas Leben einzuhauchen, bastelte Ruppelt Krippen. Die Bewohner waren begeistert – und aus einer Idee wurde ein Hobby, eine Leidenschaft.

Drei Stunden unterwegs

Mittlerweile hat der 82-Jährige mehr als 400 Krippen gebaut und gesammelt, 63 davon sind bis zum 6. Januar im Opladener Krippenweg ausgestellt. Wer sie alle sehen möchte, ist etwa drei Stunden unterwegs – und kann dabei sogar etwas gewinnen (siehe „Das Gewinnspiel“).

Als Ruppelt an der Krippe „Die Betenden“ (Bild unten, die in einem Modegeschäft ausgestellt wird, stehen bleibt, verzieht sich seine Miene ein wenig: „Die Leute denken, die Krippen sprechen nicht für sich.“ Ihn stört die Lichterkette, die als Verzierung der schlichten afrikanischen Variante angebracht ist. Der Liebhaber kann aber darüber hinwegsehen, schließlich will er die Weihnachtsbotschaft in Opladener Geschäfte bringen: „Die Krippen sind eine Brücke zwischen christlichem Erinnern und Kommerz.“

Das Gewinnspiel

In der Opladener Innenstadt sind zwar 63 Krippen ausgestellt, aber nicht jede trägt das Wort „Krippe“ in ihrem Namen. Wer herausfindet, wie viele Krippen nicht als „Krippe“ bezeichnet werden, bekommt eine Überraschung – finanziert von den ausstellenden Geschäften, bei denen die Antwort abgegeben werden kann. Franz Ruppelt verspricht: „Jeder, der die richtige Lösung einreicht, bekommt auch etwas.“ (pg)

Das zeitintensive Hobby hat laut Ruppelt nicht nur große Teile des eigenen Hauses in Anspruch genommen, sondern auch die Nerven seiner Frau. Und so übernahm die Aktionsgemeinschaft Opladen vor einigen Jahren 350 Krippen – für einen „symbolischen Betrag“. Er ist der AGO dankbar, sagt aber mit einem Augenzwinkern: „Es ist schon ein Unterschied, ob ich die Krippen pflege oder jemand anders. Sie brauchen halt einen alten Mann, der handwerklich ein wenig begabt ist.“

Seine Krippen sollen Tradition und Kommerz verbinden, die Lichterkette stört Franz Ruppelt trotzdem.

Seine Krippen sollen Tradition und Kommerz verbinden, die Lichterkette stört Franz Ruppelt trotzdem.

Begeistert ist Ruppelt von einer „Grulicher Krippe“ aus Tschechien, die neben der Geburt Jesu schemenhaft verschiedene gesellschaftliche Schichten abbildet. Könige, Geistliche sind oben abgebildet, Hirten in der Mitte, einfache Arbeiter ganz unten platziert – „das ist ganz selten“, merkt Ruppelt begeistert an, normalerweise gebe es höchstens zwei Etagen. Der 82-Jährige kann diese Details wertschätzen, auch wenn er der Einzige ist in Opladen, vielleicht sogar in Leverkusen. Zwischenzeitlich hatte Ruppert einen Krippenverein gegründet, das Interesse zum Beitritt sei allerdings „gleich Null“ gewesen. Trotzdem macht er weiter, aus Leidenschaft.

Unikate aus aller Welt

Seine Unikate stammen aus Nigeria, Kenia, Peru, Spanien, Ägypten, Polen – diese Liste würde kein schnelles Ende finden. Ruppelt ist es wichtig, die internationale Krippen-Vielfalt darzustellen.

Stall, Stroh, Krippe - auch klassische Varianten gibt auf dem Opladener Krippenweg zu begutachten.

Stall, Stroh, Krippe - auch klassische Varianten gibt auf dem Opladener Krippenweg zu begutachten.

Die Anekdoten des Seniors reichen von einer liebgewonnenen Kastenkrippe, auf die er zufällig in Barcelona gestoßen ist, über Baumarktzäune als Kunstmaterial bis zu seinem einst farblosen nigerianischen Krippendorf, dessen bunte Variante er in Berlin gefunden hat. Als er die farbliche Gestaltung mit feinen Pinselstrichen für sein Modell übernahm, hoffte er sehr, „dass das im Sinne des Künstlers ist“.

Die Ausstellung liegt dem 82-Jährigen am Herzen, er hätte die Krippen auch teuer verkaufen können. „Der Markt ist relativ groß“, erklärt er, aufwendige Exemplare wären vierstellige Beträge wert. Ruppelt allerdings will sich von seinen Krippen nicht trennen, schon die Übernahme durch die AGO erlebte er „mit einem tränenden Auge“.

Eine Kastenkrippe aus Barcelona.

Eine Kastenkrippe aus Barcelona.

Er befürchtet: „Vielleicht muss ich mal loslassen“. Der Opladener Innenstadt würde zur Adventszeit etwas fehlen.

KStA abonnieren