Konzert im ForumJunge Sinfonie Köln spielt zugunsten der Kinder-Palliativstation

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Probe vor dem großen Auftritt: Urologe Kai Peter Schuster dirigiert die Junge Sinfonie Köln.

Probe vor dem großen Auftritt: Urologe Kai Peter Schuster dirigiert die Junge Sinfonie Köln.

Leverkusen – Bundesweit gibt es bisher nur zwei Kinder-Palliativstationen. Das sind eindeutig zu wenige, um schwerkranke Kinder und Jugendliche flächendeckend gut zu versorgen. Im Leverkusener Gesundheitspark soll nun die dritte Station dieser Art errichtet werden. Vom Land gab es bereits einen Zuschuss von 1,5 Millionen Euro, gebraucht werden für den Bau jedoch 3,4 Millionen. Um die Finanzierungslücke zu schließen, werden daher Spenden notwendig. Die Kampagne zur Unterstützung des Projektes wurde am Freitagabend mit einem Benefiz-Konzert im Forum ins Leben gerufen.

„Musik für Medizin“ heißt das Programm an diesem Abend, das die Junge Sinfonie Köln gemeinsam mit dem Pianisten Alexander Krichel gestaltete. Der 2018 gewählte Dirigent der Jungen Sinfonie, Kai Peter Schuster, ist selbst Urologe im Klinikum – der Ärztliche Direktor des Klinikums, Dr. Jürgen Zumbé, freut sich darüber, das „Hausorchester“ anzukündigen. Mit dem Erwerb einer CD des Pianisten oder der Jungen Sinfonie werden an diesem Abend je weitere zwei Euro für den Zweck gespendet: „So können Sie Ihre Zeit im Fegefeuer verkürzen“, sagt Zumbé und schmunzelt.

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Der Dirigent bekommt bei seinem Auftritt Jubel vom Fanclub; die halbe Klinik scheint im vollen Saal anwesend zu sein. An diesem Abend wird Musik aus dem 19. Jahrhundert geboten, das Orchester startet mit dem gefeierten Kölner Offenbach. Die Ouvertüre zu „La Grande Duchesse de Gérolstein“ wartet mit leicht dahermarschierenden Rhythmenwechseln auf. Dass Offenbachs Operette das Militär aufs Korn nimmt, ist klar herauszuhören. Die Junge Sinfonie spielte die „Langversion“ der Ouvertüre mit allen musikalischen Besonderheiten. Von allen Musikern der Jüngste scheint der Mann am Becken zu sein, aufmerksam schlägt er die militärischen Akzente.

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Internationale Auftritte

Alexander Krichel betritt die Bühne für Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 in c-Moll. Der 30-Jährige tritt weltweit auf und engagiert sich schon seit vielen Jahren für die Hospiz- und Palliativarbeit. Mit zuckenden Bewegungen bespielt er den Flügel, hält scheinbar ewig andauernde Triller und lässt märchenhafte Klanggeflechte im Solo-Part erklingen. Die Noten hat er im Flügel zur Unterstützung und blättert sie andächtig regelmäßig um, ohne jedoch wirklich einen Blick darauf zu werfen. Manchmal fallen Orchester und Pianist rhythmisch leicht auseinander, häufig ist das Orchester auch nur begleitendes und unterstreichendes Beiwerk der Klaviermelodien. Alle Augen im Saal sind wie gebannt auf Krichel gerichtet, während er für das furiose Finale des 1. Satzes vom Schemel abzuheben scheint.

Vor allem die Zugabe des Pianisten hat es in sich: Isoldes Liebestod aus Wagners „Tristan und Isolde“ spielt er mit einer solchen Hingabe und Emotionalität, dass manche im Publikum zu Tränen gerührt sind. Als die letzten Töne des Klaviersatzes verklingen, liegen Krichels Finger noch auf den Tasten und keiner wagt es, zu atmen. Dann folgen tosender Applaus und Standing Ovations; in der Pause herrscht reger Andrang, um eine CD vom Pianisten signieren zu lassen. In der zweiten Hälfte des Abends kommt die Junge Sinfonie noch einmal auf den Tristan zurück, diesmal mit Ouvertüre in der orchestralen Version.

Wagner ist mittlerweile immer ein Diskussionsgrund und kann im Programm auch an diesem Abend nicht einfach stehen gelassen werden, zumal der jüdische Komponist Mendelssohn, der von Wagner häufig verunglimpft wurde, im Programm folgt. Kai Peter Schuster bemüht sich, dem Publikum die musikalischen Elemente näher zu bringen und bietet eine unterhaltsame Einleitung in die verschiedenen Motive der Wagner-Oper. Hier scheint durch, was sich die Junge Sinfonie zur Aufgabe gemacht hat: Kindern die Musik näher zu bringen.

Das geht durchaus auch für Erwachsene. Der berühmte „Tristan-Akkord“, ein disharmonischer Dominant-Sept-Akkord, wird gleich in den ersten Takten der Ouvertüre angespielt und durch die gesamte Komposition nicht richtig aufgelöst. Ein amüsiertes Publikum lauscht Schusters Erläuterungen und genießt dann die zitternden Bratschen und weinenden Celli. Zum Schluss der Suite fällt der Dirigent vor Anspannung vornüber auf sein Pult.

Für Mendelssohns Sinfonie Nr. 5 in d-Moll schließlich brauchen Orchester und Publikum einen langen Atem. Die „Reformation“ wechselt sich zwischen freudig schillernden und düster niedergehenden Sätzen ab. Der Abend geht fast in die vierte Stunde, als der lange vierte Satz schlussendlich verklingt. Das Orchester bekommt einen langanhaltenden, verdienten Applaus.

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