Kunstverein LeverkusenSphärische Sounds und Melodien aus dem Kreativlabor

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Chemical Sound Machine: Der Opladener Künstler Ketonge widmet sich im Kunstverein Sound- und Optikspielereien.

Leverkusen – Keine Frage: Karlheinz Stockhausen hätte jubiliert. Und auch die frühen Kraftwerk – also die Bandbesetzung, die in ihrem legendären Düsseldorfer Studio an der Mintropstraße in den 70er Jahren an Mini-Moogs und anderen Kult-Synthesizern herumfuhrwerkte und Töne und Klänge erforschten – hätten ihre helle Freude an dem gehabt, was da derzeit im Kunstverein steht: Eine Maschine der elektronischen Sounds. Aufgebaut vom in Opladen lebenden Künstler Manfred Rücker, der in den Kreisen der Kreativen unter dem Pseudonym Ketonge bekannt ist.

Dr. Snuggles und Doc Brown

Wobei der Begriff „aufgebaut“ es nicht ganz trifft. Er klingt zu unspektakulär. Zu normal. Ketonges Maschine ist vielmehr: zusammengebastelt, -geklebt, -gebunden. Eisenteile, Klebeband, Pappe, Holz, Plastik, Töpfe, Eimer, Farbe, Flüssigkeit, Leitungen, Schläuche, Rohre, dazu akustische Effektgeräte aller Art, Mikrofone – es ist ein Sammelsurium. Eines, das auf den ersten Blick wie dem Labor der Kinderzeichentrickfigur Dr. Snuggles oder des „Zurück in die Zukunft“-Wissenschaftlers Emmett „Doc“ Brown entsprungen zu sein scheint. Es braucht schon ein paar Minuten, um sich in dieses Wirrwarr einzudenken und zu erkennen: Hinter dem scheinbaren Chaos stecken Kalkül und fassbare, greifbare, nachvollziehbare Sinneseindrücke.

Denn sobald Ketonge gemeinsam mit seinen Künstlerkolleginnen Alisa Berger und Maria Wildeis, die ihn bei diesem Projekt begleiten, seine Maschine anwirft, erklingen sphärische Sound- und Melodielandschaften. Filmmusik. Elektronik-Tracks. Stücke, aus denen sich trotz Wummern und Dröhnen immer wieder so etwas wie Liedgebilde herausschälen, zeitweise von Berger untermalt mit Sprechgesang.

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Dass diese drei schon häufiger gemeinsam aufgetreten sind – sowohl bei Ausstellungen als auch bei Musikfestivals, ist auf einmal absolut nachvollziehbar. Und sobald Ketonge seine zur Vuvulectra umgebaute Vuvuzela-Tröte – mit der 2010 die Fans in Südafrika sämtliche Spiele der Fußball-WM lautstark begleiteten – einsetzt, ist der Unterhaltungsfaktor endgültig auf Anschlag gedreht.

Beeindruckende Vita

Dass das Trio um Ketonge – der unter anderem an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte und über die vergangenen knapp 20 Jahre eine beeindruckende Künstler-Vita aus Kooperationen und Präsentationen aufbaute – überhaupt hier in den Remisen des Schlosses Morsbroich gelandet ist, verdankt es tatsächlich der Pandemie. Dem Lockdown. „Öffnen dürfen wir natürlich nicht“, sagt Susanne Wedewer-Pampus vom Kunstverein. Aber Kreativen wie diesen die Möglichkeit geben, vor Ort ihrer Kunstarbeit nachzugehen schon.

Und so baute Ketonge eben „eigens für die Galerie hier und rein improvisiert“, wie er sagt, seine Chemical Sound Machine auf (der Chemiverweis im Namen ist eine Anspielung an die Chemiestadt Leverkusen) und dreht Videos, die demnächst auf Videoplattformen wie Youtube im Internet zu sehen sein werden.

Die Kunst lebt

Womit die derzeitige unerfreuliche Lage sogar noch etwas Gutes hat und sich zeigt: Die Kunst lebt. Und auch wenn sie derzeit nicht wie gewohnt in die Öffentlichkeit getragen werden kann: Sobald all das irgendwann vorbei ist, brummt die Maschine ganz bestimmt erst so richtig.

www.kunstverein-leverkusen.de

www.ketonge.wordpress.com

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