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Leverkusener GroßfamilieZweiter Trauerzug unter den Augen der Polizei

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Mit viel familiärer Begleitung und Musik wurde der Sarg von Oliver Goman auf den Friedhof Reuschenberg geschafft. Der war am Montagabend erneut für 24 Stunden gesperrt worden. 

Leverkusen – Die zweite Trauerfeier binnen eineinhalb Wochen hat am Dienstag erneut ein sehr großes Aufgebot an Polizei und anderen Ordnungskräften sowie Straßensperrungen rund um den Friedhof Reuschenberg verursacht. Mit Oliver wurde noch ein Bruder des Familienoberhauptes Jan „Morro“ Goman zu Grabe getragen. Auch „Oli“, wie er in der stadtbekannten Großfamilie genannt wird, war nach deren Angaben infolge einer Corona-Infektion gestorben. Der 53-Jährige hatte zuletzt auf der Intensivstation der Bonner Uniklinik gelegen. Vorigen Donnerstag erlag er den Folgen.

Wiederum ergriffen Polizei und Stadtverwaltung viele Sicherheitsmaßnahmen, damit die Trauerfeier unter den Einschränkungen in der Pandemie nicht aus dem Ruder läuft. Der Friedhof wurde am Montagabend um 18 Uhr für Besucher geschlossen. Auf diese Weise wollten die Ordnungskräfte verhindern, dass sich an der Gruft der Familie allzu viele Menschen versammeln. Zugelassen zur eigentlichen Trauerfeier, die am Dienstag um 13 Uhr begann und sich mehrere Stunden hinzog waren 25 Erwachsene und ebensoviele Kinder bis 14 Jahre.

Zentralrat zu Besuch

In überraschend vielen, auch überregionalen Medien hatte es Berichte über die Beerdigung am vorvergangenen Freitag gegeben. Beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma waren Beschwerden von Roma eingegangen, die sich etwa durch den Begriff „Roma-Clan“ diskriminiert fühlten, mit dem die stadtbekannte Leverkusener Großfamilie in manchen Berichten bezeichnet wurde. Josef Schneeberger von der Vereinigung der Sinti und Roma für Mensch und Rechte Köln war am Dienstag deshalb aus Köln als Beobachter und Vermittler zum Reuschenberg gekommen. Auch Mitglieder der Großfamilie hatten sich anscheinend beschwert.

„Ich soll hier beobachten und dem Zentralratsvorsitzenden Romani Rose berichten“, sagte Schneeberger, der selbst der Gruppe der Sinti angehört und sein Erscheinen nicht als Parteinahme für Gomans gewertet sehen wollte. Er habe der Familie gesagt: „Wenn Ihr möchtet, dass ich Euch helfe, müsst Ihr Euch an die Regeln halten“, nur dann habe er kommen wollen. Die Familie Goman ist groß und verbreitet.

Beschwerden hatte es beim Zentralrat offenbar auch gegeben, weil es Familienmitglieder gibt, die mit dem Leverkusener Zweig nicht in enger Verbindung stehen, die wegen der Namensgleichheit aber Probleme bekommen. Schneeberger sagte, Beerdigungen und die Trauerfeiern seien für Sinti und Roma normalerweise die größten Feste, zu denen hunderte Menschen kämen. (rar)

Dieses Kontingent wurde diesmal nicht ganz ausgeschöpft: 25 Erwachsene und 18 Kinder registrierte die Polizei. Allerdings wurden auch ein paar Gäste abgewiesen: Wer nicht auf der Liste war, die Bestatter Harald Frentzen übermittelt hatte, kam nicht durch die Sperre. Das verursachte ein paar Diskussionen, aber insgesamt verlief diese Trauerfeier ruhiger als die erste am Freitag voriger Woche.

In deren Verlauf hatte Jan Goman die Ärzte im Leverkusener Klinikum, auf dessen Intensivstation sein Bruder Adam ebenfalls nach einer Infektion verstorben war, wüst beschimpft. Diesmal geschah aber nichts dergleichen.

Ohne Pomp ging es aber auch am Dienstagmittag nicht ab. Ein weißer Schleiflack-Sarg wurde vor dem Eingang vom Leichenwagen auf ein Pferdefuhrwerk gehievt; dazu intonierten die beiden Spielleute die Melodie aus dem Mafia-Epos „Der Pate“. Verstärkung bekamen Geiger und Akkordeonist von einem Lautsprecher, den ein Helfer auf einem „Hackenporsche“ hinter sich her zog. Jan „Morro“ Goman war wiederum im Rolls Royce vorgefahren; Verwandtschaft aus Bad Kissingen kam mit einer sportiven Mercedes-Limousine.

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Derweil absolvierten die Trauergäste die penible Einlass-Prozedur am Friedhofstor, das vorsorglich mit Drängelgittern abgeschirmt worden war. Kurz drauf entschwand der Trauerzug den Blicken. Nur die ziemlich laute Trauermusik war noch eine ganze Weile auf dem Reuschenberg zu hören.

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