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LuftreinhalteplanUmweltzone ist in Leverkusen vom Tisch

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Die Gustav-Heinemann-Straße: Eine Umweltzone würde für Leverkusens Luft nicht viel bringen.

Die Gustav-Heinemann-Straße: Eine Umweltzone würde für Leverkusens Luft nicht viel bringen.

  • Für den Luftreinhalteplan für Leverkusen war ursprünglich unter anderem eine Umweltzone vorgesehen.
  • Doch die Kölner Bezirksregierung zweifelt an der Wirksamkeit: Die meiste Verschmutzung verursacht die Industrie.
  • Auch das Tempolimit lehnt die Behörde als unverhältnismäßig ab: Durch die Bauarbeiten wird man sowieso nicht schnell fahren können.
  • Vorgeschlagene Maßnahmen wie Elektrobusse und die Förderung des Radfahrens lassen viele Leverkusener Ratsmitglieder unzufrieden zurück.
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Leverkusen – Wenn am 1. Juli 2019 der amtliche Luftreinhalteplan für die Stadt Leverkusen in Kraft tritt, wird davon zunächst einmal nichts zu spüren sein. Weder wird es zur Ausweisung einer Umweltzone wie beispielsweise in großen Teilen des Kölner Stadtgebietes kommen, noch wird auf der Autobahn 3 zwischen den Anschlussstellen Leverkusen-Zentrum und -Opladen ein strengeres Tempolimit gelten, wie es zunächst vorgesehen war. Beide vorrangig eiligen Maßnahmen zur Luftverbesserung in Leverkusen sind von der Bezirksregierung Köln einstweilen wieder gestrichen worden, weil sie so gut wie nichts bewirken würden.

Diese neuen Erkenntnisse teilte Umweltdezernent Alexander Lünenbach am Mittwochabend in einer Sondersitzung des Rates mit. Diese war einzig und allein zu diesem Thema auf Antrag der Bürgerliste kurzfristig beantragt worden. Das Interesse der Ratsvertreter war mäßig: Nur 29 von 52 Ratsmitgliedern waren erschienen, ganze Sitzreihen blieben leer und die Vertreter von Opladen plus fanden die eigene Fraktionssitzung wichtiger als die Leverkusener Luft und blieben geschlossen fern.

Ständige Stickstoffbelastungen

Aber so viel Neues gab es ja auch nicht. Der Luftreinhalteplan wurde gemäß einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2008 und daraus abgeleiteten Landesgesetzen zur Pflicht, seit in Leverkusen ab 2015 in der Luftmessstation an der Gustav-Heinemann-Straße in Manfort nahe der A-3-Brücke ständig Stickstoffbelastungen über dem geltenden gesetzlichen Grenzwert gemessen wurden. Von Mitte 2016 an befasste sich die Verwaltung mit Fachleuten in einem Arbeitskreis mit dem Thema.

Problem liegt woanders

Ein Maßnahmenpaket wurde aufgeschrieben, vom Stadtrat beschlossen und wird nun von der Bezirksregierung Köln in Kraft gesetzt. Dabei war von Anfang an klar: Der Hauptanteil der Schadstoffbelastung kommt aus der Industrie und aus dem Straßenverkehr allgemein in der Region. Dass Deutschlands meistbefahrene Autobahnabschnitte in Leverkusen und unmittelbarer Nachbarschaft liegen, lässt sich ebenso wenig wegzaubern wie die Ballung von Industrie in der Kölner Bucht.

Dass mit einer Grünen Umweltzone, die emissionsstärkere alte Verbrennungsmotoren aussperren würde, etwas zu bewirken sei, daran bestanden von Anfang an Zweifel. Dennoch wurde zunächst eine solche Umweltzone geplant, die weite Teile des Alt-Leverkusener Stadtgebietes umfassen sollte – unter Aussparung der Hauptverkehrsachsen.

Kurzfristige Idee

Die Idee wurde von der Kölner Aufsichtsbehörde über die Kommunen nun kurzfristig – Lünenbach: „Die Auskunft stammt von heute, Stand 12. Juni“ – verworfen, da eine Schadstoffentlastung kaum messbar gewesen wäre. Gleiches gilt für das von Leverkusen vorgeschlagene Tempolimit von 80 km/h auf der A3 im Stadtgebiet Leverkusen, das mit einer Streckenmessung („section control“) streng überwacht werden sollte.

Auch das bringe zurzeit nicht, hieß es sinngemäß. Durch die aktuelle Baustellenlage könne ohnehin nicht schneller gefahren werden und das bleibe wohl auf absehbare Zeit so, wozu also dann den Aufwand treiben. „Eine solche Maßnahme wäre nicht wirksam und somit nicht verhältnismäßig“, erläuterte Lünenbach.

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Was nun bleibt: Umweltfreundlichere Linienbusse sollen eingesetzt werden, zunächst solche mit grüner Umweltplakette, auf Dauer mit Elektroantrieb. Wie überhaupt mehr Fahrradverkehr und abgasärmere Fahrzeuge die Leverkusener Luft nach und nach verbessern sollen. Dafür arbeitet die Stadt bekanntlich an einem Mobilitätskonzept. Leihfahrräder, Fahrradparkhäuser, bessere Radwege – all das soll ja irgendwann etwas bewirken. Und das wolle die Bezirksregierung dann auch nachprüfen, so der Umweltdezernent. Evaluieren.

Richtig zufrieden waren einige der anwesenden Ratsmitglieder damit nicht. Bürgerlisten-Chef Erhard Schoofs konnte seine Wut nur schwer bezähmen und schaffte es nicht, seine Stellungnahme in den zugestandenen vier Minuten Redezeit komplett zu verlesen.

Kritik an Halbherzigkeit

Er kritisierte die Halbherzigkeit des Vorhabens und vor allem den Umstand, dass die Ausbaupläne für die Autobahnen gerade nichts zu einer Luftbesserung beitrügen, sondern diese noch verstärkten. Ähnlich befand Björn Boos (Linke), dass die prognostizierte Zunahme des Schwerlastverkehrs in den Berechnungen nicht berücksichtigt sei.

Der frühere Oberbürgermeister Paul Hebbel (CDU) konnte sich ein wenig Spott nicht verkneifen. Es sei doch immerhin bemerkenswert, dass nach den Weltstädten Rom, Athen und Madrid nun auch Leverkusen an einer Luftverbesserung arbeiten wolle. Trotzdem werde doch wohl niemand die A3 als europäische Lebensader stilllegen wollen.

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