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Neue Pläne für den Zivilschutz?In diesem Zustand befinden sich Leverkusens Bunker

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Der Bunker an der Carl-Duisberg-Straße gehört seit ein paar Jahren Bayer. 

Leverkusen – Der Überfall Russlands auf die Ukraine spült ein Thema hoch, von dem man seit Jahrzehnten allgemein annahm, dass es sich erledigt habe: der Zivilschutz. Dazu gehören Bunkerplätze und Schutzräume, aber von denen gibt es keinen einzigen öffentlichen in Leverkusen.

Hier besitzt die in Bonn ansässige Behörde „Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ noch drei Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Das Jugendzentrum in der Kolonie III, die Obdachlosen-Schlafstelle an der Schießbergstraße und fast nebenan der Hochbunker an der Barmer Straße 1.

Seit Jahren gab es Versuche, die Betonkästen zu verkaufen. Aber die Pläne haben sich fürs Erste erledigt. „Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine wurde der Verkauf von Schutzbauwerken und Schutzräumen der geänderten politischen Lage angepasst und ruht vorerst“, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Nach den Erfahrungen, wie kopflos viele Menschen derzeit hamstern, wären sie jetzt vielleicht sogar sehr schnell verkauft.

Es gibt weitere Bunker in der Stadt, auch weniger auffällige, wie an der Opladener Bahnhofsstraße oder die große Betonplatte am Kaiserplatz, die zum Teil der Stadt gehören. Andere wurden an Private verkauft: den Hochbunker an der Carl-Duisberg-Straße hat Bayer vor ein paar Jahren erworben, der große Betonbunker an der Niederfeldstraße gehört dem Bauträger Gernot Paeschke.

Massive Betonkästen

Es sind durchaus massive Kästen aus knallhartem Beton, aber sie sind innen meist verkommen, teils feucht und meist gibt es kein Licht, kein Wasser, keine Lüftungen. Nur ein einziger öffentlicher Bunker ist nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden, der ehemalige Atombunker unter der Montanus-Realschule. Der war im Kalten Krieg für die städtische Kernverwaltung für den Fall eines Atomschlags reserviert. Aus dem Schutzraum heraus sollten der Oberstadtdirektor und seine Leute in den ersten Wochen heraus die verseuchte Stadt verwalten.

Dort stehen noch viele Einrichtungsgegenstände, graue Telefone, Fernschreiber, es liegen Listen mit medizinischer Ausrüstung. Diese Dinge sind denkmalgeschützt. Nur, der Keller, der heute teilweise als Lagerraum genutzt wird, würde heute keiner schweren Bombe mehr standhalten. Laut Ulrich Heidemüller, dem Mann für den Zivilschutz bei der Leverkusener Feuerwehr, wurde er entfestigt, also umgebaut. Feuerwehr-Hauptmann Hermann Greven stellt fest: „In ganz Leverkusen gibt es keinen öffentlichen Schutzraum, aber was würde es uns nützen, wenn wir bei 162.000 Einwohnern ein paar Plätze hätten?“

Auch die ausgedehnte Tiefgaragenlandschaft unter der Leverkusener City eignet sich nur bedingt, dort gibt es zwar große metallene Schiebetüren, aber sie halten keiner stärkeren Druckwelle stand. Das sind Brandschutztüren, die zudem dazu dienen, einzelne Abteilungen der Tiefgarage abzusperren.

Greven und seine zwei Katastrophen-Fachmänner sitzen beim Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“ in der neuen Feuerwache in Sichtweite zum Chempark zwar in einem Schutzraum, der hilft aber nur bei einer Giftwolke von dort. Einen Bunker gibt es in der neuen Feuerwehrzentrale an der Edith-Weyde-Straße nicht. Weil die Zentrale im Überschwemmungsgebiet bei extremen Rhein-Hochwassern liegt, hat sie nicht mal einen Keller.

Die Feuerwehr ist nicht gänzlich ohne Zivilschutzeinrichtungen. Greven erklärt, es gebe ein ABC-Spürfahrzeug um Strahlen und Kampfstoffe aufzuspüren. Das meiste an Zivilschutz-Infrastruktur, was mal da war, sei nach und nach in den 1990-er-Jahren abgebaut worden. „Natürlich sprechen wir hier seit dem Krieg jetzt viel mehr über diese Dinge“, sagt Greven.

Allerdings sei man in Leverkusen durch die Flut und die Explosion schon vor dem russischen Überfall auf ein paar Dinge aufmerksam geworden. Aufs Handynetz alleine will man sich etwa nicht verlassen, das kann im Ernstfall schnell ausfallen. Inzwischen hat man es zum Beispiel geschafft, im Wirkungsbereich des Chemparks wieder flächendeckend Sirenen zu installieren, nur, sagt Heidemüller, es kenne kaum noch jemand die Signale. Mehr Sirenen sind geplant.

Auch die Feuerwehr will noch nicht komplett auf Digitalfunk umschalten. Die alte analoge Technik will man lieber noch nicht ausmustern.

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Dass die Bundesanstalt ihre Verkaufsversuche vorerst eingestellt hat, freut die Betreuer und Kinder im Jugendzentrum Bunker. Dort hatte man seit einiger Zeit Anlass zur Befürchtung, dass der Kolonie-Bunker einen Käufer finden könnte und die Stadt ihr Vorkaufsrecht nicht ziehen würde.

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