Party für Peter Rüchel im ToposEine Einladung zur Lebensfeier nach dem Tod

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Freude statt Trauer: Im Topos feierten Freunde und Bekannte den verstorbenen „Rockpalast“-Vater Peter Rüchel.

Freude statt Trauer: Im Topos feierten Freunde und Bekannte den verstorbenen „Rockpalast“-Vater Peter Rüchel.

Leverkusen – Sogar im Tod zeigt dieser Wahnsinnstyp noch, was Furchtlosigkeit bedeutet und an welchen Dingen sich sein Leben stets bemaß: an den Menschen. Und an der Musik, die die Menschen zusammenbringt.

Kumpels unter sich: Der „Rockpalast“-Vater war eng befreundet mit „Topos“-Wirt Wolfgang Orth (l.) und US-Musiker Steven Van Zandt.

Kumpels unter sich: Der „Rockpalast“-Vater war eng befreundet mit „Topos“-Wirt Wolfgang Orth (l.) und US-Musiker Steven Van Zandt.

Es ist eine konsequente Feier des Lebens, die an diesem Abend, fast sieben Wochen nach dem Tod des „Rockpalast“-Vaters Peter Rüchel, im Haus Nummer 134 an der Hauptstraße in Wiesdorf begangen wird. Das wird jedem klar, der ins Topos gekommen ist zum sicherlich anrührendsten Konzert, das in diesem Kleinod von Club in der jüngeren Vergangenheit zu sehen war.

Topos als „Heartbreak Hotel“ Peter Rüchels

Hier, zwischen der Theke und den seltsam geformten Sitzbänken und der Bühne in Miniaturformat, hat Peter Rüchel, der Visionär des Musikfernsehens, am liebsten gesessen, ein Kölsch getrunken und Musik von Jazz über Blues bis Rock gehört. Er tat es, nachdem er 2004 mit seiner Frau Ulrike in deren Elternhaus nach Manfort gezogen war. Das Topos bezeichnete er in Anlehnung an Elvis Presleys Song stets als sein „Heartbreak Hotel“, in dem man die Seele baumeln lassen oder ausschütten und heilen lassen konnte. Es war sein Wohnzimmer in der Stadt.

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Und eigentlich sollte Peter Rüchel an diesem Abend, dem 7. April, hier im Rahmen der Leverkusener Literaturwoche „Lev liest“ zur Musik der Band 78 Twins aus seinen „Rockpalast!“-Memoiren vortragen und unter dem Titel „The song remains the same“ über jene Rocksongs sprechen, die sein Leben als Musikfan prägten. Bis ihm, 81-jährig, am 20. Februar nach kurzer schwerer Krankheit der Tod dazwischenkam. Keine zwei Monate nachdem schon sein guter Freund, der Clubbetreiber Wolfgang Orth, gestorben war.

Peter Rüchel: „Ich hatte ein gutes Leben“

Indes: Wenn Ulrike Rüchel, die Witwe des Verstorbenen, an diesem Abend erzählt, dass ihr Mann in den letzten Stunden auf dem Krankenhausbett voller Zufriedenheit gesagt habe: „Ich hatte ein gutes Leben“, dann wird klar, was für ein wunderbarer, schelmischer Clou – verfügt kurz vor seinem Ableben – Peter Rüchel da noch einmal gelungen ist:

„Sein Wunsch war es, dass wir Freunde und Bekannte nach seinem Tod ins Topos einladen. An dem ursprünglich für die Lesung geplanten Termin. Und zu einem Konzert, bei dem mit ihm befreundete Musiker auftreten.“ Das habe er den Leverkusener, seinen Leverkusenern, unbedingt noch schenken wollen.

Beerdigt wurde Peter Rüchel zwar in der alten Heimat und Geburtsstadt Berlin. Gefeiert aber wird er ein letztes Mal in Leverkusen, wo alles noch einmal auf seine Rechnung geht: Kölsch, Wein, Currywurst, Rock’n’Roll. Eine Peter-Party über jenseitige Grenzen hinweg. Ulrike Rüchel vermutet: „Er wird von oben zuschauen und lachen.“

Kumpels unter sich: Der „Rockpalast“-Vater war eng befreundet mit „Topos“-Wirt Wolfgang Orth (l.) und US-Musiker Steven Van Zandt.

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Dann legen nacheinander und bis in die späten Abendstunden hinein Bad Penny, die 78 Twins, Reiner Lützenkirchen, Tobi Sauter, Henrik Herzmann und Heinz-Bert Hövelmann los und reiten Gitarrenriffs und Schlagzeugrhythmen.

David Bowie mit sechs Jahren gesehen

Ihre Zuhörer sind ehemalige Kollegen, die mit Peter Rüchel beim WDR den „Rockpalast“ produziert und Weltstars von The Who bis Sting auf die Bühne und vor die Kamera geholt haben. Zudem Peter Rüchels jüngster Sohn Benny (29). Er erzählt, wie er und sein Vater sich in Sachen Musik austauschten und gegenseitig inspirierten und wie er mit sechs Jahren dank des Vaters ein erstes Konzert erlebte, von dem andere träumen: David Bowie.

CDs, Schallplatten und Bücher bis unter die Decke: Peter Rüchel in seinem Wiesdorfer Arbeitszimmer.

CDs, Schallplatten und Bücher bis unter die Decke: Peter Rüchel in seinem Wiesdorfer Arbeitszimmer.

Und dann ist da noch Ernst-Ludwig Hartz. Er hatte mit Peter Rüchel einst das legendäre Alternative-Rock-Festival „Bizarre“ auf die Beine gestellt, die Freilichtbühne an der Loreley zum Musik-Mekka gemacht und organisiert heutzutage die Open-Air-Konzerte „Kunst!Rasen“ in der Bonner Rheinaue. Der 59-Jährige erinnert sich:

„Es war eine tolle Zeit. Peter war ein Musikfan wie ich. Wir kannten uns seit den 70er Jahren.“

Und gemeinsam hätten sie – eben auch dank des visionären Geistes Peter Rüchels – Musikgeschichte geschrieben.

Ernst-Ludwig Hartz erzählt von aberwitzigen Konzerttouren nach Prag und Amsterdam, nach London und New York. Er schließt mit den Worten: „Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Und das ist ein Satz, der an diesem Abend auf jeden im Topos, dem Wohnzimmer Peter Rüchels, zutrifft.

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